Im Osten, am 28. Mai 1942.
Meine herzliebe gute kleine [Ella]!
Vielen lieben Dank für Deinen lieben Brief vom 21. Mai 1942. Hab mich ja wieder so dazu gefreut.
Liebes Mädel ich täte Dir ja gar zu gern schreiben: in acht Tagen bin ich bei Dir. Aber Du weißt doch wie das ist. Ich brenne ja förmlich drauf, bei Dir zu sein. Wie das wohl blos [sic] mal wird wenn es eines Tages wirklich so weit ist. Ich glaub ich steh dann vor Dir wie son [sic] dummer Junge dem die Sprache verschlagen ist. Aber schön wirds dann doch, unsagbar schön, das fühl´ ich heute schon. Ob wohl wirklich mal alles so wird, wie ich es mir gedacht habe? Ich drück beide Daumen.
Ja kleine [Ella], nun wären wir wieder beim alten Thema angekommen: Urlaub und was da so dranhängt. Ich weiß mitunter wirklich nicht was ich Dir schreiben soll. Daß ich meine Freude am Frühling habe, kannst Dir ja denken. Aber letzten Endes sind meine Gedanken ja doch immer wieder in der Heimat, und damit bei Dir. Also immer wieder das gleiche Lied. Dieses schier endlose Warten kann einen windelweich machen. Aber man darf nicht weich werden und wenns noch ein Jahr dauern sollte. Sei mal ganz ehrlich liebe [Ella], in diesen Tagen hast Du Geburtstag, und ich weiß ganz genau, über Deine Zukunft machst Du Dir Deine eigenen Gedanken. Blos Du sprichst nicht darüber. Ob Du´s nu wahr haben willst oder nicht, doch ist es aber so. [Ella] was mich in dem Teil anbelangt: Deine Grübeleien sind umsonst. Es kommt wie es soll. Verlaß Dich drauf. Ganz gleich wie unser Verhältnis werden mag, eine Enttäuschung wirst Du in mir nicht erleben. Aber zu einer Erkenntnis wirst Du kommen. Wie diese nun aussehen wird, weiß ich auch nicht. Aber Dein Herz wird auch später nie ernstlich traurig sein. – Und was ich jetzt sag – gilt nicht Dir, sondern das sag ich zu mir: laß man erst die Zeit kommen – und die [Ella] und Du wirst sehr glücklich sein. – Denk von mir was Du willst, oder schüttel mit dem Kopf. – Mein Gefühl hat mich noch nie betrogen, ich wollte es wär diesmal so, was ich nur von Herzen wünsche, den Krieg am wie Schluß gesund überstanden zu haben. Vieleicht [sic] bin ich son [sic] Mensch der zu viel siniert [sic]. Ich denk zu viel über Tod und Leben nach. Warum ich das tu weiß ich selbst nicht. Wenn ich mich dann zu diesem Gedanken habe hinreißen lassen, regt es mich jedesmal furchtbar auf aber zu einem positiven Schluß komme ich nie.Sh
Ich hoff ja nun daß ich im Urlaub wieder auf gesunde Gedanken komme und dieses zweifelhafte Gefühl endgültig loswerde. Denn da wollen wir uns mal darüber klar sein: der Krieg dauert noch viel länger als die meisten Leute annehmen. Und da muß man frei sein, von Schwarzseherei. Leben muß in die Bude! Und das muß doch gelacht sein wenn wir beide zusammen, das im kommenden Urlaub nicht schaffen könnten.
Dein [Albert]
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Albert Müller
Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben
Lohbrügge
Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil