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[OBF-430208-002-01]
Briefkorpus

108.

Montag, am 8. Februar 1943.

Geliebtes, teures Herz! Mein allerliebstes Schätzelein! Mein [Roland]!

Du!!! Ich bin bei Dir! weißt Du denn noch, wie gerne ich bei Dir bin, mein Geliebter? Oh Du! Komme bald wieder einmal heim zu mir, daß ich es Dir sage! Geliebtes Herz! Mein Alles! Die Post ist zu gut gegangen, darum lief heute der Postbote bei mir vorbei, er hatte noch nichts für mich. Ach mein Herzelein! Wie ich doch täglich warte, auf das Zeichen Deiner Liebe und Treue!

Geliebter!

Warte ich ebenso sehnsüchtig wie Du! Oh Geliebter! Es ist etwas ganz Eigenes um unser Liebhaben. Immer wieder stoßen wir darauf. Und es gibt wohl kaum jemanden, der uns hierin verstünde.

Oh, was braucht's auch das Verständnis andrer Menschen?

Du!!!!! Wenn wir einander nur verstehen, dann ist alles gut! Dann ist die Freude bei uns! Und das Glück in unserem Herzen!

Und so ist es ja auch, mein [Roland]! Ich liebe Dich – Du liebst mich! Und darin liegt alle Seligkeit, alle Herzensfreude dieses Lebens.

Geliebter! Ach, nicht daß ich traurig wäre, weil Dein Bote schon 2 Tage ausbleibt. Du! Hab ich doch noch sooviel Liebe von Dir erfahren, die ich in meinem Herzen noch gar- nicht all geborgen habe.

Soviel Liebe ist es, die mir von Dir kommt, mein [Roland]!

Ach Du! Geliebter! So wie mir Dein lieber Montagbote erzählt, wie Du auf meinen Boten wartest voll Ungeduld und Sehnsucht, so wie es Dir gar keine Ruhe läßt, nicht eher, als bis er in Deinen Händen ist, der Gruß von mir.

Ebenso ergeht es ja mir, Herzelein. Oh Du!! Du!!!!! Geliebter mein!!!!! Von Dir kommt mir doch alles Glück! Nach Dir schaue ich täglich sehnend aus, nach Dir strecken sich alle Arme der Sehnsucht, Du!!! Daß Du sie ergreifst, daß wir uns glücklich fassen! Geliebter! Geliebter mein! Du kannst mich nimmer verlieren!

Ich bin Dein!

Ich bin ganz Dein Eigen!

Schätzeli! Nun hast auch erfahren, daß ich wieder im Vortrag war in Limbach, wo es mir so gut gefallen hat. Am Freitag war auch der Kassierer da, der den Jahresbeitrag für das kommende Jahr holte. Daraus ersehe ich doch, daß diese Veranstaltungen vorläufig auch im Kriege weitergehen. Ich fürchtete darum schon, weil ja vielerlei eingestellt wird. Nun freue ich mich umso mehr, als es ja die einzige Möglichkeit für mich ist, mich ein wenig bildend anzuregen. Und was mir nur irgend interessant erscheint, das lasse ich mir nicht entgehen.

Kommenden Sonnabend ist der nächste Abend vorgesehen. Professor Dr. H. aus Weimar wird kommen und das Thema geben "Schiller, der Künder ewiger Wahrheit"

Ich habe vor, wieder hinzugehen. Mein Herzelein wird mich doch in Gedanken begleiten, gelt? Denn mein Bote hier, der erreicht Dich bis dahin. – Du Mannerli, dann ist schon wieder die zweite Februarwoche um! Wie schnell die Zeit vergeht! Kommt Dir es denn nicht auch so vor? Dann mußt Du schon bald Dein Urlaubsgesuch formulieren!! Ich denke doch unablässig daran. Sag? Ist denn Urlaubssperre bei Euch? Die Leute reden davon, daß in jeder Richtung jetzt der Urlaub gesperrt sei. Ich kann es nicht glauben. Ach, wenn nur bis Ostern die Lage im Osten eine bessere wäre. – Der Dichter Paul Ernst ist in unserem Bücherschatz also vertreten? Das freut mich. Und fein ist, daß Du noch ein paar andre Werke von ihm kaufen willst. Aber jetzt ist dazu keine Möglichkeit, Liebster. Es gibt nichts an Büchern. Dieser Tage las ich auch in der Zeitung, daß der Dichter Rudolf Herzog (Köhn) gestorben ist. Er war wohl schon über 70 Jahre alt. Wir kennen ihn ja auch! "Die vom Niederrhein" – "Die Wiskottens", seine bekanntesten Werke mit und ich las letzthin aus der Bibliothek im "Vertragswesen" sein Werk "Elisabeth Welsers Weggenossen" ein sehr schönes Buch, das ich gerne mit Dir noch einmal lesen möchte. Ach Herzelein! Wir haben überhaupt noch so viel vor! So viel Schönes, Liebes! Und ein Leben voll Freude und froher Pflichten wartet unsrer.

Ach, gebe Gott, daß uns ein glückliches Ende beschieden ist.

So viel haben wir noch vor in dieser Welt!

Herzelein! Und zuerst müssen wir uns doch immer ganz ganz sehr liebhaben und die böse lange Trennungszeit ganz auslöschen aus unserem Gedächtnis. Du!!! Mein Alles!! Wie will ich Dich lieb, lieb umfangen wenn Du mir für ganz heimkehrst! Ich lasse Dich nie, nimmermehr dann. Ach Du! Geliebter mein! Wie fühl ich in mir alle Lust und Freude, mit Dir noch recht viel Freude zu erleben, soviel Tiefes, ach alle Sehnsucht fühl ich darnach, unser gemeinsames Leben auch in guten [sic] Glauben zu halten. Ja es ist so: Erst der Glaube schenkt diesem Leben Größe und Würde. Ohne diese Werte des Glaubens, ohne diese Schale wären wir Menschen, die wie die Tiere nur reagieren. Die so und anders können, die nicht stahlhart werden können. Die nicht treu beharren können.

Und so ist es auch in der Liebe.

Der Glaube an die gute Liebe erst verleiht uns Kraft, das Vermögen zu rechter Treue, zum Ausharren in Liebe.

Der Glaube läßt unsre Herzen in tiefer, heißer Glut entbrennen – er vertieft unsre Liebe. Und hebt sie empor zum Köstlichsten dieses Lebens.

Du empfindest auch so, Geliebter! Froh weiß ich es. Du! Oh Herzelein! ich bin so froh, daß ich in Dir lebe als Deine Heimat, als das, was Du zurückließest und zu dem Dich alle Sehnsucht zurückzieht! Oh Du! Glücklich lese ich es: ich lebe in Dir als ganz die Deine! Oh Du!!!!! Von der kein Gesetz, keine Pflicht, kein Mensch Dich trennen kann!

Oh Herzelein! Herzelein! Du weißt es! Ich will alles tun, um so ganz Dein Eigen zu bleiben in dem Bezirk, wo Du Dein liebes Fraule am liebsten sehen magst. Ich will alles tun, um zu bleiben, wo ich jetzt bin.

Glaub mir, mein [Roland]!

Und wenn Du heimkommst, dann findest Du dort mich, Dein Eigen – und dann leben wir so ganz aneinandergegeben. Innige Tage, wie später immer.

Du! Oh Du!!!!! Ach Du! Ich kenne nun das Bild, wie Du mich in Dir trägst, wie Du Dein geliebtes Weib schaust, mein [Roland]! Weißt wohl, wie glücklich mich das macht? Du! Du!!! Ja Herzelein, es ist so: die Liebe will ganz das geliebte Wesen einnehmen, und aneignen; sie will es formen und prägen nach ihrem Bilde. Das werden wir später noch viel deutlicher aneinander erleben. Du! Du liebst das Weib in mir. Herzelein. Ich bin Deine liebe Frau!

Oh, so glücklich weiß ich das! Und ich verstehe Dich ganz Herzelein.

So wie wir uns manchmal in eine andre Zeit wünschen möchten, so lebe ich in Dir doch anders, als die moderne Zeit das Weib sieht und prägt. Ich verstehe Dich darin, Du! Ich empfinde mit Dir, wie so im Glauben, so auch im Lieben wir nicht auf den Wegen der Vielen gehen.

Es ist ein Bleibendes zu jeder Zeit: zu allen Zeiten haben Menschen einander so lieb gehabt wie Du und ich. Und Du sagst recht hierzu Herzelein: zu allen Zeiten haben Menschen Formen gefunden in denen Bleibendes und ewig gültige Schönheit ist.

Oh Du! Geliebter! Unsere Liebe muß sich zu solch bleibender Form und Schönheit drängen.

So wie das Bild einer Mutter im Kreise ihrer Kinder nicht anders als schön ist und ewig gültig. Und wenn's das nicht ist, dann ist die Mutter darauf keine rechte Mutter; denn Mutter und Weib sind etwas Ewiges. Mein Herzelein! Wir in unsrer Liebe können nicht auf den Wogen der Vielen gehen. Darin verstehen wir einander, auch im Unterschied unsrer Jahre – in unsrer großen Liebe. Du! Oh Geliebter! Und alles, was Du mir hierzu noch beispielhaft anführst, das zeigt mir so zu meinem höchsten Glücke, wie Du mich liebst! Wie Du mich schaust! Oh Herzelein! Ich erkenne doch Deine große Liebe darin! Du!!!

Ich sehe und empfinde so glücklich die Verwandtschaft unsrer Wesen, mein Geliebter! Unsres Erlebens Verwandtschaft. Oh Du! Wir sind sooo glücklich ein Paar! Geliebter! Fühlst Du, wie ich mich meinem Sonnenstrahl aufschließe? Wie ich ihm mein ganzes Sein entgegenhalte und mein Leben ausbreite vor seinen wärmendem liebendem [sic] Strahlen? Oh Du! Du bist mit soviel Liebe um mich und hüllst mich ein! Und mein Dank soll sein, daß ich Dir erblühe, Dir allein, als dein einziges Herzblümelein. Du! Mein Sonnenstrahl! Ich will Dich immer wieder so ganz auf mich ziehen mit meinem Blühen, dessen Wunder Du allein hervorzauberst, mit meinem Leben. Es ist ja Dein Leben! Geliebter!

Oh, Wunder der Liebe!

Herzelein! Himmelsgeschenk! Du mein Seelengeschwister! Mein Alles!

Gott im Himmel segne unsere Wege allezeit! Er erhalte uns einander gesund und froh! Er wird unsre Wege segnen, die wir allein gehen müssen.

Herzelein! ich will Dir doch daheim bleiben, so gerne! Ich weiß wie sooo froh Du dann bist. Ich kann es ermessen, Geliebter! Aus meiner Liebe zu Dir! Gott stehe uns bei! Amen!

Geliebter! Nun will ich aber bestimmt den Eltern schreiben! Ich muß!

Du!! Auf frohes Wiedersehen! Behüte Dich Gott! Ich denke Dein in inniger Liebe und Treue! Bin ganz Deine glückliche [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946