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[OBF-411028-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 28. Okt. 1941

Geliebtes Weib! Mein liebes, teures Herz! Du!! Holde mein!

Regentag. Mittagstunde. Ich bin allein. Kamerad K. ist Schreiber vom Dienst, er muß über Mittag oben bleiben. Allein bin ich! Und Du bist bei mir, ganz lieb und nahe! Immer, wenn ich allein bin! Ich bin doch nie mehr allein im Leben, seit ich Dich habe! Ich kann mich auch nie mehr ganz zurückziehen – denn ganz drin in meinem Herzen wohnst Du, da stehst Du, da thronst Du! Oh Geliebte! Und wenn Dein Herzensmannerli sich schon einmal verhärtete, wenn er Dir grollte oder sich gekränkt fühlte – die Liebe wird immer siegen! Ich brauche Deine Liebe! Und ich muß dich lieben! Sie ist ein Bollwerk, unsre Liebe, an dem aller Kleinmut, aller Zweifel scheitert und zerbricht. Unüberwindlich ist unsre  Liebe und geübt in Geduld und stark im Verzeihen.

Und mein Vertrauen? Geliebtes Herz!!! Du hast es ganz! Der Liebe höchstes Unterpfand! Unsrer Burg starke Wehr! Lieben, das ist einander bis ins Letzte vertrauen. Und Heimat bist du mir, weil ich dir mein Vertrauen, mein Herz bringen darf: Erfüllung allen Wartens und Sehnens! Und wenn nicht Dir, wem sollte ich es noch schenken?

Oh, wenn ich es Dir nicht mehr bringen dürfte – dann möchte ich nicht mehr leben. Heimatlos, ungeliebt wäre ich dann, ausgestoßen fühlte ich mich dann –  sinnloses Leben. Herzlieb! Unerschütterlich ist mein Vertrauen zu dir! Ich glaube an Deine Liebe! Und dieses Vertrauen ist noch nie erschüttert oder bedroht worden.

Und wenn ich mir eingebildet habe, Du schautest zu wiederholten Malen nach einem fremden Mann Dich um, während ich mit Dir am Tische sitze saß, so empfand ich das nur als eine Kränkung, es rührte deshalb noch nicht an die Grundfesten des Vertrauens. Und als ich die Formlosigkeit der Einladung Siegfrieds zum Ausgangspunkt längerer Betrachtungen machte, verbarg sich dahinter keineswegs ein Mißtrauen gegen Dich, mein Weib. Das darfst du mir glauben!  Hattest Du mir doch eben erst Deine unendliche Liebe, Deine einmalige, geschenkt, Dich mir ganz hingegeben – Geliebte! Geliebte!!! Ich weiß es, Du kannst nur mich so lieben, nur einem Manne Dich so verschenken! Mein Weib! Oh Herzlieb!  Und wenn er uns wieder einmal plagt, der Zweifel, wir wollen ihn dorthin verweisen, woher er kommt: Zum einen aus unsrer Liebe Ungeduld und Übermaß und Ungestüm – wir möchten doch nun endlich für immer umeinander sein und diese Liebe tause[nd]fach beweisen!

Zum andern von dem, was wir täglich um uns sehen an Liebesleid, an Versuchung und Verführung, an Unglück, Treulosigkeit und Verrat. Herzlieb! So selten ist das Glück echter, großer Liebe, so selten das Stimmlein Treue!

