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[OBF-420324-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 24. März 1942

Herzallerliebste! Meine liebe, liebste [Hilde]!

Dein lieber Mittwochbote ist zu mir gekommen und dazu auch schon die 1. Folge Deines Reiseabenteuers. Während ich davon schreibe, bist Du, geb’s Gott, schon wieder wohlbehalten zurückgekehrt. Wer gesellte sich wohl lieber zur reiselustigen [Hilde]? Ach, das Mannerli wäre doch heute noch ebenso schüchtern wie ehedem.

Es hätte vielleicht große Augen gemacht, es hätte wohl gar voll Unruhe neben Dir gesessen, aber Dir kaum eine Rede angeboten, und wenn schon, dann eine auf 100 m Entfernung. Und warum so schüchtern? Oh Herzelein, Geliebte! Bedenkst Du den Weg, den langen weiten, den wir miteinander gehen mußten bis zur Traute unsrer Herzen? Oh Geliebte! Er mußte gegangen werden. Und was bedeutet dahin eine erste flüchtige Begegnung und Bekanntschaft? Oh Du! Ich sah diesen weiten Weg stets vor mir. Und es dünkt mich ein Wunder, wieder und wieder, daß wir ihn zusammen gingen! Oh Herzelein! Geliebte! Geliebte!!! Ich glaube, ich hätte ihn mit niemandem sonst gehen mögen, Du Liebe, Gute, Herzensgute, Geschwisterseele – oh Du! Mein Weib! Mein Schicksal, Du! Oh Herzelein! Ganz ganz Dein bin ich, ermißt Du es? Du bist an meiner Seite – Du ganz allein mit mir – und um uns her das Land der Liebe!

Oh Du! Nun begleite ich Dich doch mit den besten Wünschen und bin bei Dir immer zur Seite. Deine Wege sind doch auch die meinen, Deine Gedanken die meinen – alles ist uns lieb gemeinsam. Und Du hast mich doch mitgenommen – und ich weiß es, in der Fremde und auf Reisen gewinnt man doch erst recht lieb, was man zurückläßt und was einem zu eigen ist und die Heimat. Oh Herzelein! Und wohin Du nun auch fährst zu Deinen lieben Verwandten – überall schaut man auch nach Deinem Mannerli – forschend, prüfend, und die lieben Menschen nicht nur aus Neugierde, sondern auch aus Teilnahme - schaut Dir in die Augen, schaut Dir nach der Sonne des Herzens, des Glückes. Oh Geliebte! Geliebte! Du mußt wohl so glücklich sein wie ich – und die Sonne des Glückes muß wohl sichtbar werden – bin ich es wohl, der Dich so glücklich machen kann?!!! Oh Du! Du!!! Sag mir’s Herzelein! Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! So viel Liebe und Freude und Glück möchte ich Dir bringen – soviel davon habe ich noch im Sinn, Du! Du!!! „Im Mai’n, im schönen Maien, hab i viel no im Sinn!" Ich mag es so gern dieses schlichte Lied mit seinem Herzensjubel! Du! Schätzelein! All, was ich gesungen und geträumt und ersehnt – tiefe innige, heimliche Liebe des Herzens – bei Dir hab ich sie gefunden – oh Du! Du!!!

Geliebte! Laß mich um Dich sein mit meiner Herzensfreude, mit meiner Glückssonne in diesen Tagen, daß sie Deinen Schmerz verkehren im Bewußtsein des Glückes. Oh Geliebte! Komm zu mir! Schmieg Dich an mich! Umfange Dein Liebstes – vergiß allen Schmerz! Ganz still will ich halten – Deinen Schmerz Dir nehmen – ganz einssein mit Dir! Du! Du!!!!! !!!!! !!!

Der Kamerad H. ist wieder bei uns – einen Tag zu spät, hat eine Nacht in Wien bleiben müssen. Und Du hast das Geld zu spät abgeschickt, am Mittwoch erst, am Freitag mußte er reisen. Das ist kein Beinbruch.

Herzelein! Hier habe ich gestern am Abend aufgehört. Es war schon spät, und die anderen beiden drängten ins Bett. Im Nebenzimmer aber war es kalt. Sonst hätte ich mich doch noch länger zu Dir gesetzt, Geliebte!

Kamerad H. sieht wohl aus, dicke Backen hat er gekriegt. Er hat es wohl auch gut bei seiner Mutter. Ob so gut wie das Mannerli bei seinem lieben Frauchen? Ach, mag er es ebenso gut haben – ich gönn' es ihm, gönn' es allen, daß sie glücklich sind – aber tauschen, tauschen? – anders glücklich sein? — Oh nein, nein, nie nimmermehr! Bei Dir glücklich sein, Dich beglücken!!! – Das ich doch unser Glück – Du! Herzelein! ganz ein eigenes Glück schon – oh Du, Du!!! Liebste, Beste, mein Weib, Du! Dich beglücken – Dich ganz glücklich machen – das ist meine Liebe – so eigen, und entschieden. Und nur dort, wo ich so liebe, mag ich auch alle Sinnenfreude erleben – sie ist ja in der guten Liebe ganz untrennbar damit verbunden – Du Herzelein! Schätzelein – liebstes, süßes – bei Dir ist doch auch soviel Süßigkeit und Freude – und ganz unsere Freude auch, ganz ganz eigen – die Zeichen unsre[r] Liebe – der Liebe Seligkeit!

Herzelein geliebtes! Ich bin so froh und glücklich! Sei auch Du es! Ganz erfüllt ist meine Sehnsucht in Deiner Liebe! Ich drücke Dich an mich voll Glück und Jubel: Mein liebes, geliebtes Weib! Meine [Hilde]! Behüt Dich Gott! Ich bleibe ewig Dein! Dein [Roland]!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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