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[OBF-420916-001-01]
Briefkorpus

Mittwoch, den 16. Sept. 1942

Geliebtes Weib! Meine [Hilde]! Mein Herzensschatz, Du!

O Geliebte! Weißt Du es noch, wie wir einander zum ersten Male so schrieben?: „Meine liebe [Hilde]!" – ach Du! das dünkt mir schon sooo lange zurückliegend, unmöglich fast. Ist doch, als ob wir schon ewig zusammengehörten, gelt Herzelein? Seitdem wir auf dieser Erde sind. Und wenn es wirklich nicht so gewesen sein sollte, so werden wir doch nun für immer und ewig in diesem Leben miteinander sein!

Mein liebes Weib Du – und ich Dein Mannerli. Ach, ein Paar, Herzelein, ein glücklich, glücklich Paar! Unzertrennlich! Ja? Oder magst Du von mir gehen? Ach Du! Du!!! Nicht, bevor das Mannerli Dich ließe – und der läßt Dich nimmermehr, in Freud und Leid, alles, alles mein und Dein! Ach Herzelein. Wir haben doch recht aufeinander gewartet – Dein [Roland], er ist so lange schon die [durch] Straße der Lebens gezogen, zur Einkehr hat man ihn hier und da ein geladen [sic], es wollte sich ihm mancher [sic] Herze auftun – aber erst Deines war das rechte! Und noch gewisser ist mein Herzlieb von unsrer Begegnung berührt worden – Glückfinder, Glückbringer, Du!!! Ach Du! Herzlieb. Welch wundersamen Anfang nahm unsre Liebe!

Oh Herzlein. Ich schaue und fühle den Quell Deiner ersten, heißen, tiefen, jungen Liebe – oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! mir sich erschließen – Wunder! Wunder! Du! geliebtes Herz!

Ach Herzlein. Und Du hast doch nun auch die Liebe Deines Mannerli empfunden – Du! Dein Mannerli stand doch zum ersten Male auch vor diesem Wunder – oh Geliebte! Zum ersten, einzigen heiligen Male schaute und erlebte ich dieses Wunder mit Dir! Ach Du! So gläubig und kindlich haben wir miteinander das Land der Liebe zum ersten Male betreten! Ich bin darin so jung wie mein Schätzelein — ein Lehrbub noch in der Liebe! Du! Ich glaube, das bedeutet eben unser Glück! Ach Herzelein! Ich kann darüber gar mehr nicht schreiben, aber das Streben davon [sic] ist in mir unauslöschlich! Du bist mein! Mein! Mein!!! Herzelein. Und so ganz gehören wir nun doch einander, weil wir unsre Herzen einander ganz auftaten und ausbreiteten. Mein Herz ist das Deine nun – und Dein Herz – das meine!

Du! Ich tausche nicht mit Dir! nimmermehr! weil ich mein Herzelein viel, viel zu lieb habe! oh, mein Herzlein. Du! Wie glücklich bin ich in seinem Besitze! Ach Du, wie unendlich glücklich!!!!! !!!!! !!! Ach, ob Du mit dem meinen auch so glücklich bist? Du! Du!!! Ob es Dir auch solch liebe Heimat ist wie mir das Deine? Ach Du, Geliebte! Daß es so Heimat ist, ist das wichtigste daran. Daß es auch edel ist und gut, das macht es wohl erst zur Heimat – aber das wichtigste ist doch, daß wir uns darin lieb, lieb geborgen wissen! Oh Herzelein! Mein Herze will Dir so Heimat sein! Will Dich so ganz umschließen und einnehmen! Es gehört, es schlägt Dir allein!!! Und ich weiß in Deinem Herzen mich so lieb, so tief, zutiefst und zutiefst geborgen – ach, Du liebst mich! mich allein! und Dein Herz gehört mir ganz – darum kann ich nur bei Dir einkehren, Geliebte! Nur bei Dir!!!

Herzelein. Dein lieber Mittwochbote ist gekommen – Du! und der nächste Bote vielleicht kündet mir von Deiner Freude über die Gewissheit – von unsrer Freude, von unsrer Hoffnung, die nun so viel gewisser geworden ist. Und aus Deinen Botenallen [sic] klingt doch das Hoffen und Sehnen und Ahnen! Oh Geliebte! Sooo groß ist unser Sehnen gewachsen – und wieder soll es uns wieder nach des Herzens Wusch gehen – oh, daß wir es nicht vergessen, welch reiche Gnade das ist! Ach Herzelein! Du wartest mein! Und Du trägst den Schmerz des Sehnens – könntest doch schnell ihn stillen – könntest doch leicht einem anderen Dein Herze schenken –

ach Geliebte! Du! Du!!! Davon wird der Schmerz nimmermehr gestillt, davon das Sehnen nimmermehr erfüllt – und einmal kann man sein Herz nur verschenken – oh Geliebte! Unmöglich, ganz undenkbar – unstillbar der Schmerz, das Sehnen –

Du! Du!! Nur Du!!!!! So erleben wir es beide in unsrer Liebe – ich kann nur Dich lieben! Nur Du kannst all mein Sehnen stillen! Nur bei Dir ist alles Glück! nur Du kannst mir Erfüllung sein!

