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[OBF-420615-001-01]
Briefkorpus

Montag, den 15. Juni 1942

Geliebtes, teures Herz! Meine liebe, liebste [Hilde]!

Geliebte Mein!

Ach Herzelein! Endlich ist der Bote da, der mir davon sagt, daß Du nun um mein künftiges Schicksal gewisser bist, daß Du die erste böse Enttäuschung überwunden hast. Oh Herzelein! Froh bin ich, daß nicht noch ein Bote kam, der mir von Deinem Glücksträumen erzählte! Geliebtes Weib! Meine [Hilde]! Du Herzlieb mein! Oh, Gott im Himmel sei Dank, daß Du die böse Enttäuschung glücklich überwandest. Geliebte! Meine [Hilde]! Du hast mich so lieb! Du hast mich zu lieb! Du lebst mit mir! Du hast mich so fest an Dein Herz geschlossen. Du bist mir so lebendig nahe in unsrer Liebe Zweisamkeit. Du hast Dich ganz an sie verloren in höchstem Vertrauen, in ganzem Lieben. Oh Du! Du!!!Geliebte! Ich wollte Dich nicht enttäuschen! Ich wollte Dir nicht Schmerz bereiten! Ich will Dir unsrer Liebe Zweisamkeit [z]ur liebsten Heimat, zu trautesten Zuflucht machen! Oh Du, Geliebte! Du weißt es, daß ich Dich ganz glücklich machen möchte – ich kann nur nicht  – ich kann noch nicht! Oh Geliebte! Aus deinem Glücksträumen, aus deinem Herzensjubel wie nun am tiefen Schmerz der Enttäuschung erkenne ich gleicherweise die Tiefe, die Unendlichkeit deiner Liebe!

Geliebte! Meine [Hilde]! Und das steht nur noch eherner nun in unseren Herzen geschrieben. Wir werden einander in Liebe so fest, sooooooooooooo fest halten! Diese Erprobung, dieses Gedulden kann unsrer Liebe nimmermehr zur Gefahr werden, sie schließt uns nur noch viel inniger zusammen. Oh Herzelein! Viel trauter wird mir Dein Herze nun wieder als meine Heimat erscheinen, wenn ich wieder ziehen muss. Ich habe eine Heimat! Eine liebe liebe [sic] Heimat! Oh Geliebte! Viel inniger werde ich mich wieder an Dich halten müssen in neuer Ferne. – Du, mein liebster bester Kamerad! Oh Geliebte! Und die Hoffnung auf unser Wiedersehen und Deine Liebe, die täglich so treu zu mir kommen wird, sie sind der Hintergrund unbesieglicher Sonne zu allem Gewölk, das auch kommen möchte! Oh Herzelein! Du wirst mir ganz nahe, zuallernächst mir sein!

Und Du wirst mic[h] liebbehalten über allen Schmerz! Mich liebbehalten! Du wirst mich ganz festhalten! Wirst tapfer mit mir durchhalten! Wirst mein allerliebster, allerbester Kamerad sein! Wirst mir alle Liebe aufheben! Willst in Ewigkeit mein Weib sein! Mein Weib! Du! Mein Weib! Du wirst immer bei mir sein! Du wirst nur lieber und inniger mein denken.

Oh Geliebte! Ich war es doch vor kurzen noch gewöhnt, alle Wege allein zu gehen, alles mit mir selber abzumachen. Ach, mag es Dich ganz glücklich machen zu wissen: daß ich ohne Dich gar nimmer gehen kann und mag! Ich kann nicht mehr sein ohne Dich, Geliebte!!! Und Du bist nun auch mit mir, solange ich lebe!

Herzelein! Soviel Kraft kommt nur von Deiner Liebe! Ganz lebendig wirkt sie zwischen uns. Sie hat uns ganz eingenommen – sie kann uns nimmermehr verloren gehen! Oh Herzelein! Mit Dir nur bin ich noch ein Ganzes! Mit Dir nur kann ich ganz glücklich sein, mit Dir nur noch mich dieses Lebens freuen! Goldherzelein!!!

Oh Herzelein! Das ich Dir nicht leibhaftig nahe sein konnte, Dein wundes Herz zu heilen, das zuckende zu befrieden. Das ich Dir solche Enttäuschungen bereiten musste! Oh Herzelein! Walte es Gott in Gnaden, daß ich Dich nicht noch einmal so enttäuschen muß! Geliebte! Vielleicht brauchen wir gar nimmer so lange aufeinander zu warten.

Und das wollen wir beide nicht aus dem Auge lassen: Was auch kommen mag, Gott schickt es uns, unser Vater, in gütiger Weisheit! Oh Herzelein! Was wissen wir Menschen, was vermögen wir? Nicht bis zur nächsten Minute, zur nächsten Stunde können wir schauen. Verborgen ist es uns – und wenn es uns offenbar wäre, dann wären wir doch machtlos.

Wie können wir absehen, was diese neue Reise bedeutet, wie Gott uns führen wird? Geliebte! Wir sollen nicht darüber spekulieren, damit Rechenkunststücke anstellen – wir sollen einfach uns der Führung Gottes gläubig anvertrauen. Wir wissen wie Gott führt. Er führte uns in Liebe zueinander!!! Und er half unsre Liebe zu behüten und zu bewahren bis auf diese Stunde!!! Des lass uns ganz dankbar und fröhlich sein!

Oh Du! Meine [Hilde]! Und ich will an Deiner Seite stehen wie bisher, nur lieber noch und treuer! Ich will Dich sooo festhalten mit meiner Liebe! Oh Geliebte! Ich will Dir doch ganz ganz [sic] lieb hinweghelfen über die böse Wartezeit! Gott wird uns Kraft schenken zu Geduld und Ausharren. Und unsrer Liebe wird uns tragen, wird uns Sonne sein und Quell der Freude in kommenden Tagen. Oh! Wenn Gott nur unsre Liebe segnet und erhält, wenn er mir nur Dich beschützt und behütet, dann kann nichts unser Herze ganz umdüstern – in seinem Grunde strahlt die Sonne unsrer Liebe!!!

Herzelein! Was nun an abschätzbaren Möglichkeiten noch offen schien, er scheint nun vorbei. Der Chef unterschrieb unsre Marschpapiere. Am Mittwoch, nicht Dienstag, werden wir reisen, am Freitag in Varna eintreffen. Ich habe meine Strümpfe alle gewaschen und die Taschentücher. Habe meine Habe gesichtet nach Ballast, den ich nicht mitschleppen kann. Wenn man ein Jahr an einem Orte sitzt, dann sammelt sich so mancherlei an. Etliches habe ich heute versandfertig gemacht. Ich konnte nicht überall ein Brieflein beilegen, dazu ist zu wenig Zeit. Aber d[an]ken möchte Dir dafür, dass Du mir über alle Ferne soviel Liebe reichtest. Da ist nun ein Päckel mit Büchern, eines mit der Lebensbeschreibung des Hofpredigers, eines mit Botschaften, eine Flasche Trylisin hob ich noch auf. Die Stiefelein und Deine lieben Boten reisen mit mir – die mag ich um keinen Preis in fremde Hände geben – weil sie mir viel viel [sic] zu lieb sind – weil sie mir soviel bedeuten, Geliebte!!!!! Und gewappnet bin ich doch schon mit Papier, Umschlägen und Federn, damit ich ganz lieb zu Dir kommen kann – jeden Tag, Herzenschätzelein! Jeden Tag! Und sei es nur mit einem kurzen Gruß.

Oh Geliebte! Mein liebes Weib! Möchtest Du Frieden gefunden haben – Kraft von Gott, Trost in unsrer Liebe, ach Herzelein, froheste Gewissheit in meiner Liebe so wie ich in der Deinen, Geliebte! Ich bin Dein [Roland]!

Ganz treu! Voll heißer Liebe zu Dir, meine [Hilde]! Ich lasse Dich nicht! Ich liebe Dich sooooooooooooo sehr – und nun nur inniger und herzlicher!

Behüte Dich Gott! Mein teures Lieb! Ich will Dir heimkehren – und du wartest mein! Liebe ist zwischen uns! Liebe! Liebe!!! Oh Du! Du!!! Ich bin doch sooo glücklich in Deiner Liebe!

Ich küsse dich herzinniglich!

Dein glücklicher [Roland]

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Kommentare

Roland spricht von einer „bösen Enttäuschung.“ Roland hat einen neuen Marschbefehl und wird versetzt nach Varna. Etliches, was er nicht mitnehmen kann, hat er (an Hilde?) verschickt wie zum Beispiel Bücher. Ihre Briefe nimmt er mit. Die Briefe sind ihm zu kostbar, als das er sie verschickt. Ihre Liebe ist seine Heimat und gibt ihm Kraft. Er vergleicht Hilde mit einem Kameraden.

Einordnung
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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946