Lohbrügge

Fotografie einer handgeschriebenen Liste mit Zahlen, aus dem Konvolut Lohbrügge, die Briefdaten sortiert.

Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil listete und mit beschrifteten Banderolen versah. Der erste erhaltene Brief ist aus dem Februar 1941, der letzte Feldpostbrief von Albert Müller ist aus dem April 1945. Auch Post aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft aus den Jahren 1946 und 1947 ist erhalten geblieben.

Die Briefe sind in Sütterlin verfasst worden. Immer wieder nahm das Paar sich vor, seine Briefe zu nummerieren, begann aber mit der Nummerierung mehrmals aufs Neue, beispielsweise zu Jahresbeginn, nach einem Urlaub oder weil man durcheinandergekommen war. So lässt sich der Briefwechsel nicht genau auf Lücken untersuchen, es ist aber festzustellen, dass kaum Briefe fehlen können, da die Post alle 2 bis 3 Tage ausgetauscht wurde. Die Briefe - vor allem seine - sind teilweise 10 Seiten lang. Eine ausführliche Darstellung zu Überlieferung und (ortho-)graphischen Besonderheiten dieses Briefwechsels sind in dieser PDF nachzulesen. Unsere editorischen Eingriffe im Verlauf der Produktion sind hier dokumentiert.

Die Schreibenden lebten in Lohbrügge, einem Hamburger Stadtteil, der zum Bezirk Bergedorf gehört. Er war Tischler und als Soldat an der Ost- und an der Westfront. Sie lebte und arbeitete auf dem Selbstversorgerhof ihrer Eltern in Lohbrügge. Sie lernten sich Anfang 1941 kennen. Sofort begannen sie eine briefliche Diskussion über eine Hochzeit, die offenbar von den Familien der beiden erwartet wurde, da eine Schwangerschaft nach den ersten Treffen nicht ausgeschlossen werden konnte. Albert und Ella Müller näherten sich über den Briefwechsel langsam an. Sie beschrieben sich selbst, ihre Moralvorstellungen, ihre Familien, ihre Interessen und ihren Alltag an der Front und zu Hause. Im September 1943 heirateten sie und Albert Müller zog in das Haus seiner Schwiegereltern. Kinder wurden nicht mehr erwähnt.

Ella Müller berichtete in ihren Briefen viel von der täglichen Arbeit, vom Sport und Luftschutzhelferinnenkursen. Sie hatte auch 'Soldatenbrieffreundschaften' und ging mit anderen Männern aus, worüber sie auch schrieb. Sie schrieb wie sie redete und achtete kaum auf Rechtschreibung. Albert Müller schrieb von seinen Fronteinsätzen und dem Leben mit seinen Kameraden. Oft verwendete er nationalsozialistische Parolen und legte seine Moralvorstellungen dar. Ein großes Thema von ihm war Eifersucht und es war ihm wichtig, sich immer wieder der Liebe seiner Ehefrau zu versichern.

Es wurden insgesamt 19 Ergebnisse zu dieser Auswahl gefunden.
[...] ich möchte schlafen wie Dornröschen, und erst erwachen, wenn der Krieg zuende ist, dir habe ich auch eine Rolle dabei zugedacht!
Ich glaube wenn Anne damals erfahren hätte, oder noch erfährt, das ich das Geld nicht so angelegt hab wie Du wolltes, und sie es mir hundertmal gesagt hat, regnets Pech und Schwefel, doch die Sache ist jetzt erledigt, ein für allemal erledigt!
Daß wir einmal wieder in Hbg wahren, hast du ja sicher aus der Karte gelesen. Wir waren einmal wieder in der Volks-Oper, haben „die Liebe in der Lerchengasse“ gesehen, ...
Hoffen wir das [sic] nächstes Jahr um diese Zeit endlich Frieden ist. Ach [Ellachen] dann holen wir alles doppelt und dreifach nach, was wir jetzt versäumen.
Und da ich nun eimal [sic] das Gefühl habe, ich käme nicht mehr dazu, es könnte zu spät werden, muß ich alles schriftlich machen.
Zu Anfang sagte ich zu Dir, ich suche eine ehrliche Freundschaft. ... Jedenfalls habe ich Dich „sehr“ gern.
Wär ganz nett wenn Du jetzt hier wohnen tätest, zumal hier keine englischen Flieger mehr her kommen können.
Wenn Du jetzt etwa in 5 - 6 Wochen keine Post von mir bekommst, dann sei bitte nicht böse und denk nicht, ich wäre schreibfaul geworden.
Ich habe in diesen Tagen allerhand erlebt ... auch Sachen, die wirklich nicht mehr feierlich waren.
Die Hauptsache ist ja, das [sic] Krieg [sic] bald wieder vorbei ist. ... Gestern schrieb ich Dir ... Denn gestern wußte ich noch nicht, daß ich heut zum Schreiben käm.
... vom Strümpfestopfen ... bekomme ich fast jedesmal einen förmlichen Wutanfall. Natürlich gehts dann nicht besser! Im Gegenteil! Immer häufiger steche ich mich dann. Jetzt wirst Du sicher schmunzeln ...
Am Tage der deutschen Wehrmacht warst Du ja mit Tudi in den Kasernen. Es freut mich sehr, daß es Euch Spaß gemacht hat. Doch wie kam es dann, daß Euch die Sache zuletzt zu „seltsam“ wurde, und Ihr ausgerissen seid, bevor das Tanzen anfing?
... ich versuche jetzt, Dir ein kleines Stimmungsbild von hier, aus der Stube 14, zu geben.
Nur mein Herz wurde kalt und hart wie ein Stein. Dann kam die Zeit zwischen Arbeitsdienst und Militär. ... Jetzt im Vorfrühling vor einem Jahr kam ich ins Feld.
Ja, heute ist Sonnabend. Und richtiges Frühlingswetter obendrein. Jetzt werde ich nochmal kurz in die Stadt gehen und ein paar Aufnahmen machen.
Heute bekam ich ein Telegramm von meinem Feldtruppenteil mit folgendem Inhalt: Sofort zurück! Das haute natürlich ganz gewaltig hin.