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[LBR-420221-005-01]
Briefkorpus

18

Im Osten, den 21. Februar 1942.

Meine liebe gute [Ella]!

In letzter Zeit meinst Du es ja wohl gar zu gut mit mir. In den letzten Tagen bekam ich zwei Päckchen und zwei Briefe von Dir. Hab mich ja sooo dazu gefreut. Der 1. Brief war der, der fehlte, vom 12.1.42. Eine trug er nicht. Dann der Brief vom 10.2.42. auch ohne . Die Päckchen waren vom 4.1.42. und vom 13.1.42.

Also [Ellachen], ich will mich nicht lange mit der Vorrede aufhalten. – Der Kuchen schmeckte einfach goldig! Wie heißt es doch, Liebe geht durch den Magen. Ist aber auch auch tatsächlich so! Früher als ich noch in Zievil [sic] war, hab ich mir nie viel aus Kuchen gemacht. Doch heute kann ich gar nicht genug davon kriegen. Süßigkeiten eß ich auch. Doch wenn ich sie nicht hab, mach ich mir auch nichts drauß [sic]. Sei mir deshalb nicht bös wenn ich Dir das sag, aber Du hörtest ja gern meine Meinung darüber. Ich glaub für Dich und Deinen Bruder sind Schokolade und Süßigkeiten viel wertvoller als für mich, nochzu [sic] wo Dein Bruder nicht raucht. Da wir gerade beim Rauchen sind. Sag mal Rau raucht Dein Vater garnicht? Du hast mir so schöne Zigarren u. Zigaretten geschickt; und wo Rauchwaren doch so schrecklich schwer zu haben sind. Du [Ellachen] ich freu mich ja zu jeder Zigarre zu jeder Zigarette die ich von dir bekomme, aber wenn Dein Vater darunter leiden müßte, tät es mich nur ärgern. Gefreut hab ich mich wirklich zu den Päckchen.

Nun zu Deinen lieben Briefen. Ich glaube zu dem vom 12.1.42 bauch [sic] ich wohl nichts mehr zu sagen denn der ist ja längst überholt.

In den alten Briefen hast Du wieder mal rumgestöbert? Verbrenn doch den Müll! Ist ja leicht gesagt und ich kann mir [sic] da ja auch nur sehr schwer von trennen.

Liebe [Ella] wenn Dich dieser Brief nicht enttäuschen soll, muß ich Dir etwas gestehen: ich kann im Augenblick deinen Gedankengang nicht verstehen oder besser gesagt, nicht verfolgen. Du schreibst da, bei den Briefen vom 10.3.41 und 18.3.41 von mir hättest Du erst mal tief lu Luft holen müssen. Warum? Meinen letzten Urlaub? Wie soll ich den wohl vergessen haben? Junge ich wollt ich wäre bei Dir! Der kommende Urlaub wird mit dem letzten gewesenen überhaupt nicht zu vergleichen sein. Denn eines darfst Du nicht vergessen, daß ich Dich lieb hab, ganz furchtbar lieb. Gewiß das geb ich zu, blutjung bin ich, ich will und täusche mich darüber auch nicht hinweg. Ich will mich auch nicht älter machen als ich bin, muß mir noch viel sagen lassen und gar manches lernen. Doch was die Liebe anbelangt, ich bin da durch durch eine Schule gegangen, durch die ich nicht nochmal gehen möchte. Sie war grausam hart und unendlich schwer zu ertragen, dafür aber wenigstens umso lehrreicher. Ob ich nun die nötige Reife hab oder nicht, zu den Dingen die ich vorhab, das zu beurteilen, überlasse ich Dir. Und dazu lasse ich Dir ja auch Zeit, solange Zeit bis Du mich kennst. – Eines möchte ich Dich nun noch bitten, zu bedenken: noch ist der Krieg ja nicht aus. Also Du brauchst wirklich keine Angst zu haben, daß ich eventuell schon morgen mit meiner letzten Frage an Dich herantreten könnte oder gar täte. Weiß doch, genau so wenig wie Du, ob es überhaupt noch mal soweit zwischen uns kommt. –

So meine liebe [Ella], nun will ich Dir auch sagen warum Du dich in den Lokalen nicht mehr wohlfühlst. Du glaubst also wenn Du wieder auf den Sportplätzen Deine Kräfte messen kannst, wirst Du Dich wieder wohlfühlen? Du! Die ersten 4 Wochen vieleicht [sic], aber dann ist’s bestimmt wieder dasselbe wie vorher. Ach [Ellachen] Du tust ja gerade wieder so, als wüßtest Du den Grund nich deines Unwohlseins nicht. Nenn doch das Kind beim Namen: Unruhe im Herzen hast Du. Und wenn wir ganz ehrlich sein wollen, müssen wir schon sagen: Unruhe im Blut. Doch das ist ein [sic] Pille die noch sehr bitter schmeckt, und lange, sehr lange dauer [sic] bis sie süß schmeckt. Doch laß man [Ellachen] unsere Unruhe im Herzen werden wir sicher schon im kommenden Urlaub loswerden. Und das wird wunderschön werden, das glaub ich sicher. Denn, kleine [Ella], mir geht es doch nicht besser wie Dir. mir geht's doch genau so.

Du [Ellachen] mal 'ne ganz dumme frage [sic]. Hast Du schon mal nachts von mir geträumt? Ich von Dir in letzter Zeit sehr oft. Du einfach himmlisch ist das. Mehr kann ich Dir nicht sagen. Und nun wünsche ich dir eine liebe gute Nacht und wünsch daß Du ebensogut träumst wie ich –

Viele liebe Grüße und Küsse sendet Dir aus weiter weiter Ferne

Dein [Albert]

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Autor Albert Müller
Korrespondenz Lohbrügge
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Über den Autor

Albert Müller

Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben

Über die Korrespondenz

Lohbrügge

Fotografie einer handgeschriebenen Liste mit Zahlen, aus dem Konvolut Lohbrügge, die Briefdaten sortiert.

Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil