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Briefkorpus

Montag, der 28. Juli 1941

Mein liebes, teures Herz! Herzlieb, Geliebte mein!

Du, nun geht’s mit Riesenschritten auf das Monatsende. Und der Augustmonat – wird uns glücklich zusammenführen? Gott gebe es! Es ist ein Kämpfen um den Urlaub, kannst Dir vielleicht denken. 200 Mann sind wir. Vorerst dürfen nur 5% fahren. Wenn ich da also mit unter den Ersten bin, dann bloß – weil ich ein liebes Frauchen habe, Du!!!

Nein, aber nach dem neuen Plan ist es doch gar nicht mehr lange hin – kaum noch 3 Wochen – da muss ich mich nun schon fleißig kümmern. Am Freitag kann ich endlich mal nach dem Plisseerock ausziehen. Du! Der braucht ja viel Stoff! Wer soll den in den vielen Falten stecken? Oder will mir mein Herzlieb eins vortanzen, wo dann zuletzt das Köpfchen wie ein Karrusseldach auffliegt [sic]? Ob Wolle denn sich so dauerhaft in Falten legen lässt? Na, ich kaufe – und wenn es nicht richtig ist, wickeln wir uns eben ein und stecken es dann vorne zu wie die alten Römer oder Griechen. Weißt, wenn ich an die mancherlei Wünsche noch denke, ich denk doch immer nur an Dich dabei! Du!! Aber allen kann ich auch keine großen Geschenke mitbringen, dazu langt ja mein Geld nicht – ach die Schenkekraft ist ja so begrenzt – die langt doch noch gar nicht aus für mein Herzlieb! Du bist doch nun auch meine Frau! Und müsstest ja eigentlich schon für Dich wohnen, und da würden die anderen ja gar nicht sehen, was ich Dir mitbringe. Aber nun – ach, ich denke, sie neiden es uns nicht, sie freuen sich mit uns. Es ist so schwer, Vater und Mutter zu beschenken – viel schwerer als mein Herzlieb. Von Dir weiß ich doch so viele Wünsche! Und wo ich gehe, sehe ich mit Deinen Augen – überall schaue ich aus, womit wir unser Heim schmücken könnten.

Das Mannerli, kann ich mir denken, ist auch schwerer zu beschenken – ich mein jetzt ein ganz bestimmtes Schenken, du weißt schon. Aber das wird leichter werden, je besser Du meine Wünsche kennenlernst. Ach, das Weiberl lässt sich so leicht beschenken, wen[n] man viel Geld hat. Das Mannerli will das Weiberl schmücken – wo es doch schon sooo schön ist – komisch. Aber es ist schon ein Unterschied zwischen Schenken und Schenken.

Du, das sind sooo kleine Sorgen vor dem Glück eines frohen Wiedersehens! Ach, alle Geschenke lasse ich fahren, wenn ich nur zu Dir kann – lieber in Armut bei Dir, als in Reichtum von Dir getrennt! Geliebte! Und darin sind wir doch ganz eines Sinnes!!! Ach, die Menschen mögen uns alles nehmen – (was unser Recht ist[,] werden wir verteidigen) – wenn Gott uns nur beieinander lässt! Oh, der Vater im Himmel weiß, wie lieb wir uns haben – er wird uns beistehen!– Wenn ich nur bei Dir bin! Dann habe ich Mut und Willen zu leben, dann wollten wir uns herausrappeln auch aus der dicksten Not!

Von dieser Not ist aber jetzt gar nichts zu sehen. Es geht uns gut – mir und auch euch. Ach, manchmal denke ich doch in Sorgen nach Hause, ob ihr auch satt werdet, denke an Dich, daß Du auch nicht abmagerst und schwach wirst. Im Weltkriege haben wir ja viel Schwereres noch ertragen, die hatten an Portionen an Fleisch und Fettigkeit wie jetzt – noch viel mehr Mangel. Und man darf hoffen, daß, wenn dieser Krieg wirklich noch länger dauert, daß durch die gewonnen Ostgebiete und ihre Erträge eine Hungersnot und eine Verschlechterung der Ernährungslage nicht eintritt. Immerhin, ehe ein Land über den Eigenbedarf einen Überschuß für die Ausfuhr abwirft, müssen die Verhältnisse in Wirtschaft und Verkehr schon wieder gute sein.

Die Griechen hier haben jetzt Mangel an Brot. Griechenland kann sich nicht selbst ernähren, es hat zu viel ödes Land und Gebirge. Ich schrieb es wohl schon einmal, daß die Griechen hier im Mittelmeer die Fuhrleute sind. Sie haben eine unverhältnismäßig große Handelsflotte und verdienen so durch Handel und Tausch hinzu, was das Land ihnen versagt. Ich glaube, die Griechen essen bedeutend weniger als wir, und für dieses Klima auch vernünftiger. Im Lokal sieht man oft eine ganze Familie von 4 Köpfen von 2 Tellern stochern, ein paar Fieder [sic] Fleisch, ein paar Scheibchen Gurke, Tomate, Pfirsich. Ganz bestimmt sind sie klüger im Trinken. Meist sitzen sie bei einem Glas Wasser oder einer Limonade – beim Wein sieht man sie höchst selten und gewiß halten sie besser Maß im Trinken. Wir wollen den Durst mit Gewalt löschen – und bringen uns damit nur in Schweiß, der neues Durstgefühl verursacht.

Nun[,] wenn wir noch ein paar Jahre hierbleiben müssten, wollten wir es schon besser lernen. Aber dann müsste mein Weiberl mit herziehen. Ach Du! Wir wollen uns mit so düsteren Gedanken unseren Mut und Willen zum Durchhalten und unsere Dankbarkeit und das Vertrauen zu Gott nicht erschüttern lassen. Wenn er will, kann alles auch rasch eine Wendung nehmen.

Ach mein herzliebs Weiberl! Freust Dich auch schon auf den Urlaub? Leise erst noch – aber doch ganz – ganz sehr – oh, das ist doch gar nicht zu sagen! Das Kalendermannerli? Es passt schon fein auf. Ach, wenn das liebe, liebste Weiberl nicht winken tät, da käm es doch bald außer Rand und Band! Und warum winkt denn mein liebs Weiberl? Du! Du!!! Weil es mich liebt! Weil es mich liebt! Weil es mich liebt! Oh Geliebte!!!!! Und weil es auch sich sehnen muss so wie ich! Herzlieb, Du!!! Was das Kalendermannerli zum neuen Urlaub sagt? Du!!! Du!!!!! Zweimal hat’s sogar gewinkt!!! Ach, und wenn es gar nicht gewinkt hätte, nun bei drei Wochen wäre ich auch so gekommen.

Hoffentlich kann ich Dir nun bald ganz Gewisses sagen. Ich denke in den nächsten Tagen.

Heute ist kein Bote von Dir gekommen, werden morgen dafür zwei kommen. Und mein Lieb wird unterdessen auch Nachricht bekommen haben, ich habe doch alle Tage geschri[ebe]n. Und nun, mein liebes, treues Weib, lass Dir die Hände drücken von Deinem [Roland], dankbar, froh und glücklich. Er ist so froh, Du mußt es fühlen – weil er Dich hat – weil ich Dich habe!, Du, meine [Hilde]! Mein Herzlieb! Mein liebes, schönes, junges Weib! Mein bester Lebenskamerad – ach, mein Leben, mein Glück, mein Sonnenschein, mein Ein und Alles!!

Ach, ich habe Dich sooooooooooooo lieb, Du, Du!!!!!!

Bald will ich zu Dir kommen! Und ganz Dein sein – Dein [Roland] – und Du wirst ganz mein sein? Oh – Geliebte!!!!!!!!!!!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946