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[OBF-410628-001-01]
Briefkorpus

Sonnabend, den 28.Juni 41

Mein liebes, teures Herz! Geliebte, Holde mein!!

Jetzt hat der Hubo wieder mal viel Schreiberei – und muß sich richtig ein bissel losreißen – vom Herzlieb für´s Herzlieb – machst große Augen? Du! Du!!! Läßt mich doch gar nimmer los – kann doch bloß noch Dir schreiben – hast doch das Mannerli ganz in Deinen Bann geschlagen!!! Losreißen? Vom Geburtstagsbrief! Du!! Weißt, wenn es nicht gelingt – ich mein es ja trotzdem sooooo lieb mit Dir, ja? Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Und ganz froh wollen wir sein an diesem Tag, Du!!! Wieviel Kussel darf ich mir denn wünschen? Weißt, wie Du das meinst, hab ich schon hin- und herüberlegt: „Die Kussel sind gar nicht so altbacken, mußt nur gut aufpassen." Wenn mein Weiberl so schreibt, wird der Hubo gleich neugierig! Oh, ist gar ein neugieriges Mannerli! Und das liebe Weiberl – aber das wird es selber nie zugeben! – es nährt doch diese Schwäche immer – und hat sooo viele, süße Heimlichkeiten, und versteckt sie – und das Mannerli soll dann neugierig sein und suchen! Du!!! Du!!!!!

Der liebe Bote vom Freitag ist heute zu mir gekommen – mitten aus dem frohen Urlaubsdrasch! Nun sind schon 8 Tage darüber hingegangen wieder. Und nun weiß ich Euch mit ziemlicher Gewißheit in Schmilka. Und die liebe Mutsch wenigstens hast Du mitgekriegt, das freut mich ganz sehr. Daß ich Dich jetzt in Schmilka finde, das habe ich ja schon gemerkt. Werdet Ihr nun umziehen müssen? In welchem Stübchen wohnt Ihr? Und in welchem Bettlein schläft mein Herzlieb? Du!! Ach, Du wirst es mir alles schon lieb berichtet haben und wirst betrübt gewesen sein, daß Du Deinen Boten gar nicht abschicken konntest. Es ist doch ebenso beglückend, einen auf den Weg zu schicken wie einen zu empfangen. Ich will mich fein gedulden mit meinen Fragen – und es wird mir ein wenig leichter fallen bei dem Gedanken an unseren Geburtstag – Du!!! Ich weiß noch gar keinen anderen Namen dafür – vielleicht hat mein Herzlieb einen – Geburtstag, das war doch für uns als Kinder ein Tag ganz besonderer, eigener Freude – und zwei Geburtstage an einem Tage? – Du und ich?!! – Deine und meine große, eigene Freude, sie kann bei Kindern nicht größer sein, unsere Freude zusammen? Oh Herzlieb, muß das eine große Freude sein – jetzt schon, über alle Freude – und dann? Oh Geliebte, Holde mein!!!!! !!!!! !!!

Und jetzt ist wieder Sonntag, da ich weiterschreibe - vor Tau und Tag, Herzlieb! Jetzt ist es ganz still, jetzt kann ich ganz allein sein mit Dir; aber ich laß Dich heute fein ausschlafen – hast doch Ferien! – bloß ganz leis und lind muß ich einmal hinübersehen nach dem geliebten Antlitz, aus dem mir alle Liebe und alles Glück strahlt, und jetzt schaut gar nicht viel heraus davon – Du!! Du! – und nun hör ich bloß den langen ruhigen Atem, ach wenn ich den nur neben mir hätte immer!,  und bin schon so glücklich darum, er kommt von meinem lieben, geliebten Herzlein!!! Ich weiß: So sehr es sich auf diese Sommerfrische gefreut hat, es wird doch immer ein wenig abwesend sein – beim Liebsten in der Ferne. Herzlieb, so geht es mir nun, seit ich Dich kenne, immer, wenn ich Dir fern sein muß. Ganz froh kann ich nur sein an Deiner Seite! Herzlieb! In Schmilka war es und nahe dabei, daß Dir der Abschied so schwer fiel und dunkle Schatten Dich bedrängten einmal. Ach, ein so düsteres Bild schautest Du, daß es mich ganz traurig machte. Und es war doch nur ein gefürchteter, kein wirklicher Schatten, und es war ein Gottversuchen. Geliebte! Es ist überwunden – nie werde ich das vergessen.

An ein anderes [sic] möchte ich Dich noch erinnern, an ein Frohes, Du! Besinnst Dich noch? Ich glaub, über die hohe [sic] Liebe waren wir gestiegen, es war zu Deinem zweiten Besuch in Lichtenhain. Lange haben wir suchen müssen, bis wir sie fanden – Du, wenn wir sie heute wieder erstiegen, und wären dann dort allein, da müßten wir uns doch erst mal ganz sehr drücken – ach, Geliebte, das stand damals noch alles unausgesprochen und unerfüllt, aber heiß ersehnt, vor uns, schmerzlich süße Seligkeit des Frühlingsahnens. Als wir aber dann weiterschritten in der Waldeinsamkeit waren wir doch ganz froh – wir waren uns wohl begegnet mit unserem Sehnen – und dieses Frohsein konnte sich doch zuletzt gar nimmer verbergen – und auf dem Weg zum Aufzug, sind wir wohl zum ersten Male Arm in Arm gegangen – und haben die Menschen ein wenig schon angeschaut, ob sie unser junges Glück wohl erraten möchten, Du!! Und in der Dämmerung auf dem Wege am Elbstrom, da waren wir doch so glücklich!

Aber an ein noch viel größeres Glück erinnert Dich doch das Elbhäusel selber – Du!!! Du!!!!! Ob wir noch so glücklich sein können miteinander? Du! Noch viel glücklicher waren wir schon – und werden es wieder sein, Geliebte!!!

Möchten all diese Erinnerungen Dich ganz froh umfangen und froh machen darüber und  gewiß! – daß Dein Mannerli sich tief und rein und jung mit Dir freuen kann – es ist doch auch seine erste Liebe, und seine einzige, die Liebe zu Dir!!!!!

Ach - Dein Mannerli hat doch innerlich so gebebt und gezittert wie Du – vor Freude und Verlangen – und wenn es so ausgesehen hat, und wenn es selber so gesagt hat, als sei es erhaben darüber – Du, Du!!! Ach Du hast mich gewiß durchschaut damals – und hast meinen Wunsch verstanden – und daß Dich das Mannerli nur verführen wollte -  - es hatte damals doch noch einen unerfüllten Wunsch!!!!!

Aber sooo groß war unser Glück schon damals, oh sooooo groß, Geliebte!! Geliebte!!!!! Glücksbringer mein!!!!! Ich habe mich meines Lebens schon immer gefreut – schöner, als ich es lebte bisher, hat es mir vorgeschwebt immer – aber nun, mit Dir, nun dünkt es mir  tausendmal schöner und reicher und köstlicher!!! Und wie ich auf um Klarheit und Wahrheit und Schönheit und Gleichklang in meinem Alleinsein mich mühte – in unserem gemeinsamen Leben kann ich mir doch nur alles Gute denken, Du!! Du!!! Ein kleines Meisterwerk soll es doch werden, unser Leben! Mit Dir daran schaffen und wirken, es dünkt mir eitel Lust und Sonnenschein! Und jeder kleine Schatten, jeder Mißton – sie stoßen auf die starke Abwehr dieses hohen, guten Willens – sie schwinden in nichts vor unsrer großen Liebe! Herzlieb! Sie hat sich im Alltag kaum noch bewähren können – aber auf nichts freue ich mich doch mehr, als auf diese Bewährung!!! Oh Geliebte!!! Ich glaub, sie ist gar groß und mächtig in uns, diese Liebe!!!!! Gar groß und mächtig, Du!!!!! Gott erhalte uns demütig in unserem Glücke. Er sei mit Dir auf allen Wegen und führe uns recht bald zum gemeinsamen Leben!!!

So, jetzt muß ich meinem Schätzel aber einen ganz lieben Kuß geben – vielleicht paßt er gar in seinen Traum? Oh, Dein Hubo ist ja so glücklich darum, daß er bei Dir sein darf in Deinen Träumen, Du!!! und mit dem Kussel gar nicht allein? Du!! Du!!!!! Aber lieber darf ich jetzt nicht küssen, sonst wacht es auf, mein Engelein, mein Herzlieb – ist doch jetzt im Himmel und holt Sonnenschein und Liebe und Seligkeit für den neuen Tag – für – – für? – – – für mich? Für den [Roland]?!!! Oh Geliebte! Mein liebes Weib? Für mich!!! Mein!!!!! Ganz mein!!!!! Und ich bin in Ewigkeit Dein [Roland]!!! Du!!!!! !!!!! !!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946