Oberfrohna, am 24. Juli 1939.
Mein lieber, lieber [Roland]!
Für Deinen lieben Brief meinen herzlichsten Dank, und vor allem auch Dank für die schönen Bilder! Du hast mich sehr erfreut damit.
Denke nur, Deine Eltern haben mir gestern zur gleichen Zeit geschrieben, eine schöne Karte vom Hutberg. Sie erwarten Dich am Dienstag erst, dann sieh nur zu, daß Du Einlaß findest, wenn Du schon heute, Montag ankommst!
Du kommst zu mir, Liebster! Endlich!
Ich will mich freimachen am Donnerstag ½ 12 [Uhr], ich hole Dich ab. Sag nur Deinem Lokomotivenführer, daß er tüchtig aufdreht! Du mußt den Zug nach Oberfrohna erwischen.
Du brüstet Dich mit großen Worten: Wenn mir’s gefällt, dann bleibe ich vielleicht noch einen Tag länger!
Hast Dir wohl garnicht überlegt, daß ich Dich auch ’rausjagen kann, wenn Du nicht brav bist? —
Vielleicht lasse ich Dich so bald garnicht mehr fort. Du! Ach ich bin ja so froh — und was soll ich Dir noch schreiben? Es ist doch schade um die Tinte. [Siehe Ausschnitt aus dem Brief.]
Die Eltern schreiben Dir nicht erst, sie laden Dich durch mich ein und heißen Dich recht herzlich willkommen, sie grüßen Dich vielmals!
Gestern nachmittag haben wir einen Plan ausgedacht, aber nur Deine Eltern können ermessen, ob er durchführbar ist.
Am kommenden Sonntag beginnt in Limbach das Stadtparkfest und das ist immer eine kleine Sehenswürdigkeit; sonst ist ja nichts Besonderes hier in der Umgebung zu suchen. Kurz — wir hatten uns so schön vorgestellt, wenn am Sonnabend und Sonntag Deine lieben Eltern uns einmal besuchen kommen würden.
Du bist dann auch mit da, das wäre schön.
Was meinst Du zu dem Vorschlag? Deine Eltern schrieben, daß nun alle Jungen ausgeflogen sind, (besser ausfliegen wollen!) sie wären also allein zu Haus, wenn sie sich nicht schon etwas Andres vorgenommen haben. Also wir halten unsre Hoffnung für das Gelingen des Planes noch aufrecht, und Du wirst am Donnerstag Bescheid mitbringen?
Ja und nun, Liebster? Alle übrigen Fragen, die noch offen stehen, betreffs Urlaub, die wollen wir am besten mündlich behandeln. Ich weiß vor Aufregung und Freude garnicht, was ich zuerst vorschlagen und raten könnte. Komm nur erstmal zu mir, dann werden wir schon einen Rat finden und uns einig werden, ja?
Knapp 3 Tage sind es noch; na, sie werden wohl rasch vergehen über den Vorbereitungen.
Nun komm in mein Kämmerchen, Liebster, Du! Ich erwarte Dich voll Ungeduld, voll Sehnsucht! Ich heiße Dich recht herzlich willkommen! Behüte Dich Gott! Bleib schön gesund und reise glücklich!
Mein lieber, lieber [Roland]! Ich liebe Dich!
Deine [Hilde].
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Hilde Nordhoff
Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.
Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946