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[LBR-411116-005-01]
Briefkorpus

N 34.

Im Osten den 16. November 1941.

Meine liebe kleine [Ella]!

Heute scheint es ja ein Sonntag zu werden, wie schon lange nicht mehr; so schön und friedlich! Ich sitze hier jetzt im Bunker und schreib an Dich, kleine [Ella]. Draußen ist die Welt weiß und stumm – sogar die Artillerie schweigt – Ach [Ella] ich glaub beinah, es ist hier heut morgen eben so schön wie bei Euch zu Hause. Wenn ich jetzt zu Hause gewesen wär, hätt Mutter bestimmt gesagt: heute ist es so schön, ich glaub wir kriegen noch Besuch. –

Mir ist heut so froh und sonntäglich zu Mute und ich tät Dir ja gern ein Bischen [sic] von abgeben, aber wie soll ich das machen? Ich hab mich hingesetzt um Dir heut mal was Liebes oder nettes [sic] zu schreiben. Wo Du Dich mal von Herzen zu freuen solltest. Aber nun weiß ich wieder nichts, wie schon so oft! Alles was mir im Augenblick dafür richtig und schön erscheint, ist ja doch nichts. Das ist dann so wie eine schöne große Seifenblase: von außen herrlich anzuschauen, schaut man aber genauer hin, dann ist sie auch schon irgendwo gegen gestoßen und der Spuck [sic] ist wieder vorbei.

Du kleine [Ella] weißt Du auch, daß es noch sehr, sehr lange dauern wird, ehe wir uns mal wiedersehen? Ich weiß es, kann Dir aber leider aus gewissen Gründen auch nicht sagen warum. –

Nun wirst Du Dich wundern und fragen: warum ich Dir das überhaupt sage. Ja meine liebe [Ella], glaub mir sicher daß ich Dir dies sage, nur aus Vergnügen! nein [sic] [Ella], ganz sicher nicht. Also denk ruhig in Ruhe drüber nach. Ich mein es nur gut Dir. Und gerade deshalb sage ich es Dir ja.

So jetzt wird gegessen. Heute gibt was zum satt [sic] essen [sic]. Pellkartoffel Soße und Frikadellen dazu Weißkohl! Kann Dir sagen, Festessen wird das. Der ganze Bunker wird jetzt lebendig. Nach Mittag wird dann, wenn nichts dazwischen kommt, ein Skat gedroschen, das die Wände wackeln. Hoffendlich [sic] verlebst Du den Sonntag eben [sic] so [sic] froh wie ich bisher.

Viele Grüße aus weiter Ferne

sendet Dir Dein

[Albert].

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Autor Albert Müller
Korrespondenz Lohbrügge
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Über den Autor

Albert Müller

Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben

Über die Korrespondenz

Lohbrügge

Fotografie einer handgeschriebenen Liste mit Zahlen, aus dem Konvolut Lohbrügge, die Briefdaten sortiert.

Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil