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[OBF-410408-002-01]
Briefkorpus

Dienstag, am 8. April 1941.

Mein geliebtes Herz! Du mein lieber, liebster [Roland]! Herzlieb!!

Den ganzen Tag hat heute die liebe Sonne geschienen draußen, und auch drinnen bei mir mein [Roland]!! So große Freude wurde mir heute früh! Du sagst mir, daß Du meine Briefe erhalten hast! Endlich! Herzlieb!! Nun freue ich mich mit Dir, von ganzem Herzen, Du!! Ich habe geweint vor übergroßer Freude, als ich Deine Zeilen las; Du hast mir so beredt von Deiner großen Freude erzählt. Ach Herzlieb! Ich kann sie Dir nachfühlen. Ich weiß, wie sehr es beglückt vom Geliebten etwas zu hören, Du!!! Wenn auch eine fremde Macht verhindert, daß wir täglich, ohne Unterlaß unsre Boten tauschen können – es ist ja nur für eine Zeit, nicht für immer – und wenn es auch einmal ganz lange dauern würde, daß wir nichts voneinander hören können – wir verzweifeln nicht, Geliebter! Niemals!! Wenn's uns auch hart ankäme. So fest, so bedingungslos vertrauen wir aufeinander! Wir halten einander soo fest! Wir sind einander soo gewiß! Du hast mich ebenso sehr lieb, wie ich Dich!! Du!! Diese frohe, beglückende Gewißheit läßt uns vieles ertragen. Wie reich sind wir doch mit solcher Liebe! Uns kann nichts, was von außen Böses herankommen will, irre werden lassen an dieser Liebe! Nichts! Sie steht so fest gegründet in uns, soo tief wurzelt sie in unseren Herzen – keine Macht der Erde kann sie uns entreißen! Ich bin Dein und Du bist mein!

Das ist eine köstliche Gewißheit! Ein unermeßlich wertvolles und großes Geschenk, das uns Trost ist in dieser bösen Zeit. Das Bekenntnis unsrer Liebe zueinander ist mir so heilig wie das Gelübde, das ich vor Gott ablegte an unserem Hochzeitstag, da ich mich Dir für dieses Leben zu eigen gab in Gottes Namen. Und ich erkenne und spüre es immer und immer wieder, welch lieben, edlen Menschen ich angehören darf. Du bist mein Liebstes, Bestes, Köstlichstes das ich besitze auf dieser Erde! Du bist all das, was mir das Wort Leben umschließt; ohne Dich ist kein Leben, ohne Dich ist Tod, ist Finsternis, das kann ich ganz genau fühlen, wie es ohne Dich ist — aber nein, Geliebter!! Das will ich ja nicht zu Ende denken! So soll es nicht sein! Das wird uns unser Herrgott ersparen. Ich glaube daran so fest wie an Deine Liebe! Und Vertrauen! Vertrauen und Glauben, sie sollen mit uns sein immer, alle Tage! Gott sieht in unsre Herzen – er hat Erbarmen, er ist voll Güte und Liebe zu seinen Kindern. Geliebter! Des sollen wir gewiss und froh sein!

Fröhlichen Herzens, zuversichtlichen Glaubens und mutig erhobenen Kopfes, so wollen wir vorwärts gehen, unsrer Zukunft entgegen, die der Herrgott uns voll väterlicher Liebe bereit hält, die er uns schenkt, wenn uns[e]re Zeit erfüllt ist.

Kann denn ein rechter Christenmensch verzweifeln an seinem Geschick? Nie und nimmer! Ihm wächst die Kraft zu, sein Leben zu meistern, aus dem Glauben.

Das Leben ist ein ewiger Kampf. Lebensbejahende Menschen scheuen diesen Kampf nicht, sie nehmen ihn auf – wi[e] er auch ausgehe. Geliebter! Du!! Seit ich weiß, für wen ich mein Leben lebe, ist es mir so kostbar, soo lieb geworden, ich will es erhalten, um jeden Preis – ich will alles ertragen, um Dir dieses Leben zu erhalten. Mit Dir, mit Deiner Liebe hat mein Leben seinen Weg und sein Ziel erhalten, und ich setze alle Kräfte daran, dieses leuchtende Ziel zu erreichen – mit Dir Erfüllung zu feiern! Du!!! Und tief beglückt sehe ich heute zwischen Deinen lieben Worten und Zeilen auch dieses heiße Sehnen leuchten! Diesen inbrünstigen Wunsch! Herzallerliebster!! Du!!!!!

Weißt Du wohl, wie tief es beglückt und selig macht, wenn man weiß: du bedeutest ihm alles – du bist sein Leben, sein Glück? Du!! Oh Du!!