Aber von dem wollte ich erst nicht schreiben heute. Dein lieber Bote Nachzügler kam aber vom Sonntag, den 12. Oktober, in dem Du mir so wahr und offen und lieb mir Deine Bangigkeit anvertraust. Ach Herzlieb! Leid ist mir darum, daß ich gerade an diesen harten Tagen mit meiner Philosophie Dich ängstigen mußte!  Ich will Dich nie ängstigen! Und wenn ich werd immer um Dich sein, dann soll der harte Waschtag ganz anders ausklingen. Du!!! Du!!!!! Dann sollst Du Dich an mich lehnen und an mich schmiegen – und sollst zu Deiner Müdigkeit unseres Glückes ganzes Frohsein spüren, und in meinen Armen sollst Du ruhen und ganz selig froh hinüberschlummern; Dein Sandmann will ich sein: aus meinen Augen soll dir Dank, Dank und alle Liebe leuchten!!! Willst Du das? Herzelein? Oh komm!!! Komm!!!!! in meine Arme dann, an meine Brust – daß Du es fühlst, wie ich Dich liebe !!!!!  !!!!! !!!  Und wenn ich einmal darauf vergessen sollte über den Geschäften – dann komm von selber, ohne daß ich Dich rufe! Oh komm!!! Herzlieb! Dein Mein Herz steht Dir allzeit offen, für Dich bin ich immer da und frei! - und unsre Liebe geht vor allem!!! Ja! Du! Herzelein! So wie Dein Mannerli wird manchmal kommen, ungebeten, ungerufen wenn es mich drängt, Dir zu sagen, wie ich Dir gut bin, wenn das Glück mich überwältigt, Du!!! Oh, komm zu mir! Geliebtes Weib! Immer! Du machst mich damit überglücklich!!! Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! „Willst Du mir den höchsten Platz in Deinem Leben weihen?", so fragtest Du in einem Deiner letzten Boten. Und Dich meiner Liebe recht zu versichern und mein Ja zu besi[e]geln, erinnerte ich Dich an alles, das uns beide unlöslich verbindet, das uns eint für dieses ganze Leben.

Herzlieb, Du! Heute will ich Dir sagen, was mich an Deine große Liebe glauben läßt! Ach Du! Sagen kann ich das eigentlich gar nicht. Diese Gewißheit ist in mir wie mein eigenes Leben. Du bist doch einbezogen in all mein Denken und Sein. Einen ganz neuen Kurs erzielt mein Leben mit Dir, und diesen Kurs steure ich, das Ziel fest im Auge. Dein Lieben hat doch mein ganzes Inneres erschüttert und umgewälzt – ich kann nie mehr zurück! All meine Liebe strömt zu Dir! Vor Gottes Thron legten wir die Hände ineinander – Herzlieb, damit leisteten wir einen Eid, den Du und ich niemals brechen können, der uns ganz aneinander weist und auf den heiligen Bezirk der Ehe. Dieser Eid aber ist mir der Schlußstein im Bau uns[e]rer Burg, er ist mir Ausdruck unsrer heiligen Entschlossenheit, miteinanderzugehen [sic] bis in den Tod, Entschlossenheit, die aus unsrer großen Liebe wächst.

Herzlieb! Das Leben an Deiner Seite ist mir liebste Wirklichkeit – ich mag und kann gar nichts anderes denken. Herzlieb! Ich glaube an Deine Liebe, die, wundersam und geheimnistief, Dich unser Glück finden ließ, die uns Seelengeschwister einander zuführte und erkennen ließ.

Geliebte! Weißt Du, wie glücklich und selig und stolz ich bin, Deine erste, hohe und reine Liebe zu besitzen? Oh Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!  Ob jung und heiß sie mir blüht, so treu und stet ist sie auch. Gleiches hohes Sehnen erfüllte dein Herz – nach seltenem ersten Glück stand auch Dir der Sinn. Du schenktest mir Dein ganzes Vertrauen – Herzlieb! Ich durfte dich führen. Du folgtest mir. Bliebst mir immer zur Seite mit Deiner Liebe – verstehend, Dich geduldend, verzeihend – oh Herzlieb! Du!!! Und Liebe drängte Dich immer aufs neue, mich zu beschenken und zu beglücken – oh Herzlieb!  Du beschenktest mich mit dem ganzen Reichtum Deines Seins, Deines Weibseins – so ganz, so ausschließlich, so eindeutig, wie nur große, ganze Liebe es vermag – wie man nur einmal schenken kann und einem Menschen. Geliebte! Dein Geschenk! Von welchem Weibe wöge es schwerer? Von welchem wäre es gleich kostbar und königlich! Geliebte! Wie hoch erhebst Du mich in Deine Huld! Wie unsagbar glücklich machst Du mich, daß ich Dir der nächste sein darf! Herzlieb! Des guten Weibes Schenken hat etwas Einmaliges, ist ein Sichverschenken, Hingabe - Du hast Dich mir geschenkt mit allem, „Nimm mich hin!" - Geliebte! Du hast mir Dein Leben geweiht – Du bist mein Weib geworden! Du hast Dich damit zu mir bekannt, wie das Mannerli so sichtbar und einmalig gar nicht sich  bekennen kann. Geliebte! Du weißt! Ich bin erfüllt, ganz und tief erfüllt von Deinem Lieben, bin entzückt und überglücklich, mein Herz ist voll Dankbarkeit – und Liebe!  Es schlägt Dir wieder in heißer Liebe!  Nie und nimmer könnte es vergessen – nie!  Und wie Du, mein Weib, mir, so weihe ich Dir nach Mannes Art mein Leben -  so eindeutig und gültig und restlos wie du! Geliebte! Es eifert meine Liebe, Dir zu dienen, Dir zu danken, Dich wiederzubeschenken und zu beglücken. Die Liebe zu Dir ruft alle guten und hohen Gedanken und Tugenden auf, daß sie Dir dienen, Herzenskönigin.

Herzlieb! Ich glaube an Deine Liebe! An unsre Liebe! Daß sie bei Gott beschlossen ist – und uns ins Herz gesenkt. Geliebte! Der Weg zu Deinem Vertrauen – zu Deinem Herzen – zu Deinem Kämmerlein – und Herzkämmerlein – zum letzten Vertrauen und Dichverschenken ----- Geliebte! es könnte sich nur einem öffnen, den Du von ganzem Herzen liebst – ich weiß es. Herzlieb, ich bin der Glückliche, das glücklichste Mannerli – daß es soviel Glück gibt! Und daß es mir beschieden ist. Ein Geschenk ist es. Gottes Geschenk, Gottes Wille. Unsre Liebe ist Gottes Wille! Das glauben wir! Ihm befehlen wir sie. Gott segne unseren Bund!

Herzlieb! Viel zu schwach sind alle Worte, sie können nicht ausdrücken, was mich bewegt. Oh, möchte sie bald kommen, die Zeit, da wir ihrer ganz entraten können! Da unsre Liebe unmittelbar von Herz zu Herzen springt! Oh möchte sie bald enden, die Zeit der Trennung! Aber solange sie auch noch dauern möchte, sie kann uns nicht wankend machen in unsrer Liebe und Treue, sie kann uns das Kostbarste nimmermehr rauben! Wer wollte sie auslöschen, unsrer Liebe Glut? Wer wollte es zerreißen, unsrer Liebe Band!

Geliebte! Ich bin Dein allezeit!  Niemand und nichts kann mich abbringen von dem Ziel meiner Sehnsucht, Dir heimzukehren. Nichts Lieberes und Wichtigeres als an der Brücke zu bauen zu Dir! Herzlieb! Du! Mein Ein und Alles! Mein Reichtum! Mein Leben! Ja, mein Leben, Du!!! Ich gehöre Dir – bin ganz Dein! Dein ist mein ganzes Vertrauen! Ich glaube an Deine Liebe! Das sollst Du wissen, geliebtes Herz!

Gut Nacht! Geliebte! Ich bin so froh und glücklich! Ich will nun schlafen gehen und denken, daß Du bei mir bist, Dich ausruhst in meinen Armen – selig froh Dein Herz an dem meinen birgst – Du!!! Ich küsse Dich herzinniglich! Ich liebe Dich sooooooooooooo sehr!

Gott sei mit Dir!

Dein [Roland]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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