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[OBF-430209-001-02]
Briefkorpus

Dienstag, den 9. Februar 1943

Geliebtes, teures Herze mein! Meine liebe liebste [Hilde]!

Bei Dir bin ich wieder! Ach Du! Du!!! Muß doch bei meinen Geschäften manchmal richtig aufpassen, daß meine Gedanken nicht davonlaufen – überhaupt, wenn Dein lieber Bote gekommen ist, um 5 Uhr, wenn er pünktlich kommt. Gegen 6 Uhr drängen sich die Geschäfte gerade noch einmal. Kommen die Läufer der einzelnen Dienststellen und Referate und liefern ab, was gearbeitet worden ist. Dann wird dem Mannerli richtig heiß, daß man es sieht, oh Herzlein! Dann ist doch soviel frohe Erregung in mir! Dann wallt das Herzblut auf – von Deiner Liebe, Du!!! So wie heute, Herzelein!

Fräulein Sch. bat mich vor einigen Tagen, Dein Bild ihr einmal zu zeigen. Herzelein, ein Wunsch, den ich nicht weigern mochte. Heute hatte ich nun ein paar Bilder mit. Ach Du! Du!!! Ich zeig doch niemandem, wie lieb ich Dich habe? Nur ahnen können sie es. Was sie zu den Bildern sagte?

Nun Herzelein, die Zurückhaltung, mit der ich sie zeigte, wortlos beinahe, die konnte auch nur zurückhaltende Äußerungen bringen – ich laß doch niemanden über Dich Richter sein! Ach Du! Du!!! Was Du bist – das weiß doch nur Dein Herzensmannerli – dazu braucht es keine Bestätigung, da ließe mich ganz gleichgültig auch jedes Urteil.

Nein Herzelein – aber ein ehrlich Erstaunen über unser schönes Hochzeitsbild – und ein fragend Bewundern Deines lieben Bildnisses – das Mannerli hat nur mit den Augen geantwortet und mit einem leisen Kopfnicken, und die Augen gingen in die Ferne – und es hätte doch aus mir jubeln wollen auf solch Fragen: Das Liebste, Allerallerliebste Weib ist mein - ja, ja, das weiß ichdas weiß ich nur zu gut! – Und ganz, ganz glücklich sind wir – oh Herzelein! Hätte es fast jubeln mögen, und ich fühlte die Tränen des Freude sich regenaber das ist doch unser Geheimnis – unser Eigen! Oh Herzelein! Geliebte!!! Ich hab Dich ja so ganz – und bin sooo ganz Dein! Du! Du!!!

Mußt Dir unser Zusammenarbeiten genauso denken wie mit dem Z. – genauso dienstlich – und sonst persönlich eher noch ein paar Worte weniger als früher, und da waren es schon nicht viel. Und dazu braucht sich das Mannerli doch gar nicht zu zwingen – es ist so - und geht so ganz sicher in Deiner unendlichen Liebe, Du!!! Oh Du, mein Alles! Mein Alles!!!

Die Huschegans [sic] ist gekommen – freu ich mich mit – und daß sie schön war – und so gut angekommen ist.

Alles für den Urlaub? Soviel können wir doch gar nicht essen. Na, wenn wir zusammen pappeln, da brauchen wir schon ein bissel mehr als sonst – gelt? Du! Du!!!! Ach Herzelein! Geliebte mein! Ich bedenke doch mit Dir ganz ernst und still und dankbar, wie so gut wir es haben vor vielen andern, wieviel Gnade wir erfahren von Gott. Und Du denkst und handelst ganz in meinem Sinne: Still sein – nicht den Neid der anderen herausfordern – in allen Dingen – niemals prahlen damit.

Ach Herzelein! Gewissen brauchen wir uns darüber nicht zu machen. Wenn ich sehe, was andre tun, dann will mich schon manchmal der Wetteifer packen – aber ich mag auch nichts rechtswidrig erlangen.

Ich denke an Heinrich mit seinen Gefälligkeiten. Denk nur: Fräulein Sch. ist gleich mit solchen Gedanken losgefahren. Hat sich Kleider mitgebracht, die sie hier verkaufen will, auch einen Pelz. Mit solchen Gedanken reisen die daheim schon los – Unrecht scheint mir das.

Oh nein! Das Mannerli nimmt nur eben die Gelegenheit war [sic], Euch Lieben daheim eine Freude zu bereiten – ach Du! Du!!! Es möcht Dir ja viel Lieberes noch tun! Geliebte mein!!!

Ach Du! Du!!! Und wenn ich nichts schicken könnte – aber Dein liebes, treues Mannerli kann ich immer und überall sein – Dich lieb und wert im Herzen tragen, daß daheim das Deine ganz froh und glücklich schlägt, das kann ich immer und überall – oh Geliebte, ich muß es – Dich ganz liebhaben!!!

Du bist glücklich mit mir! Oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Oh ja, Herzelein! Und wenn dieser böse Krieg einmal gnädig vorüber ist und wir dürfen miteinander leben, dann wird unser Glück noch immer so übergroß sein – und wir werden es nimmer vergessen: es ist lauter Gnade Gottes – in Gottes Diensten stehen wir!

Von Deinen Kindern erzählst mir. Willst ja nun richtig der Schule Konkurrenz machen – an 3 Nachmittagen Dienst. Und dazu nun die Nebenarbeiten – dann bist Du aber nebenher reichlich in Anspruch genommen. Ich kann Dir nun gar nicht weiter zur Hand sein. Muß mir mal richtig ein Stündchen besonders Zeit nehmen, um in meiner Schulweisheit zu kramen, ob ich ein paar brauchbare Anregungen für Dich darin habe.

Das Malen macht den Kindern ja auch viel Freude – und man muß durchaus nicht immer vormalen. Muß sie nur anregen dazu – über das Darzustellende eine Vorstellung wecken, sagen, was alles zu sehen sein soll, auch im einzelnen die Vorstellungen klären, dann gehen die Kinder mit Eifer dran, und die talentierten unter ihnen machen es besser, als man es vormachen könnte.

Ja, Herzelein! Nun wünsch ich Dir viel Erfolg und Freude! Sei nicht zu ehrgeizig – sonst nimmt man Dich in einem Jahre noch zum Schulehalten, wenn der Krieg so weitergeht. Ich würde es Dir nicht wehren. Aber soweit soll es lieber gar nicht erst kommen – und eines bin ich doch froh gewiß: wenn das Mannerli heimkommt für immer, dann bist Du ganz mein liebes Weib! Dann wird nichts Dich abhalten können, ganz mit mir nur zu leben – in unserem Heim! – in unsrer Welt! wird nichts Dich abhalten können, ganz meine liebe Frau zu sein! – oh Du! Du!!! Doppelt lieb wollen wir dann doch einander haben, und nachholen, was uns so lange verwehrt war.

Oh Du! Geliebte mein! Dann wird sich erfüllen, was an Sehnsucht jetzt unruhig und ungeduldig in unseren Herzen wartet; was als so liebe und große Sehnsucht und Hoffnung darinnen unauslöschlich brennt. Dann wird mein Herzensweibel mit mir zum Nestlein schlüpfen, zum trautheimlichen Schwalbennestlein – schlupf – schlupf – hinein – wer schlüpft voraus? — ins enge Schwalbennestlein? – Du! Du !!! Ich weiß – aber ich sag es nicht! Geliebte!!! Oh Du! Du!!! Dies Leben mit Dir! Wie ersehne ich es! ersehn ich es! wie ist alle frohe Hoffnung darauf gerichtet – Geliebte mein!!! wie freu, wie freu ich mich darauf – oh, walt es Gott!!!

Herzelein! Ich schreibe nun am Mittwoch weiter, Du siehst es schon.

Wer hat das Mannerli heut nacht denn gar nicht schlafen lassen? Obwohl es sooo müde war? Zu ganz ungewohnten Stunden war ich munter. Ob es war, weil ich soviel Bratkartoffeln gestern abend aß?

Kann aber sehr wohl auch andre Gründe haben.

Weißt, wohin ich spaziere, wenn ich nun so mitten in der Nacht erwache? Und dann ganz allein bin?

Du weißt es!

Gegen morgen habe ich dann noch getraümt, und beim Aufwachen wußte ich gar nicht mehr recht, was mir träumte und was ich dachte. Ach kunterbuntes Zeug war es. Elfriedes Kindlein hatte ich im Arm, es glich dem Marzipanschweinchen, als das Du mir die Huschegans geschildert hattest. Hellmuth und Siegfried waren im Traume. In Sch. hatten wir eine Wohnung, die Eltern, im ersten Stock lag der Eingang. Und bis zu diesem Eingang mußte man emporklimmen. Erst auf einen wackligen Stuhl steigen, dann auf eine schmale Leiste eines hohen Schrankes treten usw. Vater sagte: wenn der Krieg noch lange dauert, müssen wir noch 30 Jahre (!) in diesem Hause wohnen. “Aber ohne mich” – fiel ich ein. All diese Träume waren von Gewitterstimmung umbrummelt.

Und mein Herzlieb war auch in einem Traume. Das Schlafkämmerlein in Bischofswerda war es. Ich lag schon im Bettlein – und wartete auf Dich, und ganz ernst war es mir, wie Abschied, und ich wolllte Dich so gern noch einmal küssen und lieb an mich drücken. Aber Du warest nicht ernst – und brauchtest Ausflüchte – wolltest erst noch ein Kleidel ausziehen, gingest an eine Arbeit – und das Mannerli rutschte ganz an den Rand des Bettleins und hat Dich ganz lieb gebeten!

Da war der Traum auch schon aus.

Ach Du! Du!!! Ich hab mich doch gefreut, daß Du in meinem Traum warest.

Herzelein! Ein schöner Tag ist heut wieder draußen, und über mittag will ich meinen Spaziergang machen.

Nehm Dich doch mit – immer – immer!!!

Oh Du! Du!!! Wie gerne ging ich doch wirklich mit Dir! Wie gerne!

Ach Herzelein! Du! Es drängt mich, es Dir immer wieder zu sagen: Ich hab Dich sooo lieb! So lieb!!! Und sooo wert bist Du mir! Oh Herzelein! Alle Kraft kommt mir davon, daß ich Dich mein Eigen weiß – mein Eigen! Und daß ich Dich ganz lieb festhalte – ach Du, daßs ist meiner Liebe heiligstes Gebot – von Anbeginn, und in dieser ernsten Zeit erst recht!

Oh Herzelein! Mit unsrer Liebe haben wir einen ganz köstlichen, unersetzlichen Schatz — den uns niemand rauben kann – oh Herzelein, Dein Mannerli bin ich auch über die Ferne: immer bereit, Dich zu empfangen, Du findest mich immer, und baue und schmiede an unsrem Glück – ach Du! ich weiß nichts Schöneres und Beglückenderes. Ich muß Dein warten. Und Du wartest mein! Du bist meine liebe Frau! Und Du gehst mir ganz lieb zur Seite! Ganz lieb und nah!!! Oh Herzelein! Wie bin ich sooo glücklich darum! Sooo glücklich!

Nun behüt Dich Gott! Er segne all Deine Wege!

Ich bleibe in Liebe und Treue

ewig Dein [Roland]!

Dein glückliches Mannerli!

Ich küsse Dich herzinnig! Du! Du!!!

Geliebte! Mein Alles, Du!!!!! !!!!! !!!

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Kommentare

Huschegans ist sächsich, bedeutet (alte) Gans, auch Gänschen.

Dieser Heinrich (Vorname) ist Rolands Stubenkamerad. Elfriede ist seiner Schwägerin, die Ehefrau seines Bruders Hellmuth. Siegfried ist Rolands jüngster Bruder.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946