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[OBF-430220-001-01]
Briefkorpus

Freitag, den 19. Februar 1943.

Herzelein! Geliebte! Meine liebe, liebste [Hilde]!

Endlich komm ich nun zu Dir, Herzensschäzelein! Du! Du!!! Mannerli ist noch ganz frisch von der kühlen Nachtluft, hat eben das Wämsl vom Wänstl und die Stiefel von den Beinern [sic] gezogen – gerade heim vom Konzert – 10 Uhr ist es nach unsrer Zeit. War doch nun mein Tag so kurz heute – über Mittag hab ich mich fein glatt gemacht: – bin dann ein Stündchen in dem herrlichen Mittag spaziert. Und heut abend, kannst Dir denken, daß mir da nicht viel Zeit blieb, zumal das Mannerli einen Mordshunger hatte und noch sechs Schnitten erst verzehren mußte – und weil das Konzert fast im Zentrum der Stadt war – und heute, am Tage vor der Löhnung, da hat das Mannerli auch nicht einen Pfennig mehr im Portemonnaie – hätte meinem Schätzli nicht einmal die Garderobe bezahlen können.

Wie es war? Nun – das Quartett war sehr gut aufeinander eingespielt, tadellos sauber und rein war das Zusammenspiel. Die Sängerin, eine Opernsängerin, verfügte zwar über eine reiche Stimme – aber sie kommt eben von der Oper, und den Liedern von Schubert wurde sie nicht gerecht, da sang sie eben viel zu dramatisch mit mancherlei Mätzchen – und diese Lieder wollen schlicht und empfunden vorgetragen sein. Wie lange habe ich wohl kein Konzert mehr besucht? Mit Dir werde ich zuletzt gewesen sein. Ach, die Müdigkeit, plagte mich gar sehr. Ich mußte am Anfang mächtig dagegen ankämpfen. Will auch nicht lange mehr schreiben heute. Veranstalter des Konzertes war die Arbeitsfront. Besucher aber in überwiegender Zahl das Militär. Unsre Damen waren auch im Konzert. Ich hab sie nur eben mal beim Weggehen begrüßt.

Ach Herzelein! Ein wenig liegt doch wieder ein Druck auf mir. Wann wird denn dieser Krieg einmal zu Ende sein? Wann werden wir denn endlich einander wiederhaben? Ach Du, Geliebte! Wenn ich nur erst wieder einmal bald zu Dir kommen kann! Ach Du! Einen Ausblick sehe ich, einen Trost: Gott, den Herrn. Er hat so wundersam geführt bisher – ihm müssen wir vertrauen. Geliebtes Herz! All die Jahre unsres gemeinsamen Weges müssen uns in diesem Glauben bestärken – sie sind voller göttlicher Gnade! Darum laß uns stille werden in Gott – er wird es wohl machen. Oh, schenke uns Gott immer rechte Kraft zu Treue und Geduld! “Am Brunnen vor dem Tore –", – ach Herzelein, wie will dieses Lied traurig machen in diesen Zeiten – und immer hör ich’s rauschen: „Du fändest Ruhe dort” – Oh Geliebte, Geliebte!!! Meine liebe [Hilde]! Fändest – so heißt es auch für uns noch immer – "ich mußt auch heute wandern“ – oh Herzelein, mußt, Du! Du!!! – wenn das Herze sprechen dürfte – dann wär ich doch nimmer gewandert, dann wär ich immer bei Dir geblieben.

Ach Du! Geliebte! Wieviel Hindernisse werden doch noch liegen vor unserem Wiederhaben? Ach Du! Daß noch gar kein Ende zu sehen ist! Und wir dürfen doch den Glauben nicht verlieren, müssen auf weiterhin an der Brücke bauen. Ach Herzelein! Wir können ja auch gar nicht anders. Oh, lasse Gott im Himmel unser Glauben nicht zuschanden werden. Geliebte mein! Ich will Dir immer treu zur Seite stehen, wie bisher — oh Du, mit all meiner Herzenskraft – will Dich schützen über alle Ferne – will mich Dir erhalten – ach Du! Ich will Dir doch heimkehren! –

Herzallerliebste! Ich will mich nun niederlegen. Behüt Dich Gott! Er beschütze Dich auf allen Wegen! Oh Herzelein! Halt Dich an mich – ich halt D mich an Dich!

Herzelein! Treu, ganz lieb und treu wollen wir zusammenstehen – und so immer zu Gott treten, daß er unsre Liebe segne!

Gut Nacht! Ich habe Dich sooo über alles lieb!!!!!!!!!!!!!

Ich küsse Dich vieltausendlieb und bleibe

Dein glückliches Mannerli.