Darum ist unsre Liebe doch so tief, darum sind wir doch so glücklich, auch noch im Sehnen, im Weh der Herzens!

Oh Du! Keinem Menschen mag ich das Sehnen nach Deiner Liebe schenken – von keinem lasse ich es mir abnehmen – es ist doch so süßkostbare Last wie die Liebe selber!

Oh Herzensschätzelein! Nun soll ich bald wieder einmal ganz Dein sein dürfen! Oh Geliebte! Ich kehre heim in meine Heimat – ich berge mich tief und dankbar und selig und glücklich an ihre Brust, in ihren Schoß – oh Du! Du!!! endlich! endlich!!! So atmet dann das Herze tiefglücklich aus. Und ich bringe doch auch alle frohe Liebe mit – ach Du! Du, mein Schätzelein, mein süßes Feinslieb! Das Mannerli kann gar nichts mitbringen, auch nichts Süßes für mein Leckermäulchen –

Du! wirst wohl recht entäuscht sein –?!!!

Ein süßes Weiberl, das kann ich mir denken – das ist mir sogar zu Eigen! Aber ein süßes Mannerli? – Das kann ich mir gar nicht denken. Und Seligsein beim geliebten Weib – ja! ja!!! – aber beim Mannerli – dazu muß man wohl ein Weiberl sein! Du!!!!! !!!!! !!! Ach, daß ich Dich ganz sehr glücklich machen könnte! Du!!! So wie Du mich ganz glücklich machen kannst – oh Herzelein! Geliebte!!! Du!!! Du!!!!! !!!!!! !!! Oh Herzlieb! Ich glaube, es sind doch dieselben Stunden, die Dich und mich so glücklich sahen! Wenn wir allein sind – ganz allein! Wenn wir einander nahe sind – ganz nahe! Ach Du! Wenn wir umeinander sein dürfen und miteinander leben – dann sind wir doch so glücklich – und mit uns unsre lieben Eltern!

Die liebe Mutsch hat mir einen langen Brief geschrieben! Ich komme bis zum Urlaub nicht mehr dazu, ihr zu antworten! Sag mir beiden Eltern vielen Dank und herzliche Grüße! Nun hat es die liebe Mutsch wieder gepackt – ich weiß ja, wovon es ist!! – so kommt eins ums andre dran, und es wäre vielleicht zu verhüten bei größerer Umsicht! Aber zanken werde ich nur mündlich!

Ach, nun bin ich doch auf mein Schätzelein immer mehr gespannt – ob es recht blaß aussieht? – und nach den Äuglein will ich schauen – ob auch alles Glück drin strahlt! Der Himmel, Geliebte! – und noch dem Mündlein – ob es denn geküsst sein will! – und nach dem Zöpflein! Ach!, ich hab es nicht vergessen! – Und dann werd ich das liebe, liebe Köpfchen von meinem Herzblümelein so lieb, sooo lieb und fest in meine Hände nehmen – oh, sooo glücklich es umschließen! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Und nach dem Stenglein werd ich schauen – ob es auch schön kräftig ist –

und –

ach Du! ach Du!!! Geliebte!!! Ich will zu Dir! Zu Dir!!! [F]ein artig will ich anklopfen – oh, Du! Du!!! Tu auf! Tu auf! Geliebte! Laß mich ein!!! Laß mich ein!!!!! !!!!! !!! Oh Schätzelein! Keine lieber Heimat hier auf Erden! Kein trauteres Herz zur Wohnung! Kein Menschenkind, daß noch so mich liebte auf Erden! Du! Du!!! Mein Ein und Alles! Mein Leben!!! Gott schütze Dich! Er segne unsre Liebe!

Ich habe Dich so lieb, sooooooooooooo lieb! Du!!!

Jetzt muß ich nun aber schnell noch ein bissel lernen! Will denken, ich tu's für Dich! Will an etwas Süßes denken, das Du mir schenken könntest! Du weißt es nicht? – Du! Du!!! Du!!!!! Wenn ich bei Dir bin, dann legen wir Hand in Hand – und gehen – gehen – –

Oh Herzelein! Du bist sooo lieb! Sooo reich! An Leib und Seele!

Du bist mein! Bist mein!!! Und ich bin ewig Dein,

ganz Dein [Roland].

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946