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[OBF-410422-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 22. April 1941

Mein liebes, teures Herz! Herzallerliebste, Geliebte mein!!

Unsre Tage hier sind gezählt. Heute wurden wieder 20 Mann ausgesucht zur Abfahrt morgen früh. „Wir 3“ sind nicht dabei, Ha. ist mit darunter. Für uns kann auch stündlich der Befehl kommen. Die Reise dahin dauert etwa 3 Tage. Sie wird im Auto zurückgelegt. Viel Kilometer sind es gar nicht; aber die Straßen werden durch den Nachschub stark befahren sein. Bald werden wir also am Ziele unsrer Reise sein und – so hoffen wir – uns etwas häuslicher einrichten können, einen richtigen Arbeitsplatz bekommen — so werden uns dann die Tage rascher und die Wochen regelmäßiger vergehen – und damit, Herzliebes, die Tage der Trennung. Leicht kann es nun geschehen, daß die Post wieder ins Stocken gerät. Von heute ab muß der Hubo sich schon wieder fein gedulden: alle Post wird schon nach Saloniki geleitet. Weißt, wenn erst die Eisenbahn wieder richtig fährt von Saloniki aus, dann wird sie immer besser gehen zwischen uns. Für die ersten Wochen wird sie wohl etwas länger brauchen.

Fein geduldig mußt nun wieder mit Deinem Hubo warten, Herzlieb!! Gedulden, Gedulden! Oh Herzlieb!! Manche Stunde dünkt es uns so hart und schwer, dieses Gedulden. Wir haben es beide schon erkannt, daß das Geschick uns beide gerade in diese Schule des Geduldens genommen hat. Du! Liebes!! Wir müssen hindurch – mit Erfolg. Ach, uns[e]rer Vernunft will sie leicht scheinen: Durch viel härtere Schulen müssen andere Menschen. Und wir haben erkennen müssen, daß diese harte Schule für uns zum Guten war. Aber das Herz, es will doch manchmal zag werden, ihm dünkt es manchmal gar schwer.

Geliebte!! Dann wollen wir nur uns schauen! Da sehe ich die Kameraden, sie erdulden nicht mehr und nicht weniger als Dein [Roland]. Da siehst Du die Lieben alle, die mit Dir tragen. Da weiß ich Euch Lieben alle daheim, da weiß ich mein liebes, teures Weib, meine Heimat, die mir tragen helfen. Herzlieb, dann darfst Du des Beistandes aller Lieben, darfst meiner liebenden Sorge gewiß sein.

Herzlieb! Dann wollen wir über uns schauen. In unsres Herzens Not wollen wir ihn rufen, dann wollen wir anklopfen, wollen betend ringen um Kraft und Gnade – und wir werden Gottes Gnade und Güte erfahren dann.

Sollst nicht glauben, daß Dein [Roland] trübe Gedanken hat. Er ist ganz ruhig. Und in seinem Herzen wohnt mein Herzlieb, mein Glück, strahlend und ungetrübt. Im Herzen liegt alle Freude bereit, sich mit der Deinen zu vereinen zu Lob und Dank, zu seligem Sichfinden und Einssein, Geliebte!!!

Herzlieb! Und wir werden uns die Zeit des Geduldens weiterhin lieb verkürzen. In diesen Tagen weiß ich mein Herzlieb gar nicht einsam – und ich habe nur den einen Wunsch, daß es sich mit meiner Mutter recht lieb anfreundet. Frauen habe[n] zueinander ihre besonderen geheimen Zugänge.

Deine liebe Mutsch schickte mir in ihrem Brief 10 M mit für ein Geburtstagsgeschenk. Sie hat sich das einfacher gedacht, als es ist. Aber der Hubo wird wach sein, auch für die liebe Mutsch.

Mein liebes Herz! Ich weiß heute nicht viel zu schreiben. Müde bin ich. Wir waren wieder zum Sport heute. Und nun ist es schon wieder finster. Gleich kommen die 8-Uhr-Nachrichten, die höre ich meistens an.

Du!!!! Die wenigen Zeilen sind deshalb nicht weniger lieb gemeint! Du!! Du!!! Ganz fest werde ich mein Herzlieb wieder an der Hand nehmen, sein Bild wird mir leuchtend vorschweben, wenn es auf die Reise geht. Bist mein liebster, treuester Kamerad, Du!!! Dem Hubo am allernächsten!!!!!

Unsern Herrgott wollen wir uns befehlen. Er wird uns nicht verlassen!! Gott behüte Dich! Meine liebe, liebste [Hilde]! Bald, bald werden wir zueinander geführt werden, das glauben wir!!! Geliebte!!! Hand in Hand, Herz in Herz, Liebe um Liebe, Treue um Treue, so tausendfach innig verschlungen und verbunden gehen wir durch diese Zeit.

Ich bin Dein – Du bist mein!!! Das gibt uns Kraft, getreulich auszuharren, Mein [sic] liebes, teures Weib!! Zu ihr, zu Dir!!! so schlägt mein Herz unermüdlich – Zu Dir!!! Kein anderes Ziel, kein schöneres, oh Herzlieb!!! als heimzukehren zu meinem Herzlieb!!!

Ich bin ewig Dein [Roland]!! Und Du bist mein!! Ganz mein!!!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946