Wer kann so wie Du die Liebe empfinden? Mit all ihrer Süße, ihrem Zauber? Du!! Nur Du allein bist es, der mich restlos versteht!! Mit Dir ist das große Glück zu mir gekommen, von dem ich immer sehnsüchtig geträumt! Du weißt, Geliebter!! Wie Du mich so ganz erfüllen kannst! Du hast es schon so oft gelesen in meinen Augen. Und bei dem Heimlichsten, Süßesten, was die Liebe krönt, bei unserm Einssein, Du!! Du!!! da konnte ich Dir nun endlich letzte, höchste Gewißheit geben, daß ich ganz Dein bin, daß ich Dir so ganz gehöre! Mein Sonnenstrahl! Du! Du bist's, nur Du! Und Du trägst das Schlüsslein zur Pforte, hinter der alle Weltenseligkeit verborgen liegt! Du!! Du!!! Ich denke voll Sehnsucht an Dich, mein Lieb! Siehst Du, mein [Roland]? Wie mich Deine lieben Boten heute beglückt haben? Ich könnte bis in die Nacht hinein so weiter plaudern mit Dir – aber ich will noch ein wenig aufheben in mir, von dem großen Glücksgefühl! Du kannst doch garnicht alle Liebe fassen, die ich Dir bringen will? Du? Oder doch? Aber, ich will doch auch noch von etwas anderem mit Dir reden. Von Deinem Sonnabend, vom 29. III. erzählst Du mir. Ein Teil hat Euch verlassen und damit ist nun eine kleine segensreiche Änderung in Euer Dasein getreten – mehr Raum, das besagt Behaglichkeit (soweit man es so nennen kann) auf der ganzen Linie! Ich gönne es Dir von Herzen! Und damit es Euch nicht zu wohl wird, begann auch der Dienst am Montag drauf in der Schreibstube? Es war doch mehr oder weniger aus diesem Grunde? Ja?

Na, es ist schon recht, wenn man Arbeit hat, dann erträgt man die böse Zeit der Trennung leichter, man denkt nicht so viel über sein Geschick nach. Und nun, da das Ganze wieder ins Rollen kommt da unten, wird es Euch an Arbeit nicht mangeln! Es ist mir schon eine große Sorge genommen, wenn ich sehe, wie man es Euch alles erträglicher macht. Ich weiß, Du schickst Dich in vieles, das gibt mir bei allem eine gewisse Beruhigung. Weil Du nur zwei liebe Kameraden um Dich hast, das freut mich besonders! Und richtig aus Deiner Heimat sind sie. Mit Freude lese ich von Eurem Spaziergang zu dreien! Und so lieb lasst Ihr Eure Weiberchen teilnehmen daran! Das schöne Bild auf der Ansichtskarte! Ich kann mir denken, daß Euch diese herrliche Gegend in Entzücken versetzt auf Euren Wegen. Und ich freue mich schon auf Deine Bilder! Aber, ich will ehrlich sein: viel, viel mehr noch auf den Hubo! Den ich auf jedem Bild zu sehen wünsche!! Aber ganz richtig nahe! Gibts da keinen Fotografen? Ich sehne mich ganz sehr nach einem Bild von Dir, Herzlieb!! Ach Du!! Ich muß sie immer wieder lesen Deine beiden lieben Boten vom Sonntag, den 30. III. So lieb lässt Du mich an allem teilnehmen, ich danke Dir ganz sehr, Du!! Ist es bulgarisches Briefpapier was Du jetzt benutzt?, wenigstens die Umschläge scheinen mir so. Du bedauerst, daß Du jetzt mit dem vergänglichen Bleistift schreiben mußt – es ist nicht anders möglich, Herzlieb! Bis diese Zeilen verblichen sind, bist Du längst, oh längst wieder bei mir! Und dann schreiben wir sie nach, wenn uns die Zeit dazu bleibt! Du!! Bei unserm großen Glück! Wer weiß, ob wir dann noch mit so großer Liebe an diesen Blättern hängen? Ist die lebendige Wirklichkeit nicht mächtiger mit ihrem Bann auf Menschenherzen? Du!!! Aber – trotz alledem — ich gebe keinen Brief her von Dir, und wenn ich mich verhauen sollte darum! Alle sind mein!! Und der Hubo dazu! Mein herzliebes Dickerle, das gar keins ist. Aber im Frieden mache ich eins aus ihm!! Du!! Du!!! Weißt Du denn wie sehr ich Dich lieb habe? Oh Du!! Mein liebster, bester [Roland]!! Gott sei mit Dir! Ich liebe, liebe Dich!

Ich bin ganz Dein! In unvergänglicher Treue immer

Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946