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Briefkorpus

 Mittwoch, den 13.Mai 1942

Geliebte! Herzensschätzelein! Meine liebe, liebste Hilde!

Du hast mich doch heute wieder so reich beglückt, mir soviel Liebe und Sonnenschein gebracht mit deinem viellieben Boten am Donnerstag. Oh Herzelein! Weißt du, was sie mir hier bedeuten in der Ferne? allen Lebens Freude und Sonnenschein! Oh Herzelein! Aus allen Zeichen leuchtet mir Dein geliebtes Wesen, Deine wundersame Liebe! Du weißt, wie Du mich beglücken kannst und ganz erfüllst damit. Und wieviel Sehnsucht du aufrufst in mir! Du! Du!!! Ganz nahe bist Du mir dann – bannst mich mit Deiner Liebe – und weckst den Sonnenstrahl, ja, Du!!! Immer! Nur Du kannst ihn wecken, nur Du!!! Oh Herzelein! Geliebte! Ich liebe doch Dich allein! Dich ganz, ganz allein! Du!!! Ich bin doch ganz, ganz Dein! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Und tiefe, gute Herzensliebe ist es, die uns verbindet für immer und ewig! Die uns so Herz in Herzen wohnen läßt – so ganz eins! eins!!! Oh Du! Du!!! Ich bin sooo glücklich mit Dir und kann es gar nicht in Worte fassen und kann nur bittend die Hände falten: Möge Gott uns gnädig sein! Ach! Möchte er bald Frieden werden lassen und uns gesund und wohl zueinander führen!

Gestern brachte die Zeitung die Kunde davon, daß nun die Schlacht im Osten wieder begonnen hat, im Süden setzt man den ersten Stoß an, er soll gewiß zu den Ölquellen am Kaukasus führen. Mit dem Leben noch vieler Menschen muß dieser Frieden bezahlt werden. Hast du wieder einmal von Herrn G. gehört? Was wird dann sein, wenn der Feind im Westen Osten geworfen ist [sic]?

Du hast gewiß auch von den neuen Heldentaten zur See der Japaner gelesen. Sie stellen die unseren beinahe in den Schatten. Sie sind ein rücksichtsloses Draufgehen, ein buchstäbliches Sichopfern [sic], Früchte einer Erziehung, die das Ich gering achten lehrt und auslöscht. Wird der Japaner jetzt nicht zum Bewußtsein seiner Macht erst recht erwachen? Ist das nicht eine Gefahr auch für uns? Werden wir nicht, um den Japaner nichts nachzustehen, zu ähnlichen Formen der Erziehung greifen müssen? Eine Tatsache ist, daß er zunächst mit seinem Einsatz dem Weltkrieg eine Wendung zu unseren Gunsten gegeben hat. Ach, wird denn diese Welt jemals wieder zur Ruhe kommen? Wir lassen nicht nach, darauf zu hoffen und Gott darum zu bitten.

Ein heißer Tag war heute. Zur Gesundheitsbesichtigung sind wir nur mit der Badehose bekleidet angetreten auf dem großen Platz – und es war gar nicht zum Frieren. Ach! [D]u hättest Dir das schönste Mannerli aussuchen können. Weiß nicht, ob Du zu Deinem Schlankerl gegriffen hättest. Aber die Liebe ist kein Markt, noch nicht, sie geht einsame Wege – und darin beruht aller Liebe Glück, daß zwei ganz allein sich ganz von Herzen gut sind und verstehen. Oh Herzelein! Wenn ich wählen müßte noch einmal aus Tausenden – Dich! Dich! Nur Dich allein in der ganzen Welt! Du! Mein Ein und Alles! Mein Herzblatt! Mein Leben! Mein liebes Weib! Du!!! Das ganz einbezo[g]en ist in mein Leben! Um das all meiner Liebe Sinnen und Trachten kreist. Oh Herzelein! Auf Dich ist all mein Sehnen und Lieben gerichtet! Ich will zu Dir! Mein Herz zu Deinem Herzen! Dich will ich lieben! Dich ganz erfüllen! Der Liebe Allgewalt! Oh Du! Du!!! DU !!!!! !!!!! !!!

