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[NGM-421217-004-01]
Briefkorpus

Nr. 449.

Hbg.-Neuengamme, d. 17. Dez. 1942

Mein lieber [Heinrich]!

Wenn wir auch erst heute nachmittag zusammen telefoniert haben, so will ich Dir doch noch schnell einen Brief schreiben, denn der Weg nach Dänemark ist ja weit, u. da sollst Du doch sobald wie möglich wieder Post haben. Zwar ist der Nachrichtendienst schon vorbei (10 Uhr), es ist heute abend sehr spät geworden mit Puppe, wir hatten nämlich schon zweimal Alarm heute abend, sind aber nicht erst in den Keller gewesen, aber eine gewisse Unruhe bringt es doch mit sich, die Sachen müssen zusammengeholt werden, umziehen u.s.w. Nachher mußte Puppe dann noch ihren Oelpfropfen [sic] haben, aber was hat sie sich abquälen müssen, u. was hat es für eine Zeit gedauert, bis sie endlich drei harte verhältnismäßig dicke kleine Würste herausgedrückt hatte. Ganz rot war sie vor Anstrengung. Nachher hat sie dann seit langer Zeit mal wieder gut getrunken, es war aber auch zum Platzen viel Milch in der Brust. Seit einigen Tagen nimmt Puppe jetzt ihren linken Daumen, schläft mitunter damit ein oder nuckelt sonst auch drauf. Zur Hauptsache wird das schlechte Trinken wohl auf Verdauungsstörungen zurückzuführen sein. Wenn es damit doch etwas besser funktionieren wollte. Aber von selbst macht sie schon seit einigen Wochen nicht mehr, u. es kommt immer schwerer, so fest wie heute war es noch nie. Aber jetzt hat Puppe ja Gott sei Dank erst mal wieder Luft gekriegt. – Heute mittag hatten wir für drei Stunden den Besuch von Onkel Wilhelm, länger wollte er sich nicht halten lassen. In Wetzen warten sie ja nun auch täglich auf Zuwachs. Elfriede will nach Lüneburg in die Klinik. Onkel Wilh. [sic] hat bis zum 11. Jan. Urlaub, führt dort auf der Krim ein sehr schönes Leben, sah auch äußerst wohl aus. Dort hatte er sich einen Pelzmantel arbeiten lassen, außen Leder. Für Elfriede schickte er Persianerfelle zu einem Mantel. Er hat dort selbst über 100 Schafe, hat noch 5 Ztr. Wolle, die aber noch gesponnen werden muß, hat Hühner u. Puten, beaufsichtigt einen Bezirk von ca 70000 ha.

[*] Wenn Du mein Attest vorlegst, mußt Du sagen, daß ich nicht gehen kann, immer liegen muß. Jedenfalls mußt Du es so hindrehen, daß Du kommst.

Herzlich grüßt u. küßt Dich Deine [Hannelore].

[* = Von hier an ist der Brieftext auf dem linken Seitenrand von oben nach unten geschrieben]

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Autor Hannelore Wilmers
Korrespondenz Neuengamme
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Über den Autor

Hannelore Wilmers

Abbildung von einem Haushaltspaß von Hannelore Wilmers, grüner Karton mit Schreibmaschinenschrift. andes- und Hauptwirtschaftsamt Hamburg.
Ba-NGM K02.Pf1_.A14, Haushaltspaß von Hannelore Wilmers, 1944, Hamburg, herausgegeben vom Landes- und Hauptwirtschaftsamt Hamburg.

 

 

Hannelore Wilmers, geb. Baumann, wurde 1917 geboren, sie lebte bis 1999. Sie war Tochter eines Lehrers und seiner Frau in Neuengamme. Ihr jüngerer Bruder war bei der SS. Hannelore Wilmers besuchte das Luisen-Gymnasium in Hamburg-Bergedorf. Dann arbeitete sie in einer Motorenfabrik als

Über die Korrespondenz

Neuengamme

Abbildung mehrerer Bündel Briefe aus dem Konvolut Neuengamme, von Kordeln zusammengehalten, in einem Schuhkarton durcheinander gewürfelt.

Die Briefe von Hannelore und Heinrich Wilmers befinden sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Über 1600 Briefe und Karten wurden von den Autoren nummeriert, sortiert und sorgfältig zu je 100 Stück gebündelt aufbewahrt. Die von Hannelore Wilmers verwahrte Feldpost