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[OBF-420316-001-01]
Briefkorpus

Montag, den 16. März 1942

Geliebtes, teures Herz! Meine liebe [Hilde], Du! Holde mein!

Mittagstunde ist. Ich kann allein sein mit Dir. Grau ist der Tag. Grau das Meer – und am Horizonte verlaufen beide – Himmel und Meer. So, wie es oft ist daheim. gGanz lange könnte ich dahineinschauen in die dämmernde Ferne. Dieses graue Gewand stimmt so gut zu meiner Empfindung: Fremde – und zu meiner Sehnsucht: Heimat. Oh Geliebte! Wo Du nicht bist, ist mir nun Fremde und Sehnsucht, immer! Und wo immer auch ich mit Dir zusammen bin, wird Heimat sein, Ruhe des Herzens und Frohsein. An die glückliche Zeit unsres Wiedersehens muß ich denken: Es war doch kaum eine Stunde, daß wir nicht beieinander waren – überhaupt keine Stunde, daß wir nicht voneinander gewußt hätten – Du! Du!!! Und so wird es später immer sein, geliebtes Herz! Daß ich ohne triftigen Grund Dir länger fernbleibe oder verreise – das wird es gar nicht geben. Entweder, ich kann Dich mitnehmen, oder ich kann eben nicht fahren. Wo Du bist, muß auch ich sein. Keine Stunde mag ich verlieren von unserm Glück des Beieinanderseins. So wirst auch Du es halten, ich weiß es. Unser Heim und Nest wird nicht eine Durchgangsstation sein in dauerndem Pendeln zwischen den Elternhäusern – oh Herzelein! es wird der Ort sein, wo wir ganz glücklich und selig zur Ruhe kommen – wo sich endlich unser Sehnen erfüllt, ein Eigenes darzustellen, Geliebte! welches Glück – und es wird der Ort unsrer Liebe sein, unsrer Liebe. Du! Du!!!!! Und soviel Liebe wartet schon darauf, daß sie sich darin ausbreite – oh Herzelein! Es wird uns der liebste Ort sein! Der Ort, da unsre Herzen zur Ruhe kommen – zu fruchtbarer Ruhe. Oh Herzelein! Und diese Ruhe, diese Traute, diese Geborgenheit soll dieser Ort immer atmen. Es ist etwas Großes um diese Ruhe, um den Frieden eines Hauses – sie sind so recht Spiegel der Liebe, die darin waltet – mit dieser Ruhe ist das Heim Gegenpol der lauten, zwieträchtigen Welt. Oh Geliebte! Soviel Liebe will bauen und einziehen, zusammenstimmen in reine Harmonie – und soviel guter, hoher Wille drängt zum Schaffen, zur Tat! Offenstehen soll unser Haus allem Friedvollen, aller Liebe – so wird es uns eine Burg sein, eine Zuflucht, Insel unsres Glückes, Quelle immer neuen Glückes – oh Geliebte! Wie sehne ich mich nach solcher Heimat! Schenke uns Gott in Gnaden solches Glück!

Nun ist Abend, daß ich weiterschreibe. So wie Dein vergangener Montag war auch der meine heute rappelvoll. Spät ist es schon. Der H. aus Pommern war auf ein Stündchen da zu Besuch. Vom Honig und Frieden und seiner Lieferung dann an uns haben wir wieder gesprochen. Er ist ganz dabei – und wir auch – fehlt nur noch der Frieden.

Schätzelein! Dein Montagbote ist zu mir gekommen heute. Ich danke Dir für Dein liebes Verstehen. Du weißt, daß ich Dich gar nimmer betrüben und traurig machen will, daß ich Dir nur Liebes erweisen möchte – ach Herzelein! in allem kann nur uns[r]e Liebe sprechen, muß sie sprechen. Und ganz Dein im Herzen ist immer Sonnenschein [sic] – so wie die Sonne immer am Himmel ste[ht], nur daß sie von den Wolken manchmal verdeckt wird.

Herzallerliebste! Ich muß noch den Geburtstagsbrief für den lieben Pappsch fertigschreiben. Wirst Dich heute mit dem wenigen begnügen? Bald komme ich wieder zu Dir, Herzlieb! Ich bin Dir sooo von Herzen gut! Ich habe Dich sooo lieb, Du!!!!! !!!!! !!! Meine Liebe zu Dir ist unerschütterlich. Herzelein! Wir halten einander doch ganz fest – wir können nimmermehr voneinander lassen. Gott sei mit Dir! Er schütze und behüte Dich mir! Er schenke Dir Kraft und Geduld!

Gut Nacht! Herzallerliebste! Ich drücke Dich ganz fest an mich – ich küsse Dich herzinnig und bleibe ewig Dein [Roland]

Bitte, bestelle den lieben Eltern herzliche Grüße!

 

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946