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[OBF-410806-001-01]
Briefkorpus

Mittwoch, den 6. Aug. 1941

Mein liebes, herzliebes Schätzelein, Du!!! Du!!!!!

Heute bin ich ja sooo überreich beschenkt worden – Geliebte! Geliebte!!! Oh ich muß mich ja ganz sehr zusammennehmen, daß ich brav bleibe, wenn Du mit sooo soooooviel Liebe zu mir kommst! Und in so süßen Bildern, Du!!! Weißt, nun wünsch ich mir ja für den Urlaub ein paar ganz heiße Sommertage – und wenn da keine kommen, mach ich ja so ein Feuer im Ofen – daß ich mein Schätzel einmal in der Sommeruniform schaue, Du!!! Du!!!!! Für das Mannerli würden wir schon auch eine zusammenstellen, ja? Du!!! Fehlt nur noch ein großer, großer Garten mit einer Hecke riesengroß darum – darin könnten wir dann tollen – ach weißt, wenn wir den Garten nicht haben, dann nehmen wir eben die große, weite Welt als Garten! Wie Du mir gefällst? Du!!!!! Du!!!!!!!!!!!!! Du bist doch mein allerfeinstes, allerliebstes, allersüßestes, allerschönstes Schätzel der ganzen Welt!!!!! Du Bösewicht! Du Schlauberger! Läßt das Mannerli sich bald die Augen verdrehen an den schwarzen Negativen – die liebe Sonne lacht schon ganz schadenfroh – na wart nur – nun hast Dein Mannerli nur neugieriger gemacht – das wolltest Du wohl gar? Du!!! Du!!!!! Ich will schon alles finden, was Du mir versteckst – wenn ich bei Dir bin!!!

Ach Geliebte! Nun bin ich doch sooo froh, daß die beiden Nachzügler unter Deinen Boten gekommen sind, die vom Sonnabend und Sonntag. Sie künden mir alle beglückend Deine große, tiefe Liebe! Unser hohes, reiches Glück! Und sie geben mir doch Antwort! Und Widerhall und Widerschein! Oh Du!!! Eifersüchtig wache ich über all den Zeichen Deiner Liebe! Oh Herzlieb! Wie soll ich Dich dessen doch versichern, daß sie mir alle sooo vieltausendlieb sind? Du mein liebes, goldiges, herziges Schätzelein!!! Und so geht es mir doch ebenso wie Dir, daß wir an manchen Tagen nicht einmal die rechte Zeit an Stunden haben, vielweniger [sic] noch Muße, einander sooo lieb und innig zu denken, wie wir uns das wünschten! Oh Du lieber Herzensbub, laß Dir doch alle ärgerlichen Gedanken wegküssen von Deinem Mannerli! Wenn Du nur sehen könntest, wie es strahlt, wenn Dein lieber Bote kommt – und wie sein Herz vor Freude sich kaum zu fassen weiß, wenn Du gar so reich zu mir kommst wie heute! Ist doch ein richtiger Festtag mitten in der Woche! Hat das Mannerli sooo brav gefolgt? – Oh, es will jetzt ganz brav sein bis zu unserem Wiedersehen, Du!!! Ach Du! Nun winkt doch mir auch wieder ein Ziel – nun kann ich alle Sinne spannen, und sie sind schon gespannt, auf den Tag unsres Wiedersehens! Und das macht mir das brav sein viel leichter! Herzlieb! Nun habe ich Dich doch ein wenig enttäuschen müssen, weil ich erst später kommen kann, so ungefähr, wie ich erst schrieb. Du wirst es recht aufgenommen haben und nun kannst Dir ein bissel länger Zeit lassen zu allem. Oh Du!!! Du!!!!! Wie sehr kannst Du Dich freuen – so lieb und dankbar, Sonnenkind, mein!!! Wie Du mich liebst, wie sooo sehr Du mich liebst!!!!! Geliebte!!! Geliebte!!!!! Du wirst mich müssen ganz ganz festhalten, Du!!!!!!!!!!!!! Und ich? Oh Herzlieb! Wenn ich das Glück sehe in Deinen Augen, all mein Glück – Du!!! Du!!!!! – ich werde müssen bei Dir bleiben – Geliebte!!!!!!!!!!!!! Geliebte!!!!!!!!!!!!! Ja! Du!!!!!!!!!!!!! Oh Du! Mein liebe, liebste Hilde! Gott steh uns bei in Gnaden! Herzlieb! Siehst, daran hab ich gedacht, als ich Dir davon schrieb, Du möchtest einmal den Arzt zu Rate ziehen. Du hast mir in Deinem Boten alles so lieb dargelegt – und wir werden noch einmal Aug in Aug alles bedenken, ja? Du!!!!! O Du! Du!!!!! Ich muß Dich ja sooo lieb haben! Ich muß mich ja sooo sehr sehnen, Herzlieb, Herzlieb! Wenn ich Dich auf dem Bilde schaue – oh Geliebte, Geliebte!!!!! Daß ich Dir so ferne sein muß! Du liebes, junges Weib! Und meins! Mein!!! Du!!! Du!!!!!

Oh, ich möchte Dich doch gleich beschenken mit dem aller-allerliebsten – weil ich Dich sooo lieb habe, Du!!!

Ach Herzlieb! Du! Die 3 schwarzen Bilder sind doch auch geraten, bloß ein bissel unscharf. Und Du! Du!!! Auf den Soldaten neben dem lieben Girl [sic] bin ich ja ganz eifersüchtig! Ist das nicht schlimm? Da wimmelt und kribbelt es in der Welt nur so von Weiberln – und da ist ein Matrose mit langen Bändern an der Mütze, der härmt und grämt sich da um eben die Eine. Du! Unsre ganze große Stube könnte vollstehen mit lauter verführerischen frechen, blonden und schwarzen, ich tät mich nicht drum scheren und rührte keines an und der Schmerz meines Sehnens riefe nur lauter nach Dir! nach Dir!!! Geliebte!!!!! Du! Du!!! Ich habe Dich sooooo lieb!!!!!!!!!!!!! Du! Herzlieb! Was müßte das für ein Freuden= und Glückstag sein, an dem wir uns beide mit dem Allerliebsten beschenken wollen!!!!! Du!!!

Oh Herzlieb! Wohin soll ich heute fliehen mit all meinem Sehnen, mit meiner Liebe! „Wenn ich ein Vöglein wär!“ Oh Herzlieb, wie wollt’ ich fliegen! fliegen!!! Und wenn ich bei Dir wär, wollt' ich doch wieder der Hubo sein – ach, ich wär schon so froh, wenn ich jetzt eben nur als Vöglein neben Dir sitzen könnte – und Dir ein paar wunderfeine Liedlein singen, daß es Dir gefallen und auffallen müßte. Und dann ließe ich mich doch einfangen und würde so lieb das Köpfchen drehen und aus den Guckäuglein schauen, daß Du das Vöglein ganz lieb haben müßtest!

Oh Herzlieb! Du!!! Fühlst Du es denn, wie so lieb ich Dich habe? Ganz froh? Du??? Du!!!!! Wie unendlich viel Du mir bedeutest?!!! Ach Du, wie es mich mit geheimnisvoller Macht zu Dir drängt, zu Dir?!!! Du! Ich will Dich doch ganz einnehmen mit meiner Liebe!

Ach, liebes Weib! Wie wir einander doch sooo liebhaben müssen! Ganz närrisch und eifersüchtig könnt ich sein vor Liebe! Ob auch ein and[e]rer Dich so lieb haben könnte? Ob auch andre von Deiner Liebe so tief berührt würden?

Ach Herzlieb, Du!!! Du könntest ja ebenso fragen!

Ich kann nur Dich so liebhaben! Nur Dich! Herzlieb!!!!!! Warum nur Dich? Für das Wundersame uns[e]rer Liebe gibt es darauf gar keine Antwort! Weil ich nur eben Dich so liebhaben muß! Weil ich es mit andern noch gar nicht versucht habe? Und warum versuchte ich es nicht mit anderen, warum zögerte ich? Ach Herzlieb! Du weißt es doch! Ich frage doch nur zum Spiele jetzt, um all meiner Freude, all meinem Glück einen Weg zu bahnen!!!! Ich weiß, daß Du mich ebenso tief und heiß und eigensinnig liebst wie ich Dich, daß wir beide diese Liebe hüten als unseren kostbarsten Schatz, als ein Geschenk des Himmels! Oh Du!!! Ich bin Deiner Liebe ganz froh gewiß! Du!!!!!

