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[LBR-411226-005-01]
Briefkorpus

Im Osten den 26.12.41.

Meine liebe [Ella]!

Heute hab ich mir noch mal alles überlegt was ich Dir gestern geschrieben habe. Ich glaube kaum das [sic] Du mich verstehst. Erstens habe ich Dir noch lange nicht alles erzählt, damals im Urlaub, wäre ja auch unmöglich gewesen. Und zweitens ahnst Du wohl auch kaum was hier eigendlich [sic] gespielt wird. Und schreiben kann ich Dir beides nicht.

Liebe [Ella], warum ich Dich hiermit überhaupt erst wieder aufgeregt habe, weiß ich selbst nicht. Sei mir darum nicht böse. Es soll alles so zwischen uns bleiben, wie es war und ist. Zwei gute Freunde, die sich bedingungslos vertrauen. Ich weiß in gewissen Stunden reicht mir das nicht, da brauche ich mehr. Aber ich darf und kann ja auch nicht zu viel von Dir verlangen. Das will ich auch nicht. Du brauchst auch keine Angst um die Zukunft zu haben [Ella]. Den Kopf verlier ich nicht.

Mit den Stürmen des Lebens muß eben jeder selbst sehen, wie er damit vertig [sic] wird. Ich kann eben auch nicht [sic] dafür das [sic] ich eben schon von Natur aus tiefsinsinnig [sic] veranlagt bin. Aber vertig [sic] werd ich schon damit, da verlaß Dich drauf. Aber es dauert eben seine Zeit.

Und nun will ich aber wirklich Dein [sic] lieben [sic] Briefe beantworten.

Sag mal liebe [Ella] tust Du das: Deinem unbekannten Soldaten alles so zu schreiben wie er das haben will? Ich glaube kaum. Und blos [sic] wegen einem hübschen Mädel in die [sic] Ostmark zu fahren seh ich garnicht ein, die gibts woanders auch. Und ob das Mädel nun arm oder reich ist, ändert auch nichts daran.

Was ich zu dem Krieg mit Japan und U.S.A. sage? Nur Vorteile haben wir nach meiner Ansicht dadurch.

Du meinst bei uns wird es jetzt ruhiger. Bei Euch erzählen die Leute sogar daß die Truppen in Rußland ausgewechselt werden! Ich glaub, soviel haben wir garnicht. Bei uns erzählt man gerade das Gegenteil! – Die Schlitten sind jetzt fertig!!

So, mit dem Schweine-Schlachten hast Du nichts im Sinn? Für mich ist das immer ein Fest. Wie ich aus Deinem Brief ersehe, scheinst Du die Absicht zu haben, mir was davon zu schicken. Es ist ja sehr nett von Dir, auch will ich Dich nicht vor dem [sic] Kopf stoßen, wie man sagt, aber das gibt es auf keinen Fall. Wenn Du es trotzdem nach Erhalt dieses Briefes tust, werde ich Dir ernstlich böse sein. Denn schau mal, [Ella], zu Hause schlachten wir zwei Schweine, „Sozusagen für mich mit“ schreibt meine Mutter. Ich brauche nur den Mund aufzutun und ich habe mehr als genug.

Zum Schluß Deines Briefes schreibst Du: Herzliche Grüße, alles Gute und alles was Dein Herz begehrt, wünsch [sic] Dir Deine [Ella]. Das mit dem Herz begehren, bezieht sich das auf das Schweineschlachten?

Warum Anne so überraschend zu Dir kam? Ich weiß es es [sic]. Du ja sicher jetzt auch. Ich warte jeden Tag auf einen Brief von Anne.

Damit Schluß für heute. Ich will jetzt noch nach Hause schreiben denn die warten ja auch jeden Tage auf Post. –

Mit den meiner Briefe bin ich durcheinander gekommen. Neujahr fang ich wieder mit der 1 an.

Viele liebe Grüße

sendet Dir liebe [Ella].

Dein [Albert]

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Autor Albert Müller
Korrespondenz Lohbrügge
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Über den Autor

Albert Müller

Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben

Über die Korrespondenz

Lohbrügge

Fotografie einer handgeschriebenen Liste mit Zahlen, aus dem Konvolut Lohbrügge, die Briefdaten sortiert.

Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil