№ 11.
Im Osten, den 24. Januar 1942.
Meine liebe, kleine [Ella]!
Gestern bekam ich Deinen lieben Brief vom 13.1.42. Er trug die № 4. Doch Nr 3 fehlt noch. Herzlichen Dank dafür, kleine [Ella]. Was mich im augenblick [sic] bewegt, weiß ich nicht in Worte zu bringen. Ich freu mich [Ella], freu mich unsagbar.
Ich will mich auch nun nicht lange mit der Vorrede aufhalten. Ich will Dir frei und offen auf Deine Fragen antworten. – Bisher habe ich an Dich geglaubt und ich glaube auch in Zukunft an Dich.
Also Du glaubst nicht, daß es so zwischen uns bleibt, wie es jetzt ist, wenn ich erst heimkomme, wenn der Krieg aus ist? Nein, [Ella] das glaub ich auch nicht. Ich will Dir auch sagen, warum nicht. Ich werde dann ja zu meinem Beruf zurückkehren, und wenn nicht eher, gründlich Gelegenheit haben, Dich als Hausfrau kennen zu lernen. Wenn ich dann einsehe daß Du Dich in meine Verhältnisse einfindest und sie meisterst, werde ich Dir die letzte Frage vorlegen. Inzwischen wirst ja Du mich dann auch gründlich kennen, und dann liegt alles Weitere bei, oder an Dir und Deinen Eltern.
Wenn Du dieses „heute“ auch noch nicht glaubst, oder kannst, [Ella]; die Zukunft wird Dir [sic] eines besseren belehren. –
Liebe [Ella], ich kann mir lebhaft vorstellen, daß Du nicht weißt ob so ein Zustand von Liebe schön ist, oder nicht. Hierzu will ich Dir mal Folgendes sagen: wenn man etwas bauen will, liebe [Ella], muß man einen festen Untergrund haben, der kann garnicht [sic] fest genug werden! Und so ist es auch mit der Liebe, kleine [Ella]. Es ist besser man kennt die Schattenseiten des Partners zeitig, als wenn sie nachher auftauchen und dann zur [sic] einer riesigen Enttäuschung werden, oder gar zur Katastrophe führen.
Dann frägst Du, was man mit Liebe anfängt ohne Mann, und später mit Mann?
Ohne Mann: ruhig Blut behalten und nicht den Kopf verlieren, [Ella]. Wenns aber mal gar zu schlimm werden sollte, dann lege Dich [sic] die Frage vor, was hätte ich gemacht als ich noch nicht verliebt war? Oder sage Dir, was 1000de [sic] andere Frauen und Mädels ertragen oder tun für ihre Männer, kannst Du auch.
Und was man dann mit Liebe anfängt, mit Mann? Ach [Ella] wollen wir uns das nicht lieber bis zum Urlaub aufheben? – Doch auf alle Fälle, auch dann einen klaren Kopf behalten, [Ella]. Und Angst brauchst Du wirklich nicht zu haben. Du brauchst mir dann ja nur zu sagen, wofor [sic] Du Angst hast. Denn kleine [Ella], ich kann mir wirklich nicht vorstellen daß ich Dich einmal so behandeln könnte, ich mein da in Bezug auf Liebe, [Ella], daß Du Angst vor mich [sic] haben könntest.
In diesem Sinne sei vielmals gegrüßt und geküßt.
Dein [Albert].
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Albert Müller
Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben
Lohbrügge
Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil