Hbg.-Neuengamme, d. 19.9.40.
Mein lieber [Heinrich]!
Heute schicke ich Dir einmal wieder diese kleinen Rosinen- u. Nußbeutel. Ich weiß sonst gar nicht, was ich Dir schicken soll. Aber ich denke doch, daß Du diese Rosinen ganz gern ißt, jedenfalls habe ich neulich in der Bahn (von Hamburg, als wir den ganzen Tag eingekauft hatten u. nicht einmal Kaffee gekriegt hatten) den Eindruck bekommen. Ich hatte heute so sehr einen Brief von Dir erwartet, gestern hatte ich auch schon keinen bekommen. Gestern nachmittag war ich bei Ilse T.. Walter kam auch mit Ilse zusammen an. Er hat feste gefuttert, auch einen riesigen Soldatenmagen. Sie sollten heute nach Munsterlager für einige Tage. Für nächsten Sonntag wollte ich Familie H. u. Ilse T. einladen. Aber Hi.s Freund hatte gerade an dem Tag Geburtstag, u. es ging unmöglich. Da haben wir dann den nächsten Sonntag verabredet. Da komme ich nun zu T. u. will auch sie einladen, da hat der Walter ausgerechnet an jenem Sonntag Geburtstag u. T.s haben Walters Eltern zu dem Tag eingeladen. Das ist doch wirklich toll. Nun soll Familie H. aber trotzdem kommen. Ich kann ja schließlich nicht immer ein- u. ausladen. – Heute hat Herr H. endlich die Bilder gebracht, ich hatte gestern einen Brief vorgebracht. 26 Bilder habe ich bekommen. 4 sind noch in Bestellung. Gestern abend waren Mutti u. ich bei Tante Bertha. Es gab schönen Bohnenkaffee u. selbstgebackenen Bienenstich. Onkel Hermann war es gar nicht recht gewesen, daß Tante Bertha nicht nachgekommen war u. er noch nicht wieder hierherkommen sollte. Das war in 30 Jahren noch nicht vorgekommen, daß er den Geburtstag seiner Frau nicht bei ihr gefeiert hätte. – Hast Du die Zeitung „Das Reich“ gern gelesen? Sie erscheint wöchentlich. Soll ich sie Dir jedesmal schicken? Die Artikel sind doch alle ganz nett u. Zeit zum Lesen wirst Du doch auch sicher haben. Schreib doch bitte mal etwas ausführlicher. – Günter ist heute wieder auf gewesen. Morgen will er wieder in die Schule.s
Herzliche Grüße
Deine [Hannelore]
Was habt Ihr dort eigentlich für Wetter?
[*] Wir haben heute Zwetschenmus aus unseren Zwetschen gekocht. Es waren sehr viel wurmstichige dabei, das Aussteinen ging nur langsam. Viele waren runtergefallen.
[* am linken Seitenrand von oben nach unten angefügt]
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Hannelore Wilmers
Hannelore Wilmers, geb. Baumann, wurde 1917 geboren, sie lebte bis 1999. Sie war Tochter eines Lehrers und seiner Frau in Neuengamme. Ihr jüngerer Bruder war bei der SS. Hannelore Wilmers besuchte das Luisen-Gymnasium in Hamburg-Bergedorf. Dann arbeitete sie in einer Motorenfabrik als
Neuengamme
Die Briefe von Hannelore und Heinrich Wilmers befinden sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Über 1600 Briefe und Karten wurden von den Autoren nummeriert, sortiert und sorgfältig zu je 100 Stück gebündelt aufbewahrt. Die von Hannelore Wilmers verwahrte Feldpost