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[OBF-410825-001-01]
Briefkorpus

Montag, den 25. August 1941

Herzallerliebste! Mein liebes, teures Weib! Du!!! Du!!!!!

Gestern kam kein Bote von Dir. Und heute kam zu mir Dein lieber Bote vom Dienstag. Oh Geliebte! Wie glücklich machst Du mich damit!!!!! Meinen Gedanken von gestern – heute läßt Du ihn zur Tat werden, früher, als ich ihn dachte: „Ich kann Dir nichts verheimlichen, und sei es auch nur etwas aus Liebe – ich muß Dir alles sagen, was mich bewegt.“ Oh Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Wie sooo lieb hast Du mich! Wie bist Du mir ganz zu Eigen!!! Wie tief, tief beglückst Du mich mit Deinem Vertrauen! Oh Herzlieb! Mein liebes, teures Weib!!!

„Oh Du, Du!!! Komme nur recht bald zu mir, daß ich mich an Dich schmiegen kann, ganz dicht, ganz fest und lieb!“ Geliebte!!! Geliebte!!!!! !!!!! !!! Daß ich mich wieder einmal als Mann fühlen soll und darf, als Dein Mannerli – oh Du! Wie sehne ich mich darnach – wie sehne ich mich darnach, an Deiner Seite zu gehen für immer! allzeit um Dich zu sein! Dein Mannerli! Wie sehne ich mich nach dem heimlichsten und schönsten Zeichen des Vertrauens, daß Du Dich an mich schmiegst! Gott im Himmel! Hilf uns! Oh komm, geliebtes Weib! Meine [Hilde]! Mein Lebensgefährte, Du! Laß mich Dein Mannerli sein! Ich meine es sooo gut und lieb mit Dir – oh Du! Mein Ein und Alles! Oh lehn Dich an mich, schmieg Dich an mich – ich bin das glücklichste Mannerli auf dieser Welt, oh Du! Du!!! Herzlieb!!! – und bei mir ruht das liebste Weib dieser Welt – oh Du! Du!!!

Herzlieb! Und so hast auch Du mein ganzes Vertrauen! Und die letzten beiden Boten – mögen sie Dich auch betrübt haben – beweisen es Dir – ich konnte nicht schweigen, ich mußte sie schreiben, mußte Dich mir [sic] mich Dir anvertrauen, es hat mich doch alles sooo bewegt, und wenn nicht davon, hätt[‘] ich Dir überhaupt nicht schreiben können – wem sollte ich mich auch sonst anvertrauen? – Nur Dir! Nur Dir!!! Oh Geliebte! Und nun möchte ich doch gleich wieder bei Dir sein! Möchte Dich schützend in meine Arme schließen. Oh Du, Geliebte! Wie ist alles aufgewallt in mir, Dich in Schutz zu nehmen, Dich, mein Weib! Könnte ich doch gleich kommen und alles ins Reine bringen. Werden wir miteinander noch einmal hingehen? Wirst Du mich mitnehmen? Wirst Du mich sprechen lassen? Oh Herzlieb! Ich will Dich in Schutz nehmen, will Dein gutes Recht vertreten. Als Matrose will ich hingehen. Oh Herzlieb! Warum Angst? Warum auch nur eine Spur des schlechten Gewissens? Du tust wirklich Deine Pflicht und bringst Opfer! Das weiß nur ich recht genau. An die Pflicht und das Bedürfnis, einander lieb bei der Hand zu halten, denken die andern nicht; aber wir haben sie beide und es ist unser Recht und unsre Schuldigkeit, sie zu vertreten.

Herzlieb! Meinst Du, daß ich zulassen kann, daß Du noch einen zweiten Haushalt, und sei es auch nur tage- und stundenweise, führst? Daheim am Vormittag in Hast und Eile den eigenen – und am Nachmittage während der wohlverdienten Mußezeit, die ja keine ist, noch einen zweiten Haushalt? Nie und nimmer! Das lasse ich nicht zu! Das geht über Deine Kräfte! „Ich kann dann im Orte bleiben und kann zu Hause sein abends zum Schlafen!“ Herzlieb, wie unverantwortlich gutmütig willst Du wieder sein! Willst Dein Licht ganz unter den Scheffel stellen und Deine Mühe selbst nicht anerkennen! Einmal kann auch Bescheidenheit Unrecht sein! Willst mit Deinem Zugeständnis den Anfang machen mit einem Zustande, den Du selbst als unmöglich erkennst: daß Du abends müde ins Bett fällst, daß Du von Deiner Arbeit so in Anspruch genommen wirst, daß Du mir nicht einmal mehr schreiben kannst?

Herzlieb! Wie oft habe ich Dich schon zur Ordnung rufen müssen bei Deinem Schaffen im jetzigen Wirkungskreise! Ich bitte Dich ganz sehr, daß Du Dir meinen Standpunkt furchtlos zu eigen machst und ihn mit mir als Dein gutes Recht unnachgiebig vertrittst!

Ach Herzlieb! Daß ich noch nicht immer um Dich sein kann! Manchmal könnte ich es doch bitter beklagen! Ich vertraue Dir! Du bist selbständig, bist furchtlos und tapfer und schonst Dich nicht. Aber du bist zu gut, zu gutmütig oftmals, sagst zu viel zu und kannst es dann nur halten, indem Du über Deine Kräfte gehst. Wer ist doch aus eben dem Holze? Die liebe Mutsch!

Ach Herzlieb! Solange man allein ist, da sieht man doch manches nicht an sich – und das ist doch auch ein Segen einer rechten Ehegemeinschaft, daß eines das andere aufmerksam macht und lieb im Auge hat. Mein Herzlieb wird das Mannerli noch manchmal zurechtweisen müssen wegen seiner Strenge und ihm die Liebe dagegenhalten – und ich werde mein liebes Weib noch manchmal anhalten müssen, weniger gutmütig zu sein und selbstlos.

Mein liebes, teures Herz! Nun steigt auch meine Ungeduld von Tag zu Tag! Heute habe ich meine blauen Sachen gebürstet und zurechtgelegt. Morgen will ich mein Urlaubsgesuch abgeben, am Mittwoch Urlaubsschein und Fahrscheine fertigmachen und am Nachmittag mich zur Untersuchung begeben. Weil der Arzt mich kennt, wird er gar nicht erst nachsehen. Am Donnerstag mein Bad nehmen, am Freitag alles klarmachen und die letzten Geschäfte abwickeln – und dann noch einmal schlafen – und dann entgegen dem Ziel meiner Wünsche, all meinen Sehnens und Verlangens! Oh Du! Mein liebes, liebstes Weib! Gott segne unseren Wunsch. Er halte uns demütig in unserem Glücke. Er behüte Dich mir auf allen Wegen!

Ich bin mit Dir ganz zuversichtlich, Gott ist mit uns! Er wird uns nicht verlassen! Und wir wollen ihm Lob und Dank bringen mit unserem ganzen Leben!

Herzlieb! Ich habe Dich sooo, sooooooooooooo lieb! Ich kann nicht mehr sein ohne Dich! Ich möchte mit Dir leben, leben! Oh Geliebte!!!

Ich bleibe in Ewigkeit Dein [Roland], Dein!

Du!!! Geliebte!!!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946