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[OBF-380713-001-01]
Briefkorpus

Bischofswerda am 13.7.1938

Liebes Fräulein [Laube]!

Sie haben lange warten müssen. Erst heute, am dreizehnten, komme ich zum Schreiben. Seit Sonntag nachmittag bin ich zu Hause. Die letzten Tage vergangener Woche war noch vielerlei zu tun und abzuschließen. Dazu lastete ein Druck auf mir einige Tage. Schuld daran war Ihr Vorschlag, der mir mitseiner [sic] Herzhaftigkeit und Entschlossenheit so gefällt, auf den ich Ihnen zuliebe so gern eingehen möchte, der mir aber doch nicht in allen Stücken zusagt.

1) Die großen Ferien verlebe ich nur ungern am Schulort. Der Ortswechsel ist schon die halbe Erholung. Es wäre überhaupt das erste Mal — ich täte es gern Ihnen zuliebe — und so auffällig; daß die zu Haus alles merkten.

2) Ich möchte unsre junge, zarte Verbindung vor allen schiefen Blicken und losen Worten bewahren. Das ist bei einem Aufenhalt von mehreren Tagen in meinem Neste unmöglich. Ob ich darüber nicht erhaben bin? Ich würde es sein in dem Augenblic[k,] wo wir einander gewiß sind.

Nun ist der Druck gewichen, ich habe meine Entschlußkraft wieder und mache Ihnen einen neuen Vorschlag, an Ihren ersten Plan anknüpfend.

Ich reise in den Harz ab Montag, den 18. Juli. Ich bitte Ihre Eltern, Ihnen zu erlauben, mich 8 Tage zu begleiten, vom 27.7. - 3.8. Stimmen sie zu, dann wollen wir uns freuen, dann drücken Sie bitte Ihren Eltern die Hand für soviel Großmut und Weitherzigkeit.

Sie dachten ja daran, Ihre Halleschen Verwandten zu besuchen, und könnten von da, sonst auch von Oberfrohna direkt, zu mir stoßen. Für Ihre Oberfrohnaer Bekannten sind Sie in Halle. Diese Reise braucht Ihnen nicht mehr als 30 Mark zu kosten, was dann noch fehlt, nehmen Sie es bitte an von mir und denken Sie daran, daß ich gern gebe und daß mir niemals der Gedanke kommen wird, Ihnen das nachzurechnen. Um besondere Reiseausrüstung brauchen Sie nicht Sorge zu tragen, ich richte es so ein, daß Sie mit dem auskommen, was Sie haben. (Fahrplan und Reiseplan in Einzelheiten, auch für Ihre Eltern einzusehen, würden folgen. Sie werden mich die nächsten Tage beschäftigen).

Stimmen Ihre Eltern nicht zu, dann wollen wir uns verständig fügen, ich bitte Sie, ohne Murren, ich bitte Sie, dringen Sie nicht in Ihre Eltern, daß sie dann vielleicht zuletzt sagen „na, da fahr zu!”, sie mögen frei entscheiden nach ihrem guten Gefühl, und wir wollen es achten.

Nun dürfen Sie mir schon ein wenig grollen, weil ich Ihren Vorschlag ablehne und Sie damit vielleicht auf eine spätere Begegnung vertrösten muß. Sie wäre möglich bei meiner Rückkehr aus dem Harz. Es täte mir sehr leid, wenn Ihre Ferien für ein ganzes langes Jahr ohne besondere Freude vorübergehen würden.— Wenn Sie das es wünschten, wäre ich gern bereit, Ihnen einen Aufenhalt bei meinen Wirtsleuten in Lichtenhain zu vermitteln, denen ich auch Weisung geben könnte, Ihnen meine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Sie kämen dann sehr billig weg.

Ich hoffe, daß Sie selbst meinen Plan billigen, daß Sie mein Schreiben bei guter Gesundheit erreicht, sich nicht unnötig betrüben. Wir wollen es nehmen, wie es sich fügt, und ist es nicht nach Wunsch, uns damit trösten, daß es vielleicht doch gut ist. Es bedarf keines besonderen Antwortschreibens Ihrer Eltern. Ich würde Sie bitten, mir einige Einzelheiten davon zu berichten, wie Sie es aufnehmen.

Ich stelle nun manches zurück, auch Ihre kleine Anfrage — vielleicht kann ich Ihnen bald mündlich Antwort geben.

Und nun Glück zu!

Seien Sie recht herzlich gegrüßt

von Ihrem [Roland Nordhoff]

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Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946