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[OBF-430402-002-01]
Briefkorpus

156.

Freitag, am 2. April 1943.

Mein herzallerliebster [Roland]! Du!!!!!

Ich muß doch noch einmal zu Dir kommen, Du!!! Die Mutsch hat mich heraufgeschickt aus dem Waschhause, sie kann mich jetzt garnimmer brauchen; denn sie hat nur noch ungefähr 1 – 1 1/2 Stunden Wäsche abzukochen, dann frisches heißes Wasser bereiten und die fertiggewaschene Wäsche abbrühen.

Das soll dann bis morgen stehen, wir wollen sie miteinander erst morgen fertig spülen und aufhängen. Ja, Herzlieb! Wir haben es wieder mal geschafft! Ich bin ja auch so froh! Die Mutsch hat das Meiste gemacht diesmal! Sie hat schon gestern alles vorgewaschen mit der Maschine und alles Bunte gewaschen, sodaß ich heute nur noch auf dem Waschbrett tüchtig gerumpelt habe mit ihr.

Eine ganze Menge Wäsche ist’s gewesen!!

Aber nun fehlt uns das schöne Wetter! Du!! Was meinst, wie es draußen stürmt und regnet! Schlimm! So richtig April!

Ach, da wird sie eben auf den Boden gehängt. Bis Du da bist, ist sie gewiß trocken. Ach Herzelein, ich hatte auch gestern meinen Drasch. habe in der Wirtschaft alles vorbereitet, daß wir heute gar keine Arbeit hatten – auch das Essen kochte ich gestern schon mit – und bin alle Wege gelaufen. Abends nach dem Abendbrot sind die Eltern gleich schlafen gegangen.

Ich hab erst noch aufgewaschen und bin dann auch ins Bettlein.

Hab doch erst Deinen lieben, lieben Sonnabendboten noch einmal gelesen, der gestern zu mir kam. Ach Du!!!! Du!!!!!!!!!! !!!

Mein [Roland]! Wie bist Du lieb zu mir gekommen! Ich möchte Dich doch gleich einmal ganz lieb und innig umarmen, Dir danken, für alle Liebe und für alles Gutsein. Ach mein [Roland]! Daß Du doch bald wieder einmal zu mir kämest! Du!!!!

Heute ist Dein Bote ausgeblieben, mir fehlt auch noch Dein Montag + Dienstagbote, Herzlieb. Aber so war es schon mal, die letzten beiden Nachzügler sind ja nun auch daheim. Und unversehrt. Sie werden gewiß auch noch kommen.

Du! Die Zeit rückt immer näher, da Du vielleicht nun heimfahren kannst! Wir schreiben heute schon den 2. April. Du!!! Immer noch nicht konntest Du mir Gewißheit gehen. Das besänftigt meine Unruhe nicht, Du!! Aber ich will geduldig warten. Ich werde es schon in der Zeit erfahren, wann und wo ich Dich abholen kann! Gelt, Du?!!

Weißt Liebes? Es war schon einmal so. Ich war bis zuletzt im Ungewissen, dachte, daß Du später kämest und auf einmal standest Du draußen vor der Tür und begehrtest Einlaß! Weißt Du es noch? Du kamst aus Saloniki! Damals brachtest mir das feine Pelzcape mit! Ich wollte doch grade ins Badewännel steigen, war eben fertig mit scheuern. Ich weiß es noch ganz genau, Du! Den Papa hatte ich fortgeschickt mit einem Brief an Dich!

Ach Du! Vielleicht wirds diesmal auch wieder so, gelt?

Eines steht so fest in meinem Herzen! So fest!!! Du wirst kommen! Du wirst kommen.

Nun wird auch bald Heinrich zurücksein!

Ich will ja sooo lieb und ganz fest Dein denken, Du!! Daß es ein frohes Gelingen gibt!

Ach, es wird alles gut werden. Ich glaube es, mein [Roland]!

Wie mache ich es nur mit meinen Briefen?

Soll ich sie denn noch abschicken, oder soll ich erst einmal bis zum geplanten Termin warten, ob Du kommst? Wie mache ich es nur recht? Ich möchte Dich doch auch nicht gern so lange warten lassen, wenn Du nun doch später fahren dürftest. Und ich will auch nicht, daß meine Briefe umherliegen, während Deiner Abwesenheit.

Ich weiß auch bald nimmer, was ich Dir schreiben soll, Liebster! Kannst Du das verstehen?

Weißt? Ich bin viel zu unruhig und erregt und voller Spannung, als daß ich Dir lange Boten noch schreiben könnte, und Dir von allem Möglichen erzählen.

Ich kann Dir garnicht beschreiben, wie es ist. Es ist eine so große Spannung in mir! Ach, Du mußt selber kommen und sie lösen. Du!!! Ich fasse tausenderlei Dinge an, beginne dies und das, nur daß die Wartezeit umgeht! Geduld aber ruhig vor dem Briefbogen zu sitzen habe ich nimmer. Ich hab sie nimmer. Ach Du! Verstehe mich recht, mein Lieb!

Ich warte sooo voll Ungeduld Dein!!!!! Du!!!!! Du mußt mir bald heimkehren!. Ach Geliebter! Du bist mir nicht böse, gelt?

Wenn ich diesen Boten vorläufig als den letzten abschicke – ich will doch erst einmal abwarten, ob Du kommst! Ach Du!!!!! Schau, die Boten, die jetzt noch bei mir eintreffen, die sagen mir auch noch nichts, von der Entscheidung. Wenn sie gefallen ist und Du kannst fahren und wolltest es mir erst noch schreiben, dann wärest Du sowieso eher bei mir, als Dein Bote! Ach Du!! Wenn nur erst die kommenden Tage um wären. Die quälende Unruhe, ich fürchte mich richtig schon heute davor. Wie werde ich warten, auf ein Telegramm. Wie werde ich lauschen, auf das Telephon! Ach Du!!!!!

Gestern Abend gegen ½ 11 Uhr klingelte auch bei U.s das Telefon [sic] – man hört’s doch im Hause - und gleich drauf schellte die Klingel im Flur, da meinte ich schon, es gälte mir. Wie hat mein Herz geklopft, ganz wild! Und ich habe mit angehaltenem Atem gelauscht, ob jemand an unsrer Tür klopfen wird.

Nein. Es war für B.s ein Gespräch.

Ach Du!!! Ich werde nicht eher still sein, als bis Du endlich da bist!

Wann, oh wann wirst Du kommen ?! Du!!! Am liebsten holte ich Dich doch gleich selber heim! Ach Geliebter! So herzinnig wie diesmal habe ich mich wohl überhaupt noch nicht auf Dich gefreut! Oder weiß ich es nur nicht mehr? Ach Du!

Sooooooooo sehr feue ich mich auf Dich. Ich kann’s Dir ja garnicht sagen — oh Du!!!!!!!!!! !!!

Oh möchte uns der Herrgott im Himmel gnädig sein und unser heißes Sehnen, erfüllen!

Möchte er mir Dich behüten, Du mein Alles! Du! Bleib mir gesund und froh! Gott schütze Dich! Ich bete für unser Glück. Mein [Roland]! Du!!! Ach Du!!!!! Wenn Du doch erst bei mir wärst. Mein Lieb! Ich bin heute wieder ganz gesund! Ich will Dir aber unser Herzelein nicht mitschicken! Du weißt warum. Ach mein [Roland]! Wirst Du in den Tagen, da ich so hoher Hoffnung bin, bei mir sein? Du!!! Gott schenke es in Gnaden. –

Mein [Roland]! Die Uhr zeigte eben 5 Uhr, ich habe Feuer angemacht und bereite Badewasser. Die Mutsch soll dann auch gleich ein feines, warmes Stübel haben, wenn sie kommt und wir wollen dann alle schön warm baden, zu Abend essen und ins Bettlein gehen. Morgen will dann die übrige Arbeit getan sein. Wir haben auch noch nichts reine gemacht.

Aber eines nach dem andern. Ob ich sehr müde schon bin? Na, es geht an. Ich hab schon noch Kraft, Du! Sogar so viel, daß ich Dich ganz, ganz lieb und fest umfangen könnte und Dich liebhaben! Ja!!! Dein Fraule kann auch stark sein!

Bin doch kein Zimperpüppchen, was man gleich übern Haufen bläst! Ach Du! Wirst mal keine Not mit mir haben, mein Mannerli! Ich ich geh mit Dir durch Dick und Dünn! Und ich lasse mich so leicht nicht unterkriegen. Du! Wenn Gott uns nur gesund erhält, dann wollen wir’s schon wagen, das Leben zu meistern, wir zwei!

Oh Du! Ich freue mich schon heute soo sehr darauf!

Mein[Roland]! Ich trage den Boten schnell noch zur Post, damit er heute noch fortgeht!

Du! Komme bald heim! Wir alle warten Dein! Bist uns sooooo lieb willkommen!

Es küßt Dich Deine glückliche [Hilde]. Ganz Dein!

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Kommentare

laura.fahnenbruck

Fr., 17.03.2023 - 14:34

Heinrich (Vorname) ist Rolands Stubenkamerad und Kollege. Erst wenn H. zurück ist aus seinem Urlaub kann R. fahren.

Gegen Ende des Briefes spricht Hilde von Zimperpüppchen (wohl eine Person die zimperlich ist), das sie nicht sein möchte. Das und der gesamte Absatz sind eine wichtige Aussage von H., wenn man ihr späteres Leben betrachtet. H. ist immer die Starke und Praktische, behält ihren gesunden Menschenverstand und steuert ihr gemeinsames Leben.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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