Herzensfraule! Mannerli hat ganz wenig Zeit - aber es muß erst ganz schnell mal zu Dir schauen - Du! Du!!!! Du!!!!! Und Dir ein fein süßes Gutenmorgenkussel geben - oh Du, Geliebte mein! Herzelein! Herzelein! Weißt denn noch, wie lieb Dich Dein Mannerli hat? Was für ein verliebtes Mannerli Du hast? Oh Du! Du!!! Geliebte mein! Keiner weiß es, keiner sieht es, keiner erfährt es ja, und kein Menschenkind möcht so das Feuer im Mannerli entzündet haben und nähren – als nur Du! Du! Du!!! Du!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Herzelein! Alle meine Liebe geht zu Dir - so gerade und entschieden und ganz – und zielt auf Dich in scharfem Strahl, im Sonnenstrahl – im Sonnenstrahl, Geliebte! Du!!!!! Dein Sonnen strahl, ganz Dein Sonnenstrahl, Geliebte!

Oh Du! Was er Dir an Strahlen senden kann, das sendet er Dir!

Ich liebe Dich so sehr – ganz sehr!

Und bin Dein ganz verliebtes Mannerli! Reiß schnell aus – Du! Birg alles – Dein liebes Köpfchen – Dein Mündlein — Du! – alles – alles – oh Du! da ist noch so vieles - birg es - flieh [unklar] – sonst kommt Dein verliebtes Mannerli und nimmt es sich – oh Du! Du!!! Herzblümelein! Geliebte! Herzensweiberl! Fliehst Du wohl? – Auch nicht vor dem scharfen Sonnenstrahl - Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Ich liebe Dich so sehr!!!

Schätzelein! Nun ist Mittagstunde. Sonnabend und Sonntag liegen vor uns – bei Dir ja auch. Sind wie die Wochentage, nur mit mehr Muße – und das macht sie zu Sonntagen – Herzelein, daß ich lieber Dich empfangen dann – und länger Dein denken, das macht sie zu Sonn- u. Sonnentagen. Ein herrlicher Tag ist draußen heute. Mannerli wird nachher gleich mal hinausgehen – stadtwärts – hat Geld bekommen – und nun hat es nicht eher Ruhe, als bis es damit etwas angestellt hat - will nachher gleich mal ausziehen für den Urlaub – für den Geburtstag - etwas zu kaufen – das tu ich doch so gern!!! Ach Herzelein! Du! Wie mit dem Geld geht es doch mit der Liebe – Du!!! – die möcht man doch auch gerne austeilen – oh Schätzelein, Herzelein – wie könnt ich sie nur alle gleich zu Dir bringen!!!

Ach Du! Du!!! Immer wieder aufheben und aufsparen – Geliebte!!!

Aber Du mußt es ja auch. Und ein Teil bringen wir einander doch täglich – oh Herzelein, wenn wir das nicht könnten – wie schmerzte das! wie die Mutter, wenn das Kindlein nicht trinken mag – und dann würde die Quelle krank.

Herzelein! Hab noch keinen Plan für den Sonntag, brauch auch keinen. Muß morgen wieder ein paar Stücken waschen – in der Woche komme ich nicht dazu.

Mein Schätzelein weiß ich heute in der großen Stadt.

Wollen Dir heute doch ins Herzlein leuchten.

Oh Du! Geliebte mein! Wenn ich Dein denke, wenn ich Dich liebend umfange – was schaue ich da! Was schaue und fühle ich da Geliebte! Den Himmel auf Erden, soviel Reichtum, solch unersetzlichen Schatz, das ganze reiche Land der Liebe – den Blütengarten unsrer Liebe – oh Geliebte, Geliebte mein! Bleib mir! Laß mich sooo glücklich bleiben! Oh Du!

Bleib mein Wunderblümelein! Mein Herzblümelein!!! Mein Ein und Alles Du!!! Du machst mich so reich und glücklich, Du allein!

Oh Herzelein! Wenn ich Dein denke - wenn ich Dein denke - Lieberes kann mir niemand bringen als mein Herzblümelein! Hab doch auch von Dir geträumt heut nacht, Herzelein. Immer in Bischofswerda – eigentümlich – aber Du bist es bestimmt. Das Mannerli hatte Prüfungen vor - und sprach mit Dir über die Ferien – und mein Schätzelein hatte ganz andere Pläne – und das Mannerli war betrübt. Aber das gibt es doch gar nicht – aber ich hab es geträumt – mein Schätzelein hab ich geschaut im Traume und das ist fein.

So, jetzt wird aber gleich der Postillion abgehen.

Herzelein! Du! Ich hab Dich lieb – ganz sehr lieb!

Und will bald zu Dir kommen – in wenigen Stunden schon – dann wirst auch Du zu mir kommen!

Ob wir uns nicht einmal treffen? Was dann sein wird?

Oh Geliebte! Dann flammt sie ganz mächtig auf – die Liebe – die Liebe!!! Oh Du! Mein Einziges! Liebstes! Mein Alles! Meine [Hilde]!!! Hier ist Dein Mannerli, ganz Dein! – und ganz treu – und voll Liebe und Sehnsucht nach Dir!

Dein glückliches Mannerli!

Dein [Roland].

Und wenn ich bei Dir bin - dann leucht ich Dir ins Herzelein! Und strahl Dir all meine Liebe! Dir!! Warte mein!

Du! Du!!! Ich will zu Dir kommen - Herzblümelein - Dein Sonnenstrahl! Du!!!!! !!!!! !!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946