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[OBF-410817-001-01]
Briefkorpus

Sonnabend, den 16. August 1941

Herzensschätzelein! Geliebtes Weibchen! Du!!! Du!!!!!

Ach, ist es denn so klein, mein Herzlieb? Daß mir nur die chen und lein gefallen mögen? Ist doch alles sooo groß an ihm: die Ärmchen und Händlein, und die Beineln und Füßeln – das Köpfchen ist ja nicht groß – und das Mündchen, grad recht zum Küssen – und das Herzelein – grad recht zum Liebhaben über alles in der Welt – ach Geliebte! Geliebte!!! Ich glaub, das Mannerli will es heut ganz lieb und zärtlich mit Dir meinen – wie immer – aber manche Tage doch mehr – wirst’s schon merken – später, Du!!! Geliebte! Nun darf ich doch auch zärtlich sein – mit Dir, mit Dir!!! Du!!!!!

Es ist heute noch ganz früh am Morgen. Das Mannerli ist schon ganz ganz munter und möcht schon eben gern sehen, wie sein Herzlieb aus den Guckäugeln schaut – und möcht es gleich anstecken mit seiner Freude und Sonne schon am frühen Morgen – und möchte seinen lieben Bub ganz lieb umfassen – aber ganz brav – sonst wird es doch ein ganz müder Tag und ein stiller Abend. Wer wird denn unser Wetter bestimmen? Am Wetter helfen doch beide, Männel und Weibel. Ist sie aus dem Häusel, wird – – – ich weiß es nicht – – – ich glaub da ist es aus dem Häusel, oder sonst kommt er gleich heraus. Du! Du!! Das wird aber ein putziges Wetter, da geht doch das ganze Wetterhäusel kaputt. Und ist er aus dem Häusel? – – – kann er denn das überhaupt, Dein Hubo? – – ich weiß nicht – aber freilich, ich hab’s doch schon gesagt.

Herzlieb! Ich habe von Dir geträumt heute morgen. Ich weiß aber nicht mehr was – aber Du warst dabei! Und darüber freue ich mich immer! Nun will ich Dir noch einen ganz langen, lieben Gutenmorgenkuß geben, Du!!! Du!!!!! Und dann zieh[‘] ich Dir die Turnhösel an – und dann wird geturnt – wo gehen wir denn da hin, daß die langen Ärmel und Beinel auch Platz haben, die vom Mannerli mit? Gehen wir gleich auf den Boden, da hören B.s es auch nicht so sehr bumsen.

Leb wohl: Herzlieb! Bloß mit der Tinte und nur für ein paar Stunden. Bist doch immer bei mir, im Herzkämmerlein, ganz tief drinnen – findst Dich nimmermehr heraus – gefangen – gefangen!!!!! Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Mein!!!!!

Herzlieb! Herzlieb! Wohin soll ich denn jetzt mit allem Jubel, mit aller Sehnsucht, mit aller Zärtlichkeit, mit aller Liebe? Du!!!!! Du !!!!! !!!!! !!! Geliebtes Weib! Herzlieb!! Geliebte, Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Du liebst mich so sehr! Sooo sehr! Du kommst zu mir und schmiegst Dich an mich, sooo nah, sooo lieb, so wundersüß!!! Du!!! Du!!!!! Mit Deinem ganzen unschätzbaren Vertrauen – mit Deiner wundersamen Weibesliebe! Du! Dem Mannerli steht doch der ganze Himmel offen – Du liebst mich unsagbar, unendlich und reich – oh Geliebte!!! Geliebte!!!!! Du machst mich zum reichsten und glücklichsten Mannerli der ganzen Welt – oh Du!!! Laß Dich wiederlieben von mir, Herzlieb! Geliebte!!! Ach, nun bin ich doch ganz närrisch, Herzlieb! Du! Du!! Soviel Heimliches, oh soviel Süßes sagst Du mir heute, Herzlieb!!! So lieb ziehst Du Dein Mannerli in das letzte Vertrauen – Geliebte! Wie wird mir denn? Du!!! Du!!!!! Bei soviel Liebe, bei solch großer Liebe!!!!! Ich darf Dir ganz ganz nahe sein – näher geht’s doch gar nimmer – Dir, meinem liebsten, herrlichen Weibe, Du!!! Du!!!!! Ach, nun sind doch alle Worte viel zu wenig, Herzlieb! Nun möchte ich doch bei Dir sein – und aus dem übervollen Brünnlein schöpfen – Du!! Du!!! Ja, das möchte ich – oh – sooo sooooo gerne!!! Und mein Herzlieb muß auch so sehr sich sehnen? Nach mir?!! Oh Herzlieb! Das ist wohl das Wundersamste und Liebste, das Du mir bekennen kannst! Du sehnst Dich nach mir! Du verlangst so heiß und sehnend wie ich nach dem Glück des Erlöstseins, des Naheseins, des Einsseins! Oh, alle Liebe will aufstehen bei diesem Gedanken, bei diesem Empfinden – Du!!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Ich muß bald zu Dir kommen! Dann soll es gar nimmer überlaufen – oh mein liebes Weib! Wieviel Glück, wieviel Wonne, wie viel Seligkeit erwartet mich bei Dir – Lohn unsrer Liebe, Frucht unsrer Liebe – so habe ich mich noch nie nach Dir gesehnt, so noch nie heimverlangt wie nun! Du! Oh Du!!!!! Welch liebes liebes Herz habe ich zu eigen! Wie tief und klar ist dieser Brunnen unsrer Liebe! Du!!! Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Herzlieb! Herzlieb!!! Ich will zu Dir kommen – ganz zu Dir! ganz zu Dir! Ich will Dich ganz beglücken – und noch schöner und beseligender und süßer soll es sein als im Traum – Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Geliebte!!! Geliebte!!!!! Ich will es so! Und ich werde es können, weil ich Dich sooooooooooooo sehr lieb habe! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Geliebte! Nun ist abend. Still soll es nun wieder werden – Du! damit [sic] das Mannerli ganz brav bleibt. Du sagst es: diese Stille zwischen uns kann gleicherweise Erfülltsein bedeuten – Du!!! Du!!!!!

Nun will ich Dir erst einmal von meinem Alltag heute erzählen. Der Oberleutnant, der mich heute zu mi sich bat, war kein Vetter, war ein Kamerad von Herrn G., und bestellte mir Grüße von ihm. Ich fand das äußerst nett – von Herrn G. – und auch von dem Oberleutnant. Er wa ist auch Kollege. Hat von Chemnitz aus, wo auch Herr G. jetzt steckt, einen Truppentransport hier herunter geleitet und fuhr heute abend wieder zurück. Er hat sich wohl ½ Stunde mit mir unterhalten – ich bin mit ihm in die Stadt gegangen – habe ihm gezeigt, wo man Mandeln kaufen kann – und habe mich dann verabschiedet und gesagt, daß ich in 14 Tagen ihm nachreisen werde.

Heute mittag war ich in Geschäften unterwegs. Ein paar Tage plane ich schon und schwanke. Nun ist es entschieden. Ich habe mich nach einem Wintermantelstoff umgesehen – und habe zugepackt. In 3 Geschäften war ich. Die Auswahl in diesen dicken Wollstoffen ist nicht groß in punkto Farbe und Muster. Ich habe einen blauen Ulster mit Fischgrätmuster genommen – ich bin gespannt, ob Du ihn magst – er paßt für einen Herren- wie Damenmantel. Du wirst gewiß einen schönen Mantel daraus bekommen – und warm wird er sein – es ist eine gute Qualität, die beste, die ich finden konnte. 80 Mk habe ich anlegen müssen für 2 ½ m, der Stoff liegt 1,50 m breit.

Ich freue mich über den Kauf. Weißt – was wird aber nun aus den Wünschen der lieben Mutsch? Ob sie mir böse ist? Das blaue Kleid kann ich nun kaum noch kaufen – zu Deinem Rock wird es eben noch langen – Du – viel ist’s, was ich dann mitbringe – aber alles für Dich! Aber der Wintermantel war doch auch der dringendste Wunsch und das Kleid will ich dann gleich kaufen, wenn ich vom Urlaub nach hier zurückkehre. Herzlieb, Herzlieb! Ach, ich glaube, die liebe Mutsch freut sich mit Dir und uns ganz sehr – ja? Du!!! Du!!!!! Herzlieb – ein[en] ganzen Koffer mußt dann auspacken – wollen wir alle dabeisein [sic] – Geliebte!!!

Du! Mußt die liebe Mutsch schon ein klein wenig auf die Enttäuschung vorbereiten – ja? Ach Du! Ich möchte doch gar niemandem wehetun, wenn ich auf Urlaub komme – ich möcht doch, daß alle sich freuen – und ich brauche ja zu meiner Freude nichts weiter als die altvertraute Heimat – und alle Lieben darin – und ganz zu allererst mein liebes Weib!

Ach Herzlieb! Sie möchten mir alles wegnehmen, was ich mitzubringen gedenke – meine Freude würde um nichts geschmälert – wie der Hans im Glück wollte ich springen und singen: ich bin so glücklich! Im Herzen drin wohnt alles echte Glück. Aber ich beschenke Dich auch ganz ganz sehr gern, Geliebte! Du weißt es.

Ich habe doch heute auch gleich noch einen Koffer kaufen müssen, damit ich alles fortbringe, den billigsten habe ich genommen, um meine Devisen zu schonen. Kisten und Kasten füllen sich – und das Herz wird immer voller – Du!!! Du!!!!! Ich muß Dir nun alles bald bringen.

Herzlieb! Soweit habe ich gestern abend geschrieben. Ich bin jetzt abends manchmal richtig müde – dafür aber frühzeitig munter, und da bin ich gleich froh, wenn ich noch zu schreiben habe – kann ich meinem Sehnen wenigstens gleich Ausdruck geben – im Bettlein quält sie es mich sonst. Geliebte!! Geliebte!! Der Morgenkuß kann es doch gar nicht mehr sagen, wie ich Dich liebhaben muß – Du!!! Du!!!!! Herzlieb! Ich will sie doch noch ein wenig dämpfen, meine Sehnsucht – weißt, und manche Stunden, wenn ich nach Hause denke zu Dir da liegt schon die äußere Ruhe der inneren Spannung auf mir, sie wird nun mehr und mehr über mich kommen – ruhigen Auges muß ich mein Ziel ansteuern – aber im Herzen ist ein Brausen und Stürmen und Wogen und wartet auf das Entbundensein. Auf der Fahrt wird man Deinem Mannerli gar nicht anmerken, daß es sich freut, daß es der froheste und glücklichste Urlauber ist – aber wer ihm ins Herz schauen könnte – das kannst nur Du! Du!!! mein Ziel mein strahlendes, leuchtendes Ziel! Geliebte! Du bist es, die den ganzen [Roland] aufrühren kann, die ihn so jauchzen macht – Herzlieb! Herzlieb!!!!!

Da muß ich eben an Deine Geschichte denken (nicht sehen lassen – –): Geliebte, Du hast ganz recht gehandelt und darfst beim nächsten Male noch viel ruhiger und selbstbewußter wieder so handeln. 1.) lassen wir fremde Menschen nicht so weit in unsre Dinge hereinsehen – in jeder Beziehung – und in Beziehung auf das liebe Weiberl auch nicht schon um des lieben Friedens willen – so, wie wir werden auch nicht jeden in unser Heim lassen. 2.) sollen wir anderen Menschen nicht zur Versuchung werden.

Meinst Du, wenn dieser Mann überlegen lacht und spricht, was Du mir schreibst, das sei Beweis dafür, daß er wirklich erfahren ist und überlegen? Oh, ich kenne diese Gefühlslage und kenne dieses überlegene Lachen – Maske in 99 Fällen.

Herzlieb! Bist bloß vor Deinem Mannerli ganz sicher! Ja? Du!!! Oh Geliebte! Auch Weibes Schönheit will strahlen und blühen – will sich spiegeln – will ihre Kraft und Macht erproben. Ach Geliebte, Geliebte!!! Daß ich nicht immer um Dich sein kann, daß ich nicht Dein Spieglein sein darf alle Tage, daß ich das Blühen und Strahlen nicht ganz in mich aufnehmen darf – ich dürste doch soooo danach! – es ist wahrhaftig eine Not, die ich tief beklagen möchte! Ein großes Irren, eine furchtbare Verwirrung, eine gewaltige Versuchung ist diese Not für alle Menschen – und man muß schon stark sein, wenn man ihr nicht erliegen will, der Sünde der Augen, von der auch unsre Seele Schaden nimmt – und es müssen sich zwei schon ganz sehr liebhaben, wenn sie recht gefeit sein wollen – wie Du und ich. Ach Herzlieb – ich will mich doch ganz nur in Dein holdes Bild versenken, will ganz davon Besitz ergreifen, von jedem Zug, daß kein anderes Bild mich je stören könnte – daß Deine lieben Züge mir so vertraut sind wie Dein Herz, so lieb vertraut und heimisch, unverlierbar und köstlich! Oh Herzlieb! Wie will ich sie alle so tief in mich aufnehmen wieder, die geliebten Züge. Ich habe es Dir beim letzten Urlaub bekannt, daß ich so ganz zu Hause war wieder bei Dir, holdes, geliebtes Wesen. O Geliebte! Ich weiß, wie all Deine Schönheit holder erblühen wird und strahlen, wenn ich bei Dir bin – für mich, oh Du!!!!! Du!!! Du!!!!! Keine Blüte will ich vergessen – keinen Strahl auslassen – oh Du! Wie mich dürstet nach Deiner Schönheit, Geliebte! Geliebte!!!!! – Ich mag doch nur Dich! Und kann nur Deine Schönheit ganz glücklich schauen – weil wir einander liebhaben. Herzlieb! Und ganz leise denke ich an die seligste Stunde – da sie ganz erblüht – Lotosblume – Lotosblume! – und ich bin der Modenschein, der zauberische! – bald, bald! Du!!! Du!!!!! Mein liebes, teures Weib!

Behüte Dich Gott! Er schenke uns in Gnaden ein frohes Wiedersehen! Ich freue mich so darauf – fühlst Du es? Und warum ich mich so freue – weißt Du es?

Weil ich Dich so sehr liebe! Liebe!!!!! !!!!! !!! Du!!! Du!!!!! Oh Herzlieb! Herzlieb! Ich bin ganz Dein Gefangener!

Dein [Roland].

Du, Herzlieb, die Schrift wird doch immer miserabler? Kannst Du sie denn noch entziffern? Ach ich weiß, Du kannst sie ganz fließend lesen. Ich habe schon beobachtet, wie viele große Mühe haben mit meiner Schrift.

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946