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[OBF-410303-002-01]
Briefkorpus

Montag, am 3. März 1941.

Geliebtes Herz! Mein lieber, lieber [Roland]! Herzallerliebster!

Du! Er ist gekommen, Dein ersehnter, lieber Bote, Du! Sei von Herzen bedankt, Liebster!

Nun rollt sich das Bild Deiner Rückreise vor meinem geistigen Auge ab – ja – fast so, wie ich mir's selbst schon ausmalte, Herzlieb. Weil Du mir gut und wohlbehalten wieder an Ort und Stelle kamst. Es ist mir nun eine große Last genommen. Ich hab mich doch sehr um Dich gesorgt. Weißt, das nächtliche Reisen, jetzt in dieser gefährdeten Zeit, es ist keine leichte Angelegenheit. Gottlob konnte die Fahrt ohne Alarm fortgesetzt werden. Erst in Magdeburg konnte sich mein Dickerle setzen! Das war lang genug gestanden. Und hast um die Zeit so an mich denken müssen, Herzlieb! Ja, als Du Magdeburg passiertest, da kam ich nach Hause. Ach, in Wittgensdorf stieg auch ein Soldat, den ich kenne durch die Eltern, mit in mein Abteil und der erzählte mir, er habe von Berlin bis hierher stehen müssen! Da kannst Dir denken, wie ich Dich bedauerte bei mir. Aber nun ist's ja überstanden. Und ich meinte, Du hättest Dich auf der Fahrt mit Onkel Albert angefreundet, dabei habt Ihr Euch garnicht mehr gesehn. Ach weißt, ich glaube so auf der Rückreise ist auch ein jeder am liebsten allein mit seinen Gedanken. Mir ginge es wenigstens so.

Herzlieb! Auch Du mußtest einmal noch ganz traurig sein. Ach, mein [Roland]! Ich weiß und verstehe so gut, wie einem zumute ist, beim Abschied. Ich habe es ja selbst an mir gespürt, wie traurig mir zu Sinn war. Und am andern Tage noch und am 2 Tage noch – ach – immer, wenn mich irgend etwas an unsre glücklichen Tage erinnerte. Ich mußte ja zurück in die Räume, die unser Glück herbergten – das war nicht leicht für mich. Alles starrte mich verlassen, leer an. Du! Du!! Ich hab mein Herz ganz fest in beide Hände genommen, um nicht überlaut zu weinen, Geliebter! Die ersten beiden Abende, als ich wieder in meinem Kämmerlein schlief, allein – Du! Da hab ich so sehr geweint, bis ich einschlief – Du! Ich konnte es nicht hindern. Und es ist mir nun auch leichter geworden. Ich sehe nun wieder ganz vernünftig und getrost in den Tag. Und heute sagst Du mir, bittest Du mich selbst, daß ich nicht mehr traurig sein soll, Geliebter! Ich bin wieder froh! Du! Weil Du es auch bist! Du!! Nach Mitternacht kamst Du in Kiel an, und so viele begehrten ein Nachtlager! Na, umgekommen vor Hunger ist da keiner, wenn man Euch erst noch bewirtete – das ist fein. Da hast Du freilich das Kopfkissen (wenn mans überhaupt so nennen kann) nicht lange drücken können, Du Armer! Mußt fleißig nachholen!! Hörst?! So wie ich auch! Um 800 [Uhr] krieche ich seit gestern in's Bett! Ohne! ohne! Wärmflasche!!! Ich bin noch ganz warm, Du!! Du!!!

Es freut mich, daß Du so guten Anschluß fandest bis Barkelsby, brauchtest Dich wenigstens nicht gar so lange zu schleppen mit Deinen Koffern. Und so lieb rücksichtsvoll warst Du gegen Deine Kameraden, als Du ankamst! Ja, wenn es mir alle so halten wollten!! Da wär es aber vielleicht wieder zu schön beim Militär, hm?

Na – jedenfalls, danken wird Dir Deine Rücksichtnahme wohl keiner jemals. Das verlangst Du ja auch nicht. Ich kenne ja meinen Hubo. Du bist froh, wenn Du herausen bist. Das Telefongespräch hast Du bis kurz nach 800 [Uhr] verschoben, ich sah es auf dem Telegramm. Du Lieber! Ich hab mich so gefreut! Und Deine allererste Arbeit war: ein Brief an mich. Du! Das danke ich Dir besonders, mein Herzlieb! Sag! Denken denn noch zwei auf der Welt soo lieb und soo treu aneinander? Du!! Ich liebe Dich sooo sehr!! Winterspuren sah man auch bei Euch im Norden noch allenthalben? Da gibt's wieder schöne Stiefel! Wenn ich an die Wege und die Straßen nach Eckernförde denke. Bei uns hier weht eine kräftige Prise, das hilft brav trocknen. Heute früh schien die Sonne – jetzt, am Nachmittag ziehen wieder Regenwolken herauf. Ich war gestern bei Trude G. gegen 3 Uhr. Niemand öffnete. Ehe ich wieder ging, befragte ich mich im Hause. Ja, sie ist Sonnabend Mittag verreist, ihr Vater habe geschrieben: also nach Freiberg. Na, ich ließ mich nicht verdrießen, so sehr gerne bin ich sowieso nicht hin zu ihr, nur um mein Versprechen zu halten. Und weil so herrlich die Sonne schien, bin ich spazieren gegangen, allein. Das war schön. Du! Ich war ganz bei Dir in Gedanken! Nach Kaufungen zu, wieder zurück – durch's Dorf (ach, Stadt!) nach dem Stadtpark, wollte sehen ob's schon zu blühen beginnt. Aber nein, dazu ist's denn doch noch zu früh. Dann bin ich wieder nach Hause und die Uhr zeigte 500 [Uhr] vorbei. Die Eltern kamen erst mit dem 7 [Uhr] Bus sie hatten sich geschämt, in ihren Wochentagssachen an den vielen Spaziergängern vorbei heim zu laufen.

Ich hielt eine Kaffeestunde ohne Kuchen. Und hörte ein Stück vom Wunschkonzert. Am Abend brachten die Eltern einen Karpfen mit, da haben wir gleich nochmal Warm gegessen! Heute ist nun Dein Frauchen wieder Alleinherrscherin in der Wohnung. Mutter und Vater arbeiten wieder. Es ist ganz schön; wenn ich nicht immer so sehr an Dich denken müßte, wärs mir leichter.

Na, nachher habe ich paar Wege zu versorgen, da komme ich bissel raus an die