N 12.
Im Osten, den 31. Januar 1942.
Meine liebe kleine [Ella]!
Was meinst Du wohl, heute bekam ich noch zwei Weihnachtspäckchen von meinen Eltern! Zwei volle Monate waren sie nun unterwegs! Vieleicht [sic] kommt Dein Paket ja nun auch bald. Kommen tut´s, [Ella], daran glaub ich felsenfest. Bin ja furchtbar gespannt drauf! –
Ich hätte ja eigentlich erst morgen schreiben sollen, denn morgen wird ja sicher ein Brief von Dir eintrudeln. Denn der letzte kam vor einer Woche.
Aber das liegt ja nicht an Dir. – Und ich bin heute abend so richtig in Stimmung.
Weißt Du [Ellachen], wenn ich jetzt bei Dir gewesen wär, dann – ach [Ella] das wär wunderschön gewesen. Weißt Du [Ellachen], ich glaub ich komm bald auf Urlaub. Denn man spricht hier von Ablösung! Mensch [Ella], die Folgen sind ja garnicht [sic] auszudenken! Das hieße praktisch, im Frühling oder im Sommer auf Urlaub fahren! Das beste ist Du hüllst Dich dann in einen Stahlpanzer! Weißt Du es besteht die Gefahr, daß Deine Figur bei dem ersten Zusammenprall die Form einer Briefmarke annehmen könnte. Denn dann gibts Luft endlich mal Luft. Frischer Wind kommt dann in die Segel! Denn, bei Dir [Ella], weht sicher ein andrer Wind als hier bei mir.
Mir kommt es heute so vor als wollte es Frühling werden. – Die Kälte hat ganz gewaltig nachgelassen. So bei -10° haben wir noch. Das kommt einem fast so vor als hätten wir jetzt 1-2° Wärme!
Wie gehts [sic] Deinem Bruder, [Ella]? Sicher hat er jetzt doch schon geschrieben? Sag mal [Ella], weißt Du bei welcher Waffengattung er ist? Mich interessiert das. Schreib mir das doch bitte mal.b
Damit ist nun meine Weisheit und auch meine (Lust) [sic] für heute beendet.
Denn lieber geh ich jetzt in die Falle und hole daß [sic] nach, was ich in den letzten Wochen zum großen Teil versäumt habe. Den Schlaf nämlich. Und wenn ich dann morgens aufwache und mich dann mal frage, wo waren eigentlich Deine Gedanken als Du gestern abend einschliefest? Ja wo waren sie wohl wieder? Irgendwo – in den Lobrügger [sic] Dünen – dort wo der Kiefernwald soviel zu erzählen weiß, denn der weiß sicher sehr viel. Sicher wird er ja auch mal eine ganz kleine [Ella] gesehen haben, als sie noch ganz, ganz klein war und hinter bunten Schmetterlingen hergelaufen ist – weil die aber schneller waren als die kleine [Ella] wurde sie ein wenig traurig – aber dann fand sie ja ein paar blühende Blumen –
Gute Nacht und träum recht süß – – –
Dein [Albert]
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Albert Müller
Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben
Lohbrügge
Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil