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Briefkorpus

Mittwoch, den 9. Juli 1941

Mein liebes, teures Weib! Mein liebe, liebste [Hilde]!

Nun muß Dich erst einmal ganz lieb und dankbar an mich drücken – Du!!! Du!!!!! Für Deinen lieben Boten, in dem Du mir hilfst Trost finden in diesen Tagen. Herzlieb! Er war ja schon eher bei mir als nun Deine lieben Zeichen – Du weißt, wie er kommt mit dem Strahle und Strömen unsrer Liebe, mit dem Liebgedenken!

Über welches Dunkel möchte das Glück unsrer Liebe nicht obsiegen? Herzlieb! Ich halte es fest bis zum letzten Atemzug! Und nun wir um Gottes Güte und Gnade wissen, sie wird auch in der höchsten Not unsre letzte Hoffnung sein. „Wo so viel heißes Wollen ist, da kann Gottes Gnade nicht vorübergehen“ – Du! Geliebte! Das glaube auch ich.

Herzlieb! Ich erkenne froh, daß Du im Glauben Kraft und Trost findest. Es ist kein besserer sonst. Seit Du Liebe mir an die Hand gegeben bist, seit ich das Glück unsrer Liebe im Herzen trage, seit ich Ausschau halte nach unser beider Weg, seit das Leben mir reicher erblüht ist – ist auch mein Glaube erst recht wach geworden. Wir können unser Glück nicht fester gründen als auf dem Glauben! Und das will ich doch! Ganz fest es gründen, unser Glück, Geliebte! Weil es mir so viel bedeutet! Oh Herzlieb! Es dünkt mir sooo sooooo groß, unser Glück, daß doch das Herz es kaum fassen kann, daß wir fürchten müßten, übermütig darum zu werden, oder fürchten, daß es uns genommen werden und zerbrechen könnte, wenn wir nicht Gott es anbefehlen möchten.

Herzlieb! Geliebte!! Du!! Du!!! Du stellst es mir so beglückend wieder vor, unser großes, reiches Glück; mein ganzes Glück: „Um Deinetwillen kann ich so stark sein – um Deinetwillen nur verliere ich niemals den Mut! Mein ganzes Sein gehört Dir! Ob in Armut – in Wohlstand! Ach [Roland]! Geliebter! Was gibt’s? Ich bin der glücklichste Mensch auf Erden, an Deiner Seite! Wir haben die Kraft, uns ein Leben aus eigener Kraft zu zimmern! Ich bin bei aller Schwere dieser Zeit so frohgemut! Ich liebe Dich!“ Geliebte! Ich könnte es nicht anders bekennen als Du!! Herzlieb! Du!! Du!!!!! Und das ist unser großes Glück! Du! Mein liebes, liebes Weib!! Wie soll ich danken? Wie soll ich meinem Jubel Ausdruck geben? Du!!!!! Du!!!!!!!!!!!!! Du hast mich ja sooo unendlich lieb!

Mein Weib bist Du! Mein liebes Weib! So jung Du bist – so reich bist Du, so liebereich. Geliebte! Mit Dir will ich gehen bis ans Ende dieser Welt! Bei Dir ist Liebe und Wärme und Güte – und Halt und Trost. Auch Trost, reicher Trost, ja, Du, geliebtes Wesen! auch für Dein großes Mannerli – ich darf zu Dir kommen mit meinem Schmerz – und darf mein Haupt in Deinem Schoße bergen – Heimat bist Du mir um Erfüllung [sic]!  Aber mein Glück wäre nur halb, wenn ich nicht gewiß wäre, daß ich Dir das nämliche bedeute, wenn ich Dir nicht auch Halt und Erfüllung sein könnte. Du! Du!!! Und Du sagst es – und bist es – und ich fühlte es – froh bist Du! frohgemut auch in dieser schweren Zeit – Herzlieb! Ich habe auch nie daran gezweifelt. Und ich bin froh mit Dir! Weil Du auf mich wartest! Weil Du mir die Heimat bereitest! Weil Du mit mir gehen wirst! Weil Du mich so lieb hast!!! Herzlieb! Geliebte!! Ich gehöre Dir! Ich kehre Dir zurück! Ich will mit Dir leben! leben!!! Gott walte es!!!

Herzlieb! Im selben Boten schreibst Du mir, wie Du nicht warm werden konntest in Dehsa – und wie schön es wieder war in Lichtenhain. Ist es nicht eigenartig? Es ist kaum schöner und reicher ausgestattet, unser Glückshäusel. Aber soviel Licht und Sonne und Wärme wie es ausstrahlt und in sich birgt – Du! Es ist ein richtiges Glückshäusel, das Allerschönste in Lichtenhain neben dem Försterhäusel an der Straße. Und wenn Frieden ist – in den kleinen Ferien zu Pfingsten oder im Herbst – Du! Da kehren wir wieder einmal dort ein wenn Du gern magst, ja? Du!!! Dann gehen wir sie einmal wieder, die Wege unsrer ersten jungen Liebe – und neue, schöne dazu! Und kehren dann ein bei den lieben H.leuten – und wenn wir gern allein sein mögen – dann steigen wir miteinander hoch, die steile Himmelsleiter. Und Du bist mein Engelein! Nimmst mich mit in den Himmel? Darf ein Büblein nicht mit hinein – macht doch bloß lauter Dummheiten! Aber ich versteck mich unter Deine Flügel, wenn es durchs Tor geht. Ja?! Sind die Englein nun eigentlich Buben oder Mädel? Ach, wenn es Buben sind, da möcht ich gar nicht mit in den Himmel – da nehm ich doch lieber mein Herzlieb an die Hand und geh mit ihm ins vertraute Stübel. Herzlieb! Es weiß so viel zu erzählen von erster Seligkeit – aber es wird nur noch größeres, schöneres Glück umschließen nun! Du!!!!! Du!!!!!!!!!!!!!

Hast die liebe Mutsch ganz fein angespannt und ihr nicht wenig zugemutet. Sie wird mir von ihren Eindrücken berichten. Hat sie nicht gestaunt darüber, wie fleißig wir sparen? Du! Ich freue mich mit Dir darüber! Hast nun in Deinem Urlaub doch wieder so viel bedacht – und besorgt. Ein rechtes Ausspannen, dazu ist es nicht gekommen. Wo könnte man auch des harten Schicksals jetzt ganz vergessen? Herzlieb! Ich könnte es nur bei Dir! An Deiner Seite!

Als ich am Sonntag aus dem Lichtspielhaus trat, aus dem Soldatenkino, da war ich doch so zu Hause gewesen im Mitgehen mit dem Spiel auf der Leinwand, daß ich mich doch erst wieder richtig zurechtfinden mußte. Ein guter Film kann auch Kulturträger sein. Weil ich denke, daß Du den Film „Mutterliebe“ kennst, mag ich ihn nicht im Inhalt wiedergeben. Die vier so verschieden gearteten Kinder mit so auseinandergehenden Charakteren und Interessen könnten einem bange machen – und wie wenig die Kinder der Mutter beistanden in ihrer schweren Lage – das war doch etwas verzeichnet. Weißt – ein bissel wurde ich an Onkel Erich erinnert.

Kinder recht zu ziehen ist wohl eine schwere, aber doch auch schöne Aufgabe, die allen guten Eltern dem Herzen am nächsten liegt. Geliebte! Will’s Gott, wird sie die schönste und vornehmste unsres Lebens sein! Unsre Kindlein! Von Deinem und meinem Wesen! Mit Freude und Dank zu Gott werden wir sie empfangen! Mit all unsrer Liebe sie umhegen! Und mit dem hohen Willen und Streben zu einem guten Leben werden wir gemeinsam, Hand in Hand, an die schönste Aufgabe des Lebens gehen! Und wenn uns dieses Glück versagt bliebe? Unsre Liebe wird uns tragen über Freud und Leid! Mit Dir will ich gehen! Was mein ist[,] ist auch Dein! Gemeinsam ist uns nur noch alles, Freud und Leid! Was Dich trifft, trifft auch mich!

Gott behüte Dich mir! Er sei mit uns und segne unsern Bund! Er führe uns recht bald zusammen!

Bald fasse ich die lieben Hände wieder! Herzlieb! Etwas ganz Liebes hüte ich, Du! Du weißt es! Dein Bild! Dein liebes Bild! Wie ich mich freue! Aber noch viel, viel mehr auf unser Wiedersehen! Du! Ich küsse Dich! Ich halte Dich ganz ganz fest! Du bist mein, mein! Herzlieb!!!!!!!!!!!!! Und ich gehöre Dir ganz!

Dein [Roland]! Du!!!

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Autor Roland Nordhoff
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Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946