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N 2.
Im Osten, den 3. Januar 1942.
Meine liebe [Ella]!
Heute bekam ich Deinen lieben Brief vom 23. (Januar) [sic] Dezember 41. Hab mich wieder sehr dazu gefreut!
Du frägst an, wo mein Brief mit der № 42 bleibt? Leider bin ich nicht mehr in der Lage, Dir [sic] darüber aufzuklären, weil ich da selber zwischendurch gekommen bin. Nun wirst Du villeicht [sic] s [sic] lachen und sagen: was hat dann das ganze Nummerieren für einen Zweck. –
Liebe [Ella] an Dir hat es weiß Gott nicht gelegen daß ich damals über eine Woche keine Post von Dir bekam. Es
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lag, wie ich schon sagte, an der Post. Diese war damals, wie heute noch, überlastet. Denn von Deinen Weihnachtspäckchen ist auch erst eines angekommen. Das andere wird wohl jetzt in den nächsten Tagen eintreffen. Du glaubst ja garnicht wie gespannt ich das erwarte und wie groß meine Vorfreude schon ist. – Für meinen Weihnachtsbrief sehe ich restlos schwarz.
Daß Dir der Brief im übrigen zumindest komisch vorkommen müßte, dachte ich mir. Aber mit denen, die drauf folgten, wird es sicher nicht anders gewesen sein. Doch ich will das jetzt vergessen, jetzt heißt es sich vorbereiten. Ich glaube ganz bestimmt: Deine Torte wird bald fällig sein.
Es grüßt Dein [Albert]
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Mir fällt eben grade [sic] noch einiges ein. Liebe [Ella] ich danke Dir von Herzen für Dein Angebot: mir Bücher zu schicken. Aber leider geht daß [sic] nicht, den [sic] wir sind dabei, sämtliche Privatsachen nach Hause zu schicken.
Was ich Dir am letzten Abend meines vorigen Urlaubs erzählt habe, habe ich leider vergessen, ich war an dem Abend maßlos glücklich aber auch ebenso unglücklich. ich [sic] weiß nur noch daß meine Gedanken total in einem, wie soll ich sagen, großen, weiten Irrgarten umherirrten. Und heute, ja was ist denn heute?! Jetzt reißt mir endlich die Geduld ich will Dir sagen was mir auf auf [sic] der Leber liegt. Wer weiß ob ich, oder wann ich da sonst zu komme. Liebe [Ella]! Icha
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weiß genau so wie Du: persönlich kennen wir uns ja nur sehr wenig. Und doch: ich hab Dich lieb.
Ich weiß [Ella], daß diese Worte bei Dir vielleicht alles zerstören. Ich weiß auch, daß man sich im Fernsein vielleicht Illusionen hingibt. Das [sic] hernach; wenn wir uns erst gegenüber stehen, manches anders aussieht; ich mein, wenn man sich länger kennt. Aber das kannst Du mir ruhig glauben: Ich habe einen sehr schweren inneren Kampf hinter mir. Ich habe mir auch vor Augen geführt, wenn Du sagst: ich kann Deine Liebe nicht erwiedern [sic]. Ich werde Dir dann nicht böse sein, im Gegenteil, nur noch
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tiefer lieben. Gewiß für mich wird das dann sehr traurig sein. Vielleicht auch für Dich. Auch werd ich es im kommenden Einsatz dann sehr schwer haben. Doch daran werd ich nicht zebrechen [sic]. Ich habe das gelernt. In Frankreich war es genau so. Wie sich dann in diesem Falle unser Schriftverkehr weiter entwickelt, werden wir dann ja sehen.auch
Aber nun kommt die andere Seite Solltest Du ähnliche Gefühle für mich haben, wie ich sie für Dich hab, scheint ja für uns beiden die Sonne. Dann hab ich mit einem Male alles was ich suche und brauche.
Meine liebe [Ella], meine Liebe
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zu Dir ist nicht heiß und leidenschaftlich, aber sitzt dafür unendlich tief im Herzen. Und das weißt sicher auch Du: die Stimme des Herzens kann man nicht töten. Liebe [Ella] ist es nicht viel besser so? Warum immer nur drum herum reden?
Wenn ich das nun weiß, brauch ich über nichts mehr nachzudenken. Du sagst ich soll nicht so viel über das Leben nachdenken. Es sei so unsagbar schön. Bestimmt wird es das sein! Doch bisher hab ich es doch nur geahnt, aber selten etwas davon gehabt.
Doch nun bitte ich Dich, prüf Dich ganz genau, sag mir wie esf
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in Deinem Herzen aussieht. Ich verlange kein Opfer von Dir. Das [sic] Du vieleicht [sic] annimmst: Du dürftest mich nicht enttäuschen, müsstest Mitleid mit mir haben. [Ella]! Nie im Leben würde ich Dir das verzeihen.B
Dann noch eines, liebe [Ella], wenn Du was nicht weiß [sic], geh meinet wegen [sic] wieder zu Gretchen oder komm zu mir und frage mich, denn eines sollst Du heute schon wissen Dein Freund will ich „immer“ gern sein.
Dein [Albert].
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Albert Müller
Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben
Lohbrügge
Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil