Donnerstag, den 14. Mai 1942
Herzelein! Geliebte! Meine [Hilde]! Liebes, treues Weib!
Heute oder morgen hätten wir nun ziehen müssen. Geliebte! Wirst Du denn nun schon Gewißheit haben, daß wir noch bleiben können? Oh Du! Ich meine sie verspürt zu haben, Deine Freude, Dein Sehnen, darum, daß Dein Mannerli noch am vertrauten Orte sein kann – und daß wir die Sehnsucht und Hoffnung noch gar nicht so tief verschließen müssen auf ein baldiges Wiedersehen. Oh Geliebte! Geliebte!!! Wolltest schon wieder so treu und selbstlos Dich bescheiden, Dich in Geduld ergeben – oh Du liebes, liebes Weib – und ich möchte so gern, sooooo gern Dir alle Treue und Geduld danken damit, daß Du gar nicht länger zu warten brauchst auf Dein Mannerli! Oh Du! Du!!! Herzelein! Und nun ist doch wieder ein wenig Hoffnung – Geliebte! Oh, Du weißt es, Herzelein, wie ich Dir heimkehren will – wie kein andrer Gedanke und Wille mich so bewegt – kein andrer Wunsch mich noch so erfüllt, als dort zu sein, wo mein Platz ist in diesem Leben: an Deiner Seite, meine [Hilde]! mein Weib! mein Herzensschatz – oh Geliebte! endlich ein Ganzes zu sein, eins zu sein mit Dir!!! mit Dir!!! Herzelein! Ein Ziel ist doch nur noch auf der Erden [sic], in diesem Leben: bei Dir sein! Bei Dir!!! Oh segne Gott unsre Liebe, unseren Bund!
Herzelein! Nun kommst Du wieder zu mir mit Deiner großen Liebe, mich zu geleiten, mich zu halten, zu tragen in die ungewisse Ferne – Dein Liebster, Dein Allerliebster auf Erden, Du! Ich bin es – Du! Du!!! Dein glückliches Mannerli! Oh Herzelein! So wohl tut das dem Herzen! Oh Du liebes, liebstes, tapferes Weib! Herzallerliebste mein! Ich habe doch das allerallerliebste Weib zu Eigen! Du! Du!!! Meine Sonne! Mein Leben! Du! Geliebte! Wohin ich auch gehe, Du folgst mir! Alle Wege können wir nur noch miteinander gehen. Immer und überall hin folgt uns die Liebe, so lange wir überhaupt auf Erden leben. Und immer müssen wir uns zu dieser Liebe bekennen. Oh Geliebte! Du weißt es schon: wie lieb Dein Mannerli gebettet ist im Schoße Deiner Liebe, wie tief geborgen, wie sicher er geht und froh im Herzen, wie er sich allzeit umgeben fühlt von Deiner großen Liebe! Oh Herzelein! Du! Unser Lieben ist ein Lieb-Sich-zueinanderneigen [sic] und Halten und Ergänzen – ist uns Odem und Herzschlag und Leben! Oh Herzelein! Wenn Du mir nicht mehr folgtest oder folgen könntest – Geliebte! Du! Mein Leben!!!!! !!!!! !!!
Und nun machst Du dir mancherlei Gedanken, Herzelein! Ich lasse mich doch gerne mahnen und ermahnen von Dir! Oh, Du magst doch nur Dein Mannerli ganz wohl und gesund wieder haben, ganz für Dich, ganz für Dich – und das macht mich doch überglücklich – Du hast mich so lieb, sooo lieb!!! Oh Herzelein! Und was mein[st] Du, was Dein Mannerli mehr beseelen könnte als der Wille und Wunsch, meinem lieben treuen Weibe heimzukehren, das mich so ganz für sich haben will, als Dir sooo ganz zu gehören? – oh Herzelein! Welche Seeligkeit, wieviel Liebe!!! Und ich werd Dir doch ganz lieb folgen! Du! Dein artiges Büberl werd ich sein! Du wirst mir immer zur Seite sein! Ach, Du bist ja in all meinen Handlungen und Entschlüssen, auf all meinen Wegen, mir immer zunächst in meinem Herzen! Du! Du allein!!! Gehört doch alles meinem lieben Weibe! Hat niemand ein größeres Recht auf Dein Mannerli als Du! Oh Geliebte! Es kann ja gar nicht anders sein zwischen uns. Was an mir liegt, da wollen wir es nicht fehlen lassen. Und wohin unsre Macht nicht reicht und wozu unsre Kraft nicht auslangt, da wollen wir uns Gott dem Herrn befehlen. All unser Sorgen und Rechnen ist umsonst, wenn wir ihn vergessen. Und in Vertrauen auf seine Hilfe und Gnade können wir allzeit frohen Herzens sein.
Oh Herzelein! Magst Dich nicht zu viel sorgen! Auch Dein Mannerli kann tapfer sein – nie ist er mehr allein! – solange er lebt ist Deine Liebe mit ihm! – und solange er Dir ferne sein muß ist’s die leuchtende Hoffnung der Erfüllung strahlendes Bild! Bei Dir ist sie! Bei Dir allein!!! Oh Herzelein! Der reichste, köstlichste Schatz ward mir zu Teil auf Erden: Deine Liebe! Du liebst mich! Du liebst mich soo treu!, soo wahr! Sooo von ganzem Herzen!!! Geliebte! Ich bin dessen ganz gewiss! Ich glaube an Deine Liebe und aus diesem Glauben kommt mir aller Lebensmut, alle Lebenskraft. Aus diesem Glauben kommt uns so viel Frohsinn! Kraft und Geduld, in Treue auszuharren!
Herzlieb! Heute kam zu mir auch der Bote vom Mittwoch. Sei für Dein Liebgedenken von Herzen bedankt. Läßt mich so lieb teilnehmen an Deinem Tag – ach Du! Du!!! Herzelein! Wir haben einander doch sooo lieb! Hast doch auch die Piepvöglein beobachtet beim Nestbauen. Wenn wir es noch nicht könnten, wäre doch die beste Gelegenheit es von ihnen zu lernen – aber nicht von Herrn und Frau Schilp, sind nämlich liederliche Eheleute. Schon lieber von den Schwälbchen – ja, so lieb und traut soll unser Nestlein sein – Du! Ich glaube, wenn wir erst beisammen sind, soll uns das Nestbauen nicht schwer fallen, weil soooviel Liebe daran baut!!! „Zwischen Himmel und Erde" – mit dieser Novelle von Otto Ludwig habe ich mich während meiner Schulzeit einmal befaßt. Ich besitze sie auch in meinen Büchern, wir können sie einmal nachlesen. Ich werde mir den Film gern ansehen, wenn er zu uns kommt. Bei uns laufen jetzt lauter seichtere Filme, zu denen ich auch nicht die mindeste Lust verspüre. „Der große König" ist angekündigt. Ich werde ihn mir ansehen.
Wie mein Tag verlief? Schwül und heiß war es von morgens an. Heute habe ich die Arbeit mal eingeholt seit vielen Tagen. Habe gleich ein Stündchen abgezweigt vom Dienst für meine Zwecke. Tante Maries Geburtstagsbrief ist fertig. Und ein Gruß auch für Hellmuth, den Urlauber, und Elfriede, den Urlaubeurlauber [sic]. Hellmuths lustigen Brief lege ich Dir bei. Ja nun bin ich eigentlich des Schreibens müde heute. Aber bei meinem Schätzelein zu sitzen, vergesse ich doch alle Müdigkeit. Du bist jetzt auch mehrere Tage erst spät zum Schreiben gekommen.
Wenn Du jetzt bei mir wärst, da würden wir erst einmal miteinander um die Wette trinken, unseren Durst zu stillen – eine feine Erdbeer- oder Himbeerlimonade oder gleich ein Fäßchen Apfelsaft – soviel Durst ist heute. Gleich will ich mich dann noch auf unseren kalten Tee stürzen. Du! Nun beginnt wieder die heiße Zeit. Und morgen ist Exerzierdienst – aber ich glaube, es gibt Wolken morgen. Und wenn mir zu heiß wird, komme ich gleich zu meinem Schätzelein – und wenn es auch da heiß ist – im Kämmerlein ists kühl! Herzelein! Geliebte!!! Ich hoffe doch mit Dir! Oh Du! Du!!! Ich möchte doch so gern wieder bei Dir einkehren! Du! Du!!! Ich hoffe mit dDir! Und bin immer sooo ganz froh und glücklich im Herzen deiner Liebe, unsrer Liebe! Unsres Glückes! Behüte Dich Gott auf allen Wegen! Du liebes, liebstes, herzigstes Weib! Meine [Hilde]! Meine [Hilde]! Dir schlägt mein Herz bis zum letzten Schlag! Ich bleibe Dein! Ewig Dein [Roland] Dein!!!!! !!!!! !!!
Roland Nordhoff
Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946
Erwähnte Filme