Geliebte! Sie ist nun in mir seit vier Jahren. Sie hat noch keine Stunde nachgelassen. Sie ist hereingebrochen in meine Leben wie eine mächtige Flut – mit Deinem lieben Boten – keinen mag ich mehr hergeben – aber dieser, er ist mir der teuerste – oh Geliebte!!! Du! Ich weiß doch selber nicht mehr, wie mir damals geschehen ist. Wie ein Wunder ist sie gekommen! Und so das glaubte ich, daß sie wundersam kommen müßte wie eine Himmelserscheinung, wie ein Engelsbild.

Ach Herzelein! Hättest Du sehen können, was Du mit Deinem Mannerli angerichtet hattest: Hast es ganz umgestülpt und umgekrempelt, ganz aus der Bahn geworfen, ihm alle Ruhe genommen, alles Gedanken zur Arbeit – hast sein Herz so zittern gemacht vor Unruhe und Ungeduld – oh, Herzelein! Soviel Herzensungeduld! Verliebt war Dein Mannerli – oh Du! – verliebt ist doch gar nicht der rechte Ausdruck dafür.

Ich kannte Dich doch kaum. Wußte nichts von Deinem Alter, Deinem Herkommen, von Deiner Gesinnung. Aber ich fühlte es: Hier klopft das Schicksal an! Hier begegnet Dir tiefe, gläubige Liebe; Liebe, die leiden kann und treu sein – Liebe die sich ganz verschenken und verschwenden kann! Herzelein! Und das hat mich doch im Tiefsten berührt und getroffen – daß ich habe weinen müssen – hat mich doch so ganz verwandt berührt – Herzelein! Geschwisterseele! Oh Du! Du!!! Oh welch ein Sehnen, welch eine Hoffnung, welch ein Ahnen reichen Glückes war nun in mir – es möchte Wahrheit sein und Wirklichkeit, möchte Erfüllung sein, das Engelsbild; das mir da begegnete – oh Herzelein! Verhaltenes Jubeln manchmal, und manchmal liebes Bangen – – Und nun bist Du die meine! Ja! Du bist es, Du!

Erfüllt ist mein Sehnen! Wahrheit ist es, Wirklichkeit das Engelsbild – und Jubeln erfüllt das Herz!

Oh segne Gott unsre Liebe! Er sei mit Dir auf allen Wegen!

Herzelein! Laß uns fein geduldig und tapfer und standhaft aushalten! Laß uns Gott vertrauen!

Ganz gewiß sind wir einander! Ich bin Dein – Du bist mein! So ganz! Im tiefsten Herzen! Und das ist all unser Glück.

Du! Seelengeschwister! Glückbringer! Mein Lebensgefährte! Meine [Hilde]! Geliebte! Herzenskönigin!

Ich habe Dich ganz unermeßlich lieb!

Ich küsse Dich – Du! Du!!!

Ich bleibe ewig Dein [Roland],

Dein glückliches Mannerli
 

Das Beste ruht verborgen

Tief in des Wesens Sein:

Die Perle in der Muschel,

im Fels der Edelstein.

 

Das Beste ruht verborgen.

Es will gefunden sein,

ersehnt, geglaubt, umworben,

geliebtet will es sein.

 

 

Das Liebste hier auf Erden

ist mir mein Schätzelein.

Nichts Bess’res kann wir [sic] werden

als seine Lieb‘ allein.

 

 

Im Herzen wohnt die Liebe,

im letzten Kämmerlein.

Ist eitel Gold und Wonne,

ist Herzenssonnenschein.

 

 

Und wer den Schatz will heben

im Herzenskämmerlein,

muß gläubig, lieb und heimlich

zum Herzen gehen ein.

 

Und Leuchte ist die Treue,

Vertraun das Schlüsselein:

Und dann ist lauter Liebe,

selig Umfangensein!

 

Dein Herzensschätzelein,
Dein Herzensdieb,
Dein glückliches Mannerli,
Dein [Roland] – ewig Dein!

 

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Kommentare

drew.bergerson

Mi., 12.09.2018 - 18:33

Roland war sich im Voraus über die strategischen Ziele von dem deutschen Angriff 1942 auf die Sowjetunion (“Fall Blau”) bewusst: Ölquellen am Kaukasus. Er hat sich auch mit den “neuen Heldentaten zur See der Japaner” identifiziert. Er stellte sich den Weg zum Frieden (und damit zu Hilde) immer noch durch einen militärischen Sieg der Achse vor, was ihn gleichzeitig zum Nachdenken führte, ob die Japaner dadurch “eine Gefahr auch für uns” würden, und deshalb ob “denn diese Welt jemals wieder zur Ruhe kommen” würde.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946