Bitte warten...

[OBF-410826-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 26. Aug.[ust] 1941

Mein liebes, teures Herz! Herzensschätzelein! Du! Du!!!

Welch lieber, lieber Bote ist heute zu mir gekommen! Wie  strahlt es mir von Liebe und Freude, von Sehnen und Jubeln – Geliebte! Geliebte!!! Sooviel Freude in Dir, sooviel Erwartung! Ach Du!!! Du!!!!! So rein und lauter und gläubig, so tief und heiß kommt sie mir entgegen, so fester Zuversicht, so unbesiegbar – Deine unendliche Liebe!!!!! !!!!! !!! Herzlieb! Du wirst mich festhalten, ganz festhalten, mit beiden Händen heiß mich umschlingen, unser Glück zu krönen – auszutrinken den Brunnen des Glücks, den Becher seliger Freude zu leeren bis auf den Grund – und ich? ich werde bei Dir bleiben – bei Dir bleiben ohne Widerstreben – bei Dir bleiben!!! bei Dir bleiben!!!!! !!!!! !!! Du! Oh Du!!!!!

Gott sei uns gnädig! Ich kann nicht anders! Ich muß Dich so lieb haben! Du wirst mich ganz festhalten –  – Liebe! Unendliche Liebe!!!!! Nur mir zuteil!!!!! !!!!! !!! Du! Geliebtes Weib! Mein!!! Ganz Mein!!!!! Und ich werde bei Dir bleiben – aus tiefer, heißer Liebe!!! Dein Roland! Dein Mannerli!!! Ganz Dein!!!!! !!!!! !!! Oh Geliebte! Du willst mich fortreißen mit Deiner Freude, mit Deiner Gewißheit!!! Und ich muß daran denken, daß ich Dich noch wieder einmal betrüben muß! Wieder einmal! Herzlieb Du! Muß ich immer den letzten Tropfen Bitterkeit in den Freudenbecher schütten? Muß ich immer wieder der Zweifler sein? Was ist es denn nun meine Liebe? Ist sie nicht so strahlend? Nicht so stark? Ist sie so empfindlich und eigensinnig? Läßt sie sich so leicht verdüstern von Gedanken? Bin ich denn sooo eigensinnig? Ach Du! Du!!! Ich habe Dich doch sooo lieb!!! Mein Eigensinn – sei es Schwäche oder Stärke der Liebe – er ist doch der ungestüme, heiße Wille zu Dir! zu Dir ganz allein und ausschließlich – oh Geliebte! Ich glaube, er ist dann jedesmal am lebendigsten, kurz bevor wir uns wiederfinden und wiederhaben. So heftig und ungestüm, daß Du und ich darunter leiden müssen – daß nur ein leiser Anstoß genügt, um ihn zu kränken, um ihn zum Trotz erstarren zu lassen.

Und mein Zweifel – oh Geliebte! ich glaube, es ist das Zittern vor dem Glück, dem unendlichen – als ob ich es doch manchmal noch gar nicht fassen könnte, für wahr halten könnte – als ob ich manchmal noch gar nicht daran glauben könnte. Ach Geliebte! Magst Du mir denn noch zuhören? Ich will Dir alles sagen, vielleicht befreit mich das von meinen düsteren Gedanken. Herzlieb! Der Gedanke, daß Dein heimlichstes, liebstes Geschenk nicht mehr mein ureigenstes s[ei], dieser verbohrte Gedanke des Zweifels hat mich so umdüstert. Und immer noch bohrt dunkel  in mir die Frage: ob Du so ganz vor ihm gestanden hast, wie ich Dich sonst nur schauen durfte. Herzlieb! Herzlieb!!! Verzeih mir! Behalte mich lieb! Es ist ein so verbohrter Gedanke! Und ich wehre mich gegen ihn. Und er bohrt und bohrt weiter und sagt: wenn Du nun so ganz vor ihm gestanden hättest, dann wäre Dein schönstes liebstes Geschenk nicht mehr mein ureigenstes. Oh Geliebte! Und ich wehre mich doch so dagegen und rede mir zu. Wenn Du so vor dem Arzt gestanden hättest, dann ist es doch noch nicht Dein Geschenk. Ein guter Arzt schaut das doch auch mit guten Augen. Du bist ja zu ihm gegangen auf meinen Rat, selbst voller Widerstreben vor dem Schweren. Du bist zu ihm gegangen und hast Dich überwunden aus Liebe zu mir! um [sic] uns[e]rer Liebe willen! Das sage ich mir nun wieder und wieder. Und das andere dazu: daß Du ihm, so scheu und schamhaft Du bist, nur mit innerem Widerstreben und Kämpfen preisgegeben hast, was Du eben mußtest – daß Du so, wie ich Dich schauen darf, nicht vor ihm gestanden hast.

Oh Geliebte!!!

Kannst denn Du das noch verstehen? Ich verstehe es doch fast selbst nicht. Ich möchte mit mir hadern und mich schelten. Wie kann so alle helle, jubelnde Freude sich verdüstern lassen durch solchen Eigensinn und Trotz? Ach Geliebte! Es war schon einmal so. Du hast mich überrascht mit Deinem Entschluß, so daß ich Dich auf dem [s]chweren Gang, der mir doch so wie Dir am Herzen lag, nicht einmal in Gedanken begleiten konnte – und nun ist alle hochgestimmte Freude umdüstert durch Empfindlichkeit.

Ach Geliebte! Geliebte!!! Herzlieb!!!!! Daß wir einander so fern sein müssen! Daß wir so bis zur Ungeduld aufeinander warten müssen! Daß wir nicht so eng umeinander sein dürfen, wie uns[e]re Herzen es ersehnen! Wenn ich bei Dir bin für immer – und Du bist bei mir für immer – dann wird alles gut sein, alles gut sein!!!!! Oh Du!!! Behalte mich lieb!!!!! Daß ich Dich müßte den schweren Gang allein tun lassen, damit hatte ich mich abgefunden. Aber ich wollte Dich wenigsten bis hin bringen, in meine Liebe und Zärtlichkeit Dich hüllend – und wollte Dich ebenso lieb, so lieb wieder einhüllen und mitnehmen – und wenn schon nicht in Wirklichkeit, so doch in Gedanken wenigstens. Wollte Dich eines noch ganz lieb und leise bitten: Lotosblume, Lotosblume!!! Dein liebstes, allerliebstes Geschenk – Lotosblume! – daß Du mir es bewahrst! Mir allein auf der ganzen weiten Welt – daß niemand Dich schauen soll in gesunden Tagen, sowie ich Dich schauen darf, wenn ich zu Dir komme – außer der Mutter! Oh Geliebte! Wie kann ich noch zweifeln, daß Du auch ohne meine Bitte beseelt warst von meinem Wunsche? oh Du, die doch ganz erfüllt bist von meiner eigensinnigen Liebe – Du, die ganz mit mir fühlt und lebt und empfindet – Du, der ich immer gegenwärtig bin in meinem ganzen Wesen – Du, die mir lauscht auf den Schlag meines Herzens und den Ruf meiner Liebe – Du, die mich kennt und liebt mit aller Eigenart, mit allem Eigensinn! Geliebte!!!!!!!!!! !!! Wie kann ich noch zweifeln?

Ich bin doch mit Dir gewesen, tief tief in Deinem Herzen!!! Oh, ich b[in] Dir ganz nahe und gegenwärtig gewesen; denn in Deinem klopfenden Herzen schlug doch das meine! In Deinem Wehren und Widerstreben zitterte doch die ganze unendlich tiefe und dunkle und traute Heimlichkeit uns[e]rer Liebe in ihrer Urgewalt!!! Oh Geliebte! Wie kann ich noch zweifeln?

Herzlieb! Herzlieb!!! Ich fühle es, daß ich die Düsterkeit überwinden werde, daß die Wolke vor der Sonne meiner Freude zerfließen wird, bis ich bei Dir bin. Daß die Sonne letzter, tiefster Gewißheit sich Bahn bricht, sieghaft und strahlend durch den letzten Zweifel – oh Geliebte!!! Geliebte!!!!! Wie will ich Dich an mich ziehen! an mein Herz Dich schließen! Wie will sooooooo lieb Dich umhüllen – Du! Mein Weib! Geliebte!! Mein Eigen!!! Ureigen! Mein Ein und Alles! Mein Leben! Meine Welt! Erfüllung meiner scheuen, eigensinnigen Liebe – letzte, tiefste Erfüllung!!!!! !!!!! !!!  Oh Geliebte! Herzlieb! Mein Leben! ach Du! Du!!! Laß Dich nicht betrüben von mir! Sieh hinter meiner Düsterkeit die scheueste, eigensinnigste, heiße und tiefe Liebe – Dir gehört sie! Dir ganz allein auf der ganzen weiten Welt! Fühle tief, tief und heiß das Sehnen meines Wesens, meiner Seele, sich so tief in ein Menschenherz zu graben, sich so tief darein zu betten wie in den Mutterschoß selber – [oh] Geliebte – mein unendliches Heimverlangen, mein unendliches Verlangen nach der ganzen [L]iebe eines Weibes – – sie gehen zu Dir! zu Dir!!! Alle zu Dir!!!!!! Ich will Dich sooo ganz zu eigen haben, sooo ganz besitzen – und will so ganz geliebt werden von Dir – ich will sooooooooooooo ganz eins sein mit Dir, ein ganz Eigenes und Besonderes und Ganzes! Oh Herzlieb! Sieh in diesem Bekenntnis glücklich, ganz glücklich und froh meine Liebe – diese tiefe und heiße und scheue und eigensinnige Liebe – – ich kann nur einmal lieben in dieser Welt – und kann nur Dich lieben! So nahe kann kein anderes  Mannerli Dir jemals kommen – so nahe will kein anderes Dir sein. Ich will Dich ganz ganz einnehmen! Ich will mich ganz verlieren an Dich! Ich will mich ganz vergessen bei Dir – ganz mich auslöschen – ganz mich auflösen und verschmelzen mit Dir – Geliebte!!! Geliebte!!!!! !!!!! !!! Du! Mein Weib! Mein Eigen! Mein Ureigen!

Oh, diese tiefe und heiße Liebe kennt Jubel und Schmerz – aber sie überwindet den Schmerz und faßt allen Jubel aus ihrer Kraft, ganz aus der eigenen Kraft, ohne fremde Hilfe – und wird dabei nur tiefer und größer und stärker!

Geliebte, Du!, mein Weib!

Ich bin ganz Dein! Ich liebe Dich sooooooooooooo sehr!!!!! Es drängt mich zu Dir mit aller Gewalt.

Gott sei mit Dir! Er segne unsre Liebe! Ich komme zu Dir – ich muß bei Dir bleiben!!!!! !!!!! !!!

Dein [Roland].

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946