Ach Herzlieb! Wovon soll ich Dir noch schreiben heute? Ich mag doch Deine liebe Hand noch gar nicht loslassen heute – aber die große Herzensfreude drängt doch alle Gedanken in den Hintergrund – mag am liebsten doch nur von unserem Glück träumen, Du!!! Drei Wochen noch, dann steht das Mannerli am Urlaubstor! Blau ist es dann angezogen – weiß darf es nicht fahren, das ist verboten; aber Bluse und Mütze bringe ich mit, damit ich mich Dir mal im Staat präsentieren kann!

Ach Du, der Augenblick, da die Räder zu rollen beginnen, 2140 [Uhr] fährt der Zug jetzt hier ab, Herzlieb – zu Dir, zu Dir!!!!! Und diese Freude wird mir doch die Fahrt verkürzen – und ich werde etlichemale [sic] ganz für mich im Gang stehen müssen, damit die Freude ein wenig abfließen kann. Und wenn das Zügle dann deutschen Boden erreicht – Du!!! Du!!!!! Und die letzte Strecke, da wird es doch gar nimmer schnell genug gehen – hu – die vielen Kilometer und Schienen!– Aber das letzte Stück geht es doch auch am schnellsten – auf der deutschen Eisenbahn. Und telegraphieren will ich meinem Herzlieb! Weißt, jetzt will ich Dir mal einen Feldzugsplan entwerfen – ach Du! Weil es mir Freude macht. Hör zu! Ich schrieb Dir doch schon, daß ich die Wahl habe von Wien an an [sic] über 3 Linien. [Ich] Weiß nun nicht – ob ich es darf – aber wenn es angeht, will ich über Passau fahren. Alle Fahrplanangaben, die ich jetzt mache, entnehme ich meinem alten Winterfahrplan, die müßtest du erst nachprüfen!

Also Dein Mannerli kommt gegen Mittag, im frühen Nachmittag in Wien an. Tut sich sofort um nach der Weiterreise – und – ich nehme das jetzt an – darf über Passau fahren. Geht dann gleich zum Postamt und telegraphiert: „Wien, Passau, komme, Dein Mannerli.“ Um 1805 [Uhr] läuft mein Zug aus Wien. Kommt 358  [Uhr] in Hof an. Und dort, dort – könnt ich mein liebes Weiberl in Empfang nehmen!!!!! Das wär fein! Aber wie kommt es denn dorthin? Fährt nachts aus Chemnitz 020  [Uhr] ein D-Zug, kommt in Hof an 318 [Uhr]. Wenn dieser Zug aber viel Verspätung hat, müßte mein Weiberl schon in Plauen aussteigen, sonst fahren wir doch aneinander vorbei! Ach Herzlieb! Das ist nur ein Plan, der ja Dich so in Aufregung versetzte wie mich – aber aufgeregt sind wir ja beide ohnehin – und nun sehe ich mein Herzlieb schon sitzen, reisefertig, auf das Telegramm wartend – siehst, dann wärst wenigstens ein bissel so müde wie Dein Mannerli! Wär wacht dann wohl darüber, daß wir den ersten Tag ganz brav sind?– Du! Herzlieb! Mußt Dein strengstes Kleidel anziehen, hörst? Und abends müssen wir zwischen die Bettlein das Plättbrett stecken – wer nicht brav ist, rennt sich das Köpfche[n] ein – darf aber kein Astloch haben, das Brett, Du!!! Kussel geben dürfen wir uns schon, aber keine langen! Ich denk, Herzlieb! wenn wir den ersten Tag ganz brav sind, wird das Mannerli die Reisebeschwerden ganz schnell verwinden – und braucht dann mein Herzlieb nicht so viel Geduld zu haben, ja? Du!!!!!!!!!!!!! Nun behüt Dich Gott! Mein liebes, teures Herz! „In Gottes Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt.“ Darüber wollen wir auch unsre übergroße Freude zur Ruhe bringen. Gott schenke uns in Gnaden ein frohes, glückliches Wiedersehen!

Herzlieb! Ich liebe Dich so sehr! Ich bin ganz ganz Dein – und Dein darf ich sein – Dir ganz gehören! Mein Herzlieb!

Meines Herzens Königin, Du!!!!!

Dein [Roland]! 

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946