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[OBF-430111-001-02]
Briefkorpus

Montag, den 11. Januar 1943

Herzelein! Herzelein! Geliebte! Meine liebste [Hilde]!

Welch liebe, liebe Überraschung bereitest Du mir heute, liebstes, treuestes Schätzelein! Heute, wo ich ihn am wenigsten erwartete, – es hieß, daß gar kein Zug führe – da kam Dein lieber Bote gestapft über Berg und Tal, durch den hohen Schnee – 3 liebe Boten kamen, so schnell, wie sie schneller gar nicht gehen können – ein richtiges kleiner Wunder ist es – ach Du! Du!!! Wie bin ich so voll Freude darüber – und Dankbarkeit, daß wir noch so nahe beieinander sein können!!! Oh Herzelein – und eines weiß ich: So stapftest Du selber zu mir mit Deinen letzten Kräften über Berg und Tal, durch hohen Schnee – wenn Du zu mir kommen, zu mir gelangen könntest! Und Dein Mannerli täte nicht anders! Oh Du! Du!!! Herzallerliebste mein!!! Oh komm! tritt ein – in mein Herze – Dein ist es! Oh Geliebte! Ruh Dich aus, wärm Dich an meinem Herzen – ich bin sooo glücklich dann!

Geliebte mein! Bist sooo lieb zu mir gekommen – oh Du! Du!!! Ganz rote Bäckeln hatte Dein Mannerli beim Lesen – wie die Kinder, wenn sie ganz froh bewegt und im Innern des Herzens erregt sind – und das bin ich doch immer, wenn Du, Geliebte zu mir kommst!! Du!!!

Läßt mich doch heute sooo lieb in Dein Herze schauen, in das sehnende, liebende Herze! Oh Du! Geliebte mein! Ich schaue so glücklich und dankbar und mit der Bitte zu Gott, daß er uns doch bald zusammenführe [sic] möge, nur Deine unendliche, sehnende Liebe – nur Deine unendliche, sehnende Liebe – oh Herzelein, und empfinde Dir doch so tief nach, wie es ist, wenn die Ungeduld, die Sehnsucht uns schmerzt – oh Herzelein – ich weiß doch darum und kenne diesen Schmerz! Geliebte! Du mußt es mir glauben: Ganz lieb habe ich Dich verstanden – Herzelein! nicht eine Spur von Traurigkeit oder Trübnis hast Du mir damit bereitet – ganz froh und innerlich glücklich bin ich, weil ich Deine große Liebe hinter allem erkenne – oh Herzelein, und ganz lieb fühle ich Dir nach, was Dich bewegt. Oh Geliebte! „Halte mich! Liebe mich! mich allein!” – oh Du! Du!!! Herzallerliebste mein! Fordere mehr noch – fordere mehr noch – und Du machst mich ganz glücklich!!! – so möchte ich Dein leidenschaftliches Bekennen fortsetzen – ich will Dich doch ganz lieben! ich will Dir doch ganz gehören! oh Du! Du!!! ganz!!!!!!!!!!!!! und gehöre Dir schon ganz! Geliebte mein! Das weißt Du! Gehöre Dir – wie Du mir so ganz gehörst – gehöre Dir, wie kaum gleich einmal wieder ein Mannerli seinem Weibe gehört – bedarf Dein, wie kaum ein Mannerli seines Weibes bedarf – mein Alles, mein Leben, Du!!! oh Herzelein, so tief und innig in Liebe verschränkt sind nicht gleich wieder zwei Menschenkinder wie Du und ich.

Herzelein! Ich bin so innig froh bewegt von Deiner Liebe – bin ein wenig müde auch heute, mag Dir heute auch gar nicht auf alles antworten – es drängt auch nicht – und ich muß dazu allein sein – nur eines will ich noch aufgreifen: „Daß ich es war, die Dich einst rief, ich will es ja als Fügung des Schicksals auch hinnehmen. Es soll mich nicht mehr beunruhigen in manchen Stunden!" Geliebte, Geliebte! Was ist es denn für eine Unruhe? – oh, Du! Du!!! Ich will sie Dir ganz wegnehmen!!! Herzelein! Ich möchte Dich jetzt ganz lieb an der Hand nehmen und Dich durch meine Herzkämmerlein führen: Oh schau es glücklich, sooo glücklich, wie ich es Dir zeige: In allen ist Deine Liebe, unsre Liebe, in allen Dein Bild! in allen der Schatz unsrer Liebe!!! Geliebte, Du! Du!!! Und in dieser Liebe ist nicht eine Spur von Reue, ist nicht eine Spur von Mitleid, ist nicht eine Spur von ungebundener Liebe, ist nicht eine Regung 'unreiner Liebe'. Du! Du! Du!!!

Oh Geliebte! Das erlebe ich doch wie ein großes Wunder! Herzelein! Glutende, drängende Liebe ist alles – Herzelein, Liebe, die nicht schwankt, die nicht einmal nachläßt im Strömen – zu Dir, zu Dir nur immer – mit Dir leben! bei Dir sein!!! Oh Du! Drängende, lebendige Liebe ist es aus des Herzens Mitte!!!

Du bist mein einziges, geliebtes Weib!

Treue um Treue stehe ich zu Dir! Ach Du! Soll ich noch von meiner Wertschätzung sprechen? Ich habe Dich nicht emporgehoben – ich habe Dich erkannt, Geliebte! Oh Du! Du!!! Sieh, wie ich Dir gegenüberstehe – Dein [Roland], Dein Mannerli, Dein Herzensbub – Du bist meine liebe Frau! Ich habe Dich ganz in mein Herz geschlossen und mich ganz in Deine Liebe gegeben! In Deine große, wundersame Liebe!

Oh Geliebte! Du!!! Denk wieder an unser schönstes Gleichnis: Sonnenstrahl und Herzblümelein sind wir einander! Und daß Du mich riefst?

Geliebte! In einem meiner ersten Boten schrieb ich es Dir: man kann Liebe nicht zwingen – es muß sich fügen! Oh Herzelein! An das Schicksal glaubte ich schon damals – daß mein Lieben schicksalhaft sein müsse, daß das Schicksal mir die Liebe bringen müsse – das glaubte ich. Magst dabei an meine Narrheit mit dem Zeitungsinserat denken. Und ich wartete auf des Schicksals Ruf – damals, als Du riefest – wartete auf die Begegnung mit dem Schicksal! Oh Herzelein! Sehergabe hat das Weib! Und daß Liebe Dich zu mir beseelte – Dich, die sooo reich ist an Liebe,– Herzelein, daß in Dir unsre wundersame Liebe so mächtig zum Schwingen kam, oh Du! Du!!! Du!!!!! ist es irgendwie merkwürdig oder verdächtig, weil es so seltsam und wundersam ist, weil es gegen den Brauch ist?

Oh Geliebte! Du kennst Deinen [Roland], der die heimlichen stillen Wege liebt, der den Mut hat zu Einsamkeit und Ausnahme – Du! Du!!! Du!!!!! ihm ist der Anfang unsrer Liebe nur seltsam und wundersam – und darin eigentlich ganz vertraut – so recht der Anfang von [Roland]s Liebe – oh Geliebte! ewig unser Geheimnis, weil so seltsam und wundersam, sooo lieb wundersam! Oh Herzelein! Möchtest Du Dir diese Gedanken ganz zu eigen machen! Möchtest Du wie ich nur noch das Wunder schauen. Ach Du! Schau mein Herze! Schau, wie sooo glücklich ich bin – durch Dich!!! Oh Geliebte! Die Liebe ist in mein Leben gekommen – sooo reich, sooo reich – durch Dich! Durch Dich!!! Und kein andres Weib hätte sie mir bringen können:

Du allein!

Du allein! Du!!!!! !!!!! !!!

Oh Herzallerliebste mein! Wenn ich zurückdenke an die Begebenheiten, da Du mich riefest – ich werde es nie vergessen. dort, am Kreuzweg, und dort bei meiner Behausung, und dann in Deinem Boten nach L. – ja Herzelein – das war kein Bitten und Anbieten – oh Du! Du!!! Das mußt Du mir glauben: Das lebt in mir nicht als ein Bitten und Anbieten, sondern als ein Rufen, ein schicksalhaftes Rufen – oh denk doch nur, Du warst Dein selbst doch nicht mächtig dabei – es rief aus Dir, das Schicksal! – Das hat in mir nicht das Mitleid angerührt, sondern mich im Innersten angerührt und aufhorchen gemacht – oh Herzelein – hat so wundersam mich angerührt – lebt in meiner Erinnerung als ein geheimnisvolles, schicksalschwangeres Dunkel – und in meiner Erinnerung lebt ein tapferes Menschenkind, ein glücklich Wundern über die blinde Sicherheit Deines Suchens – Oh Du! Du!!! Liebste, Herzallerliebste mein! Gott sei Lob und Dank, daß Du mich riefest – Dank Dir ewig Dank Dir, daß Du mich riefest – Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Geliebte! Gute Ehen werden im Himmel geschlossen – und gute Liebe ist Fügung des Schicksals, ist Sternenliebe, Sternenwunder! Oh Herzelein, schaust Du nicht das Wunderland unsrer Liebe? Du bist das Glücksgretelein, dem es sich zuerst auftat – und ich bin das Glückshänselein – und wenn Du das nicht erkennst – dann mußt Du warten, bis ich zu Dir komme – dann will ich Dir mein Glück strahlen – Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Herzelein! Glaub nur an das Wunder! Glaube an das Schicksal: Berufen bist Du, mein liebes Weib, mein Herzgemahl, mein Sternengeschwister zu sein – berufen bist Du!!!

Oh Geliebte! Und wenn wir einst noch Klippen sahen, wenn das Bett einst noch nicht so tief war: gebrochen sind alle Dämme des Zweifels, des bangen Fragens, in breitem, tiefem Bette geht der Strom meiner Liebe, mächtig, drängend, lebendig! Oh Geliebte! Sieh! Wie glücklich ich bin! Wie ich Dir es bekenne glücklichen, übersonnten Herzens – Ich liebe Dich! Ich liebe Dich!!!!! !!!!! !!!

Oh Du! Meine liebe [Hilde]! Wie hat das all mich tief angerührt, all mein Glück und Sehnen wachgerufen – Oh Herzelein – hätte ich es Dir doch strahlen können!

Ich hab Dich müssen ganz sehr liebhaben heut nacht [sic]! Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Oh Geliebte! Wie froh, wie glücklich künd ich Dir von meiner Liebe! Wie freu ich mich darauf, wie sehn ich mich – bei Dir zu sein, wenn ein neues Knösplein [sic] am geliebten Herzblümelein aufblühen will – dann bei Dir zu sein und ihm Kraft und Liebe und Wärme zu strahlen – mit meiner Liebe es zu wecken und erblühen zu helfen – mit meiner Liebe – ja Herzelein – ich liebe Dich – Du! Du!!! – Du, Glücksgretelein! – ich bin Dein Glückshänselein – geh mit Dir lieb Hand in Hand durch unser Wunderland – und wenn ich Dir einmal nicht folgen wollte – nimm mich wieder so fest und tapfer bei der Hand! – Dein Mannerli – und nicht folgen? – Mal sehen; wer schneller rennen kann – Du! Wessen Herze mehr erfüllt ist von Glück – ach Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Behüt Dich Gott!

Du! Du!!! Ich drücke Dich ganz lieb und fest an mich – und küsse Dich – vieltausendlieb –

und bleibe ewig

Dein [Roland]!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946