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[OBF-410813-001-01]
Briefkorpus

Mittwoch, den 13. August 41

Mein liebes, teures Herz! Herzlieb! Geliebte mein!!!

Freude ist in unseren Herzen, Geliebte, große Freude!!! Kaum, daß unser Herz sie all noch fassen kann. Freude aus Liebe, aus großer tiefer Liebe! Die leuchtet und strahlt aus Deinem lieben Boten, der heute zu mir gekommen ist – Du liebst mich sooo sehr!!! Du!!!!! So wie ich sehnlich heimzukehren wünsche – so wartest Du mein. So wie ich zu Dir kommen will mit aller Liebe – so willst Du mich empfangen! So wie ich dann ganz Dein sein will – so willst Du mein sein! Oh Geliebte!!! Heimziehen willst mich? – Du!!! Du!!!!! Es wird wohl ein Wettlaufen werden – – – nach Deinem Schloß, nach Deinem Heim! Nach meinem Schloß, nach meinem Heim!

Ich kann es doch manchmal noch kaum mehr erwarten – und tausendmal will sich das Bild unsres Wiedersehens vor mein Auge drängen. Du!! Du!!! Wie werden unsre Herzlein hüpfen vor Freude, wenn sie einander wiederhören – und dann erst, wenn sie einander wieder fühlen, wenn sie ganz ganz nahe beieinanderruhen, oh Du!!! Dann werden sie auch zittern – vor Liebe, vor Ungeduld, vor Wonne, zu verschmelzen in eines!!!

Oh Geliebte! Mein Atem geht doch ganz schwer, wenn ich daran denke und davon schreibe – wenn es nur schon so weit wäre!!! Fein, ganz fein gedulden müssen wir uns – und wir wollen einander dazu helfen! Schon ist der 13. Dreh die Ziffern herum – Du!!!!! Noch 10 liebe Boten müssen ihre weite Reise antreten – und dann – muß mein Herzlieb all seine lieben Gedanken für sich behalten – oder schreibst Dir die liebsten auf und schenkst sie mir dann, wenn ich bei Dir bin? Du!!! Du!!!!! Wie Dir um`s Herze ist und wie Du Zeit findest!

Morgen ist der 14. Holt mein Feinslieb das neue Röselein – und ist ein Schleifchen dran, steht drauf: für meinen [Roland]! ja? Du!!! Du!!!!! Oh, wie ich Dich liebe!!!!! Werd ich‘s denn finden, mein Röslein? Du!!!!! Geliebte!!! Wieviel Freude wird dann in mir sein! Ganz sehr liebhaben will ich Dich darum! Mein liebes, liebes Weib!!!!! !!!!! !!!

Morgen muss unser Kamerad K. wiedereintreffen. Er wird uns erzählen, wie schnell man zu Hause sein kann – und wie sich sonst alles abspielt. Und dann werden zu dritt wieder auch mir die Tage noch kürzer werden – sie sind ohnehin schon kurz genug – und die letzten 8 Tage ist doch d[a]nn alles nur noch einmal, der Montag, der Dienstag – – – und dann! Du!!! Du!!!!! Dann spannen sich vom Mannerli noch einmal alle Sinne, von einem mächtigen Wissen bewegt: zu Dir!!! zu Dir!!!!!  Aber Gottes Wille ist viel, viel mächtiger! Und sein Wille geschieht! Er sei uns gnädig und helfe uns zu einem frohen Wiedersehen!

Spannen sich dem Mannerli noch einmal alle Sinne – und dann, dann – werd ich erst einmal ausruhen müssen bei Dir, ich weiß nicht – Herzlieb! Herzlieb!! Oh, dann will ich mein Köpfchen in Deinen lieben Schoß legen – Dein Leib will ich sein – und dann sollen alle Sinne erst einmal entspannt sein und ruhen – bei Dir, bei Dir!!!Da können sie dann alle ruhen: erfüllt sind alle Wünsche, am Ziele bin ich, ruhen dürfen alle Sinne, keiner braucht mehr wach zu sein, vor meinem Herzlieb brauche ich keine Wache, unter seinen Augen darf ich sein, wie ich bin – Heimat, Heimat!!!!! Geliebte!!! Geliebte!!!!! Du bist mein Ein und Alles!!!

O Du!!! Wenn ich an unsre große Freude und Liebe denke – – dann muß ich sie in Verbindung bringen mit dem Gleichnis vom Arbeiten in Gottes Weinberg. Unsre Liebe soll keine taube Blüte sein – sie soll wirken und Früchte tragen. Sie soll uns nicht zum Selbstgenuss verführen und unser Abgott werden – sie soll unser ganzes Leben durchdringen und beflügeln, Gott zu Dienst und Ehre. Herzlieb! Wir stehen nicht in dieser Gefahr. Wir wollen unsre Liebe bewähren, wollen sie ganz sichtbar werden lassen, wollen sie mittenhineinstellen [sic] in die bunte Welt, frohgemut im Vertrauen auf Gott. Wir haben beide schon richtig geschafft, ehe wir uns fanden – und dieses Schaffen ist uns Bedürfnis, es trägt uns vorwärts – nur, daß wir nun zusammenschaffen – oh Geliebte – wieviel lieber, wieviel froher und sonniger, denke ich! Und so wird unsre große Liebe auch hinauswirken – ganz von selber. Ach, und wo Liebe sät [sic], da blüht viel neue Liebe auf – alle strahlt sie zurück! Und was von meinem Schaffen gilt, gilt auch von Deinem. Ich weiß beglückt, wie Du darauf brennst, mir das Heim zu bereiten – ganz lieb, ganz lieb und auch, wie ich es ersehne! Und wie Du Dich darauf freust, mich zu umsorgen, mich und unsre Kindlein, Du!!! Du!!!!! Unsre Kindlein, die wir beide uns wünschen, sie werden uns am ersten bewachen vor der Gefahr der Taubheit unsrer Liebe – sie werden all unsre tätige Liebe fordern, täglich aufs neue uns Aufgaben stellen – die liebsten und schwersten Aufgaben wohl, die an Menschen gestellt werden – die eigenen Kinder erziehen und auf den Lebensweg bringen. Geliebte! Dies alles steht uns bevor – ein reiches Schaffen – und wir fürchten und scheuen es nicht – allmählich werden diese Aufgaben sich steigern und an uns herantreten, und Hand in Hand werden wir froh an ihre Lösung gehen! Und kein Kummer und kein Fehltritt soll uns je den Blick trüben können oder die Quelle all unseren frohgemuten Schaffens verschütten; unsre Liebe! Wenn sie dann auch viel mannigfacher sich teilt und in Erscheinung tritt, so bleibt sie doch im ganzen unsre große, tiefe Liebe! Und der Kern dieser Liebe, das heißeste der Liebesflammen, das ist das Liebhaben von mir zu Dir, von Dir zu mir.

Herzlieb! Du magst gar nicht ermessen, daß ich sooo glücklich bin, mit Dir all das zu erleben – sooo soooooo glücklich – daß Du wie ich so groß und ganz und gläubig unsre Liebe willst, daß sie uns ein Heiligtum ist, daß unsre feinsten und tiefsten Empfindungen sie umkreisen, daß wir uns darin ganz verstehen. Daß wir einander darüber schreiben und darüber sprechen dürfen ohne eine Spur des Mißverstehens. Es ist nur möglich, weil es unsre erste Liebe ist und weil ihr Bild vordem schon so groß und hehr in uns lebte! Zu keinem anderen Menschenkinde hätte ich Zutrauen darin – und ich fände auch keines, das so wie Du mit mir zusammenstimmt – und es hängt doch an diesem innigsten Verstehen das tiefe Liebesglück! Oh Du!!! Du!!!!! Möge Gott unsre Liebe fernerhin segnen! Möge er mir Dich erhalten!!!

Herzlieb! Herzlieb!! Bald, bald soll unser Bund wieder sichtbar werden – nach sooo langer Zeit des Wartens und Geduldens. Und wir wissen beide dankbar, daß es in unsrer bösen, harten Zeit ein großes Geschenk ist. Eine höhere Gewalt ist dieser Krieg – wir hatten noch vor 5 Jahren nicht mit ihm gerechnet. Aber dunkel war es schon immer um uns und über uns – und dennoch sind wir sooo glücklich geworden, trotzdem ist sie sooo herrlich erblüht, unsre Liebe – und sie spendet uns Kraft – und hilft uns nur gläubiger aufschauen zu Gott – sie darf uns ein Zeichen sein von Gottes großer Güte – unsre Liebe in dieser haßerfüllten Zeit! Gott wird uns auch fernerhin in Gnaden beistehen.

Nun sei ganz lieb geküßt – Du!! Du!!! Herzlieb mein!!!!!

Ich bin in unverbrüchlicher Liebe und Treue Dein [Roland] –

Und Du bist mein liebes, liebes Weib! Mein!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946