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[OBF-410406-001-02]
Briefkorpus

Sonntag, den 06. April 1941
für 19. April 1941.

Mein liebes Geburtstagskind!!! Herzallerliebste mein!!!!!

Du wartest mein heute, ich weiß es. Und ich darf zu Dir kommen als Deines Herzens Vertrautester, darf Dir ganz nahe kommen, Dir, meinem lieben, treuen Weibe! Nun fühlte ich Deine Augen und Sinne auf mir ruhen. Und nun hat Dein Mannerli richtig ein bissel Lampenfieber.

Meine liebe [Hilde]! Noch keinen Deiner Geburtstage konnte ich mit Dir begehen, noch zu keinem Dir selber meine Glückwünsche bringen. Und nun muss ich auch diesmal wieder zu Tinte und Feder greifen, muss mich der Worte bedienen.

Herzlieb! Ich denke eben, wie ich Dich beglückwünschen möchte, wenn ich bei Dir sein könnte? Du!!!!! Dich in meine Arme schließen, lang, lang: Du mein Ein und Alles! Dich umschließen mit allen Sinnen: mein Glück, mein Sonnenschein, meine Heimat, mein Lebensgefährte, mein liebes, treues, schönes Weib! Keine Worte würde ich brauchen als die Drei: „Du!! Geliebte mein!!!!!!["]

Nun möchte ich Dir wieder recht viel Liebes sagen, möchte Dir Freude bereiten, möchte Dich meiner Liebe versichern – ach, mit Worten nur! – Daß Du es weißt: Ich stehe Dir zur Seite, Dir am nächsten in dieser Welt! Du bist all mein Denken und Sinnen bis zum letzten Atemzug, bis zum letzten Herzschlag! Ich liebe Dich mit der ganzen Kraft meines Herzens! Ich lebe mit Dir – Du und ich – eines!!!

Du weißt es! Gott sieht es! Und ich habe keinen anderen Wunsch als den, dieser [sic] Liebe zu leben!

Die Trennung, sie ist uns beiden leid, und sie ist es umso schmerzlicher, als sie uns trifft zu der Zeit, da wir uns eben zusammenfanden. Aber wir nehmen sie demütig und Gott vertrauend als unser Schicksal, von dem all unser Trauspruch soviel Tröstliches sagt.

Mein liebes Geburtstagskind! So darf ich schreiben.

Mein!!! Du, Herzlieb! Dieses Wörtchen schließt so viel, schließt alles in sich!!! Du bist mein – ich bin Dein! Diese Worte umfassen alles Liebesglück und wir wissen keine besseren, einander unsere Liebe zu bekennen. Mein bist Du geworden, Schritt um Schritt. Stück um Stück haben sich unsere Herzen einander zugeneigt in glückhaftem, seligem Schenken und Schenkenlass[en]. Welch selige Zeit! Von den Stunden an, da wir klopfenden Herzens einander entgegenfuhren, einander erwarteten, erfüllt von hohen Wünschen und Hoffnungen, da wir die ersten Mal Seit an Seite schritten, ein Paar, Du! – Da wir ganz leis und fein und zart erst einander näherten und berührten, Geliebte!!! In Deinen lieben Augen durfte ich ruhen, durfte Deine liebe Hand fassen, Deinen Arm nehmen – Du!! Du!!! Und dann Mund an Mund – Herz an Herz! Mein! Geliebte!! Bis zur seligsten Stunde der Erfüllung, da Du Dich ganz mir schenktest, da ich Dich erlöste.

Und jeder Schritt war Frucht, war Krönung des wachsenden und sich vollendenden Vertrauens. Mein bist Du! Hast Dich mir geschenkt, mit dem Reichtum der Kostbarkeit und Schönheit [des] Leibes und der Seele, hast mir Dein Leben geweiht. Geliebte! Hast Dich mir wahrhaft geschenkt. Von keinem anderen Menschenkinde konnte ich reicher beglückt werden, und das Geschenk keines anderen hat solches Gewicht, hat solchen Wert wie das Deine! Herzlieb! Dieses Schenken, es ist nirgend so sinnfällig als bei einem guten Weibe! Beklagen möchte ich es zu mancher Stunde.

Meine liebe Hilde! Weißt und fühlst Du es auch, daß ich Dein wurde? Daß ich nicht nur würdig und wert Deine Geschenke empfing – sondern daß auch ich mich verschenkte an Dich? Du?!! Daß ich Dein wurde, wenn nicht in derselben Weise, so doch in demselben Grade?!!

Geliebte! Du hattest am ehesten Grund, Zweifel darein zu setzen, weil ich zögerte und langsam Dich erkannte. Hast Du sie alle überwunden?

Geliebte! Herzallerliebste! Ich weiß Deine Antwort. Ich habe Dein Ja! Deine große, unendliche Liebe!!! Und ich bin darum ganz glücklich – und wäre sonst tief betrübt.

Dein will ich sein! Ganz nur Dir gehören!!!

Im tiefsten [sic] hat mich Deine Liebe berührt und gewandelt. Sie hat die Quelle der Gegenliebe angeschlagen. Sie hat alle heimlich gehegten Wünsche und Hoffnungen und Pläne erweckt und erfüllt. Alles Sinnen und Trachten und Wollen ist nun auf Dich gerichtet, auf unseren Bund. Herzlieb, ich habe Dich aufgenommen in mein Wesen, in mein Herz mit dem heiligen Ernst und dem ernsten Willen zum Ganzen, die Deinem [Roland] eigen sind. Unsre Liebe zueinander ist kein helles, weithin sichtbares Strohfeuer, sie ist eine innere, stete Glut, die unsre Wesen mit Herz und Sinnen zusammenschmilzt zu einem Ganzen.

Geliebte! Ich bin Dein!! Du kennst mich. Ich weiß nichts, was Dir an meinem Wesen noch verborgen ist. Du kennst mich ganz und verstehst mich darum in all meinem Denken und Tun, Du allein!! Und Du hast mich eingelassen in Dein Herz. Darum bin ich darin. Wir erfüllen einander in seltener Weise, darum ist unsre Liebe, unser Glück so groß. Eines hält dem andern das Herz offen in letztem Vertrauen. Die Krönung aber unsrer Liebe: Daß ich das Leben in Deinem Schoße anzünden soll, daß Du ein Kindlein von mir haben willst, von mir, Geliebte!!!!! – Daß Du mir ein Kindlein schenken sollst, Du, Herzlieb!!, daß ich keinem anderen als Deinem Schoße es anvertrauen mag!

Geliebte! In diesem ersten, innigen, eigensinnigen Willen begegnen sich Herzen und Sinne aufs engste, darum sind wir mein und Dein in letzter Erfüllung – soviel Du mein, soviel ich Dein!!! Geliebte!!! Und schenkt Gott uns nur seinen Segen, dann soll sich an unseren Kindlein erweisen, daß dein [Roland] Dir ganz gehört, daß er Dir sein Bestes brachte, Du!!!

Geburtstagskind bist nun heute. 21 Lenze. Dieses Alter hat von jeher als eine gewisse Wende gegolten – bei den Frauen zumal. Entwicklung und Wachstum kommen zum Abschluß. Ich habe schon einmal davon geschrieben – und daß ich diese Zahl respektiere – und auch respektiert habe – ja, Du! Das weißt Du nun nicht. Ja, Dein Hubo steckt voll von Plänen und Grundsätzen (zum Fürchten). Und heimlich hat er sich geschworen: Daß ihm sein Lieb vor dem 21. Lebensjahr kein Kindlein schenken soll. Nun ist es so gekommen, wenn auch nicht dank der Festigkeit meiner Grundsätze. Du!! Ich wollte und mußte Dich doch so sehr liebhaben! Du!!!!!

Vor 21 Jahren sollte ein Mädchen nun eigentlich auch noch nicht an die Männer denken! Das bedacht, bist Du freilich ein Nestflüchter, ein Ausreißer, ein Durchgänger gewesen, Du!! Ich kann den Mut nur bewundern, der dazu gehört, so früh schon eines Tages ein Mannerli mit nach Hause zu bringen – auch wenn er ein Hubo ist! Und wundersam wird immer bleiben, mit welch unbeirrbarer Entschiedenheit, mit welch tiefer, sicherer Neigung Du wähltest!!!

Du! Wenn Gott es fügt, daß uns ein Mägdlein geschenkt wird, so früh darf es keinen Mann heimbringen – es sei denn so wie bei meinem Herzlieb! Du!!!!! Wie unfertig und unsicher waren wir Jungen noch in diesem Alter. Und Du verstehst, daß ich nicht ohne Sorge war um die Beständigkeit Deiner Neigung. Sie liegen alle weit dahinten, diese Bedenken! Und auch der Unterschied unsrer Lebensalter, er macht mir keinerlei Sorge mehr. Wir stimmen ja so gut zusammen! Wie Dein Mannerli, so von einfachem klaren, ernsten Wesen, den Sinn aufs Ganze gerichtet, so verständig und bildsam, so voll gutem Strebens, offenen Herzens für Gottes weite Welt, abhold allem kleinlichen Gezänk und Streit, so bist Du, mein liebes, treues Weib! Und Dein [Roland] wird jung bleiben mit Dir – er bleibt bei seiner gesunden Lebensweise und wird keine Kraft vergeuden – unsre Herzen und Sinne werden zusammenstimmen, im schönsten Einklang, wie schon bisher.

Einfach und klar ist Dein Lebensweg bisher. Hast Dein junges Leben nun an das meine gekettet, Herzlieb! Du!! Hast Dir ein ein Mannerli erwählt, das im Alter nun ein paar Köpfe größer ist, zu dem Du aufschauen mußt, und das Mannerli Dich wie seine große Tochter väterlich um die Schulter schließen kann. Ach Herzlieb! So ist es doch nur äußerlich – und nicht einmal da, Du! Aber Dein Mannerli ist so glücklich und selig in dem Vertrauen, mit dem Du ihm Herz und Hand antrugest, mit dem Du ihm Dein junges Leben weihtest. 3 Jahre sind nun darüber ins Land gegangen, reich an innerem und äußerem Erleben, 3 Jahre, die unseren hohen Erwartungen und Hoffnungen reichste Erfüllung brachten – trotz Trennung und Krieg. Ach Herzlieb! Die Trennung, so bitter sie auch war und ist – sie hat wohl unseren Bund stiften helfen – hat ihn gefördert und vollendet, Du!!! 3 Jahre, in denen wir Gottes Güte und Gnade täglich und reichlich teilhaft wurden. Herzlieb! Und so trete ich heute mit Dir bittend zu ihm wie jeden Abend: Gott im Himmel! Sieh uns hier stehen! Sieh an unsre Liebe! Sei uns gnädig! Segne unseren Bund! Halte uns demütig im Glücke! Stärke unseren Glauben und mache uns demütig in Deinem Willen! Führe uns recht bald zusammen zu gemeinsamer Lebensfahrt in einer besseren friedvollen Welt.

Gott sei mit Dir im neuen Jahre! Bleib mir froh und gesund! Dein Mannerli, Dein [Roland] wünscht Dir von ganzem Herzen alles Gute! Er käme so gerne selber, für immer, Dich bei der Hand zu nehmen, und Seit an Seite mit Dir zu gehen und selber darüber zu wachen, über Deinem Wohlbefinden, Deinem Glück!

Noch ist es nicht so weit! Herzlieb! Geliebte!! Aber er kommt! Er kommt zu Dir! Heimkehren zu Dir, das ist mein Gebet, mein ernster Wille, mein Sehnen, mein ganzes Sinnen!! Treu und lieb steht er zu Dir hier in weiter Ferne – er hält Dich fest in treuem, steten Gedenken. Er sammelt alle Kraft, er hebt alles auf – Du!! Dir es zu bringen!!

Geliebte! Lass Dir danken für alle Liebe und Treue, mit der Du mein Bild bewahrst, mit der Du lieb und fest mich hältst hier in weiter Ferne! Ich denke aller frohen, süßen, seligen Stunden. Ich denke Dein in unendlicher Dankbarkeit, Liebe und Treue. Geliebte! Du mußt mir bleiben! Ich muß [zu] Dir heimkkehren! Ich küsse Dich! Du!! Du!!! Geliebte, Herzlieb! Mein!! Ich drücke Dich an mein Herz, ich halte Dich ganz fest! Du,

mein Leben! Mein Ein und Alles!

Ich bin Dir ganz nahe! Du! Mein liebes, süßes Weib! Mein!!!!!!!!!!!! Ich bin ganz Dein! Dein Mannerli! Dein Hubo! Dein [Roland]! Und auch Dein Dickerle! Du!!!!! Du!!!!!!!!!!! Ach! Du! Geliebte!!!

Sei froh und glücklich mit mir! Gott wird mit uns sein! Halt aus mit mir! Harre treulich mein! Halte treulich mir die Heimat! Geliebte! Meine [Hilde]!!!!!

Ich liebe Dich!!!!! Liebe Dich!!!!! Du!!!!!!!!!!!!!

Mein liebes Geburtstagskind!

Dein [Roland]!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946