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[OBF-430217-001-01]
Briefkorpus

Mittwoch, den 17. Februar 1943

Herzensschätzelein! Geliebtes, teures Herz! Meine liebe

liebste [Hilde]!

Heute ist Ebbe im Dienst. Ist auch mal schön. Das Mannerli ist heute U.v.D., und darum kommt es gleich jetzt, im Dienst, noch ein wenig zu Dir. Darf Dich doch jetzt eigentlich gar nicht stören, bist ja selber im Dienst. Ach Du! Ich weiß es noch, wie ich das Ende des Unterrichts sooo oft herbei gewünscht habe, seit ich Dich in meinem Herzen trage - und erst noch bewegte.

Ach Du! Am liebsten wäre ich manchmal losgewandert - wohin? - hin zu Dir! Oh Du! Wenn ich die Zeit gehabt hätte, wie gerne wäre ich losgegangen!

Und machte gleich jetzt mich auf! Oh Schätzelein! Welche Hoffnung, wieviel Sehnsucht und Freude würde meine (Flügel) Schritte beflügeln! Den kürzesten und geradesten Weg wollt ich mir aussuchen. Du! Und das letzte Stück – da ginge mirs [sic] doch gar nicht schnell genug, da müßt ich aber mein Herz ganz fest in die Hand nehmen, daß es nicht davonhüpft vor Freude und Überfluß.

Herzelein! Und gleich, gleich, so hoffe ich, wirst Du zu mir kommen in Deinem lieben Boten.

Oh Herzlieb mein! Ich hab doch geträumt von Dir heut nacht - und hab Dich ganz lieb gehabt im Traume. Du!!!

Im Bettlein lag das Mannerli - in Bisch. war's. Und neben mir, nach dem Rande zu, lag noch eins im Bettlein, und schlief. Ich aber wartete - auf Dich! Und dann kamst Du - und fast fühlt ich mich als Kindlein, und Dich als Mütterlein - und kniete auf im Bettlein - und streckte mich sehnend nach Deinem Mündelein, und hab Dich geküßt, so voll durstigem Sehnen, und hab Dich an mein Herze gezogen - Herz an Herzen - und hab Dich geküßt - oh Geliebte! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Und hab Dich dabei lieb gehabt - und als das Mannerli aus dem Traum erwachte - da hätte eben schnell ein Mütterlein kommen mögen - Du!!! Ach Du! Geliebte mein! Ganz sehr lieb hab ich Dich! Du! Du!!!

Und nun ist Dein lieber, lieber Bote da! Oh Herzelein! Er ist da!!! Er ist da! Du! Du!!! Liebstes, Herzliebstes mein!!! Du machst mich so glücklich!

Meine liebe [Hilde]! Nun ist das Mannerli im andren Dienst - und nun, die beiden Stunden zwischen 8 - 10 Uhr können meinem Schätzelein gehören. Eben habe ich noch die Gefangenen versorgt. Ich schrieb Dir schon mal davon. Ein Feldwebel ist schon so lange hier. Ach Du! Bei den Soldaten - und in der Kaserne - und da noch hinter Schloß und Riegel - schaurig. Weiß nicht, was die so auf dem Kerbholz haben.

Ach Herzelein! Machst mich sooo glücklich mit Deinem lieben Boten. Mein glückliches Frauchen - ja so innig und traut und auf ein engstes, kleinstes, heimlichstes zusammengedrängt, so schau auch ich die Liebe manchmal, als wären wir ganz allein nur in der Welt.

Aber so klein und niedlich ist sonst mein Herzensfraule gar nicht -ach Du! paßt doch ganz zu seinem Mannerli, denk ich, und ist bei seiner Größe doch so lieb und herzig.

Aber jetzt mal ich Dich doch ab - Du! Du!!! Wenn Du mir aber auch sooo lieb nahe bist - Du! Geliebte! Ich sehne mich nach Dir - nach Deiner Nähe!Und Du sehnst Dich auch - nach demselben? Und bald - so hoffen wir, wird uns Erfüllung geschenkt! Du! Du!!!

Oh Du! Geliebte mein! Nur Du magst dann das Glück Deines Mannerli ermessen, wenn es dann sein Eigenstes in Armen hält - oh Geliebte! wenn ich zu Dir kommen darf! Geliebte! In Deinen Händen liegt mein ganzes Glück - oh Du, und mit der gläubigen, sieghaften Gewißheit gehe ich hier, daß es in trautesten Händen liegt - mein, Herzlieb - daß es tief in Deinem Herzen wurzelt so wie Dein Glück in den meinen!

Oh Herzelein! Wenn dann all die Liebe, die jetzt über alle Ferne strahlt, zwischen unsren Herzen wogt im Kämmerlein - Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Oh Herz - schweigst stille - noch - schweig stille noch!

Ja, Herzelein! Die Panik daheim kann ich mir gut vorstellen - den kleinen Haß, die Schadenfreude, die niedrige Befriedigung darüber, daß alles gleichgemacht wird - so soll es nicht sein - aber so ist es - ein Stück Bolschewismus ist es - die Stimme des Volkes! In der Enge, in der Frohn der Arbeit werden die Menschen so - da verwischen alle Unterschieden, da schwinden Abstand und Achtung voreinander - die Freudlosigkeit des Daseins, der Arbeit, macht den Menschen mißmutig, und neidisch, aber was noch Freude strahlt, ist ein Ärgernis. Diese Menschen können nicht einmal still werden darüber, daß ihre Kinder vielleicht einmal ein freudigeres Leben haben - sie möchten eben alles Strahlende schwärzen.

Geliebte! "Wenn wir erst einziehen in unsre Burg! Die erste Zeit bleibt die Zugbrücke gleich oben!"

Ach Du Herzensfraule! Du liebstes Weib! Daß Du darin mich verstehst - acht, vielmehr als verstehst - daß diese Gedanken an die eigene Welt, an das Eigenste, auch ganz die Deinen sind, das will mich sooo glücklich machen!!!

Schätzelein! Das verstehen doch nur zwei, denen die Liebe eine Sache des Herzens ist, und gläubigen Sehnens.

Herzelein! Geliebte! Heut muß ich unser Herzelein wieder auf die Reise schicken!

Oh Du! Wie sehne ich mich, bei Dir zu sein in den Tagen der Stille - oh Herzelein! Dich doppelt lieb und innig festzuhalten in den Tagen, da Du einem Lebensgesetz gehorsam sein mußt, - oh Geliebte! auch dieses Gesetz in den Dienst unsrer Liebe zu zwingen!

Wollen wir einmal ganz brav sein im nächsten Urlaub in diesen Tagen? - Herzelein! das Wiederhaben ist dann doppelter Lohn! Und du sollst doch all meine Liebe und Zärtlichkeit haben trotzdem. Und abends, wenn die Sehnsucht wieder mächtig werden will - dann warten wir solange im Stübchen, bis wir ganz müde sind - nur mein Herzensfraule muß sich ganz fein lang strecken und in meinen Armen ruhen - oh Du! Du!!! Wie schaue ich glücklich dieses Bild! Geliebte mein! Du! Du!!! Mein Liebstes! in meinen Armen!

Oh Du! Meinen liebsten Herzensschatz umschließen!

Ach Du! Du!!! Welch herrliches Glück!!!

Oh Geliebte! Macht es Dich sooo glücklich auch, einem Menschen das Liebste zu sein - einem Menschen ganz zu gehören? Oh Herzelein! Rosenpfad der Liebe!!! Diesen einen Weg zu gehen, ganz gerade und bestimmt und treu - glücklich macht es und reich!!!

Treu gehen wir den einen Weg, unseren Weg! Und gehen ihn ganz glücklich.

Herzelein! Gleich wird wieder die Pflicht rufen. Bin heute auch müde - weil Du im Traum bei mir warst - war doch nicht lange nach dem Einschlafen! - und will sehen, daß ich um 11 Uhr ins Bettlein komme. Wenn es die Zeit erlaubt, komme ich morgen früh noch einmal zu Dir!

Bleib mir froh und gesund! Willst an Dein Mannerli denken, wenn Du Schmerzen hast?

Ich denk an Dich - ganz lieb! Und hüll Dich in meine Liebe - auch meinen lieben Schoß - oh Du! mein lieber Schoß? - Herzelein? ja!!! Du!!!!! Liebstes, einziges Weib! Herzensblümelein! Oh Herzelein! Ich denk mit Dir an der Liebe Wundersamstes, Heiligstes - oh Du! denk an unsrer Liebe seligste Stunden - an unsrer Liebe Feuer - an unserer Liebe Brunst - Du harrst mein! Du bewahrst mir alles treu - oh Geliebte, wie ich Dein bin und bleibe in heißer, treuester Liebe! Unsre Liebe lebt!

Oh Herrgott im Himmel! Segne sie! Sei uns gnädig! Amen!

Gut Nacht, Herzensschätzelein! Herzlieb mein!

Ich bleib ewig Dein glückliches Mannerli!

Ich küsse Dich vieltausenlieb!

Herzelein! Geliebte!

Morgen ist wieder! Und wir dürfen ihn schauen. Ein Geschenk ist jeder neue Morgen - eine Aufgabe. Herzelein! Ich gehe doch mit Dir! Und unser Leben ist doch nun unsre gemeinsame Aufgabe. Ich kann es anders gar nimmer schauen. Und jeder Tag - auch der heutige - ist ein Tag, der sie höhen hilft - und ich denk mir, daß ich dort am meisten Hand anlegen kann, wenn ich Dein denke, wenn ich mich zu Dir dränge, wenn ich den Garten unsrer Liebe bestelle. Oh Herzlieb mein - nichts ist schöner und köstlicher und gewinnbringender am Tage als das! Ach Du, was wäre dies Leben hier freudlos! ohne Gefälle, ohne Abfluß wie ein Sumpf.

Ja, Herzlieb mein! Den Garten unsrer Liebe pflanzen, das ist das schönste jetzt - Herzelein! In dieser Arbeit ist Hoffnung, Glaube, Ausblick, ist Wille und Strecken zu allem Guten - und all das, Geliebte, hältst Du lebendig mit Deiner Liebe! Mit Deiner treuen Liebe! Oh Herzelein! Alles gute Wollen wird lebendig, wenn ich Dein denke, wenn ich Dein gleliebtes Bildnis schaue. Oh Herzlieb mein! Und wird lebendig aus dem Innersten heraus - nicht nur in Worten und Gedanken und harten Grundsätzen - sondern in froher, warmer lebendiger Tat, in glückerfülltem Leben! Oh Herzlieb mein! Darum ist unsre Liebe ein Geschenk Gottes - oh Du! zur rechten Zeit!

Ich bin sooo glücklich mit Dir! Und dieses Glück ist mit mir in der Ferne, auch im ödesten Dienst, auch im grauesten Alltag. Oh Herzelein! Und wie es jetzt in uns lebt, so wollen wir es verwirklichen! Du! Du!!! Ach Herzelein! Daß ich Dir es recht zum Glücke sagen könnte: wie Du allein mich so glücklich machst! wie dieses Glücklichsein mit Deinem Wesen, mit Deiner Person ganz besonders und wundersam verbunden ist.

Du! Du! Ich fühle das! Ich kann es Dir nicht ausdrücken. Aber ich liebe Dich in Deinem tiefsten Wesen! Aus Deinem Herzen strömt mir alles Glücklichsein - Deine Liebe nährt mein Glücklichsein! Oh Du! Mein Liebstes! Eigenstes - Ureigenstes! Oh Herzelein Du! Du!!! In Deines Herzens Mitte zielt all meine Liebe - oh Du! will ganz Dich erfüllen und sich in Dein Herz ergießen! Ich küsse Dich - Du!!! - und halt Dich sooo fest! Gott schütze Dich!

Du Liebes! Liebstes! Herallerliebes! Mein!!!

Dein glücklicher [Roland] - meine [Hilde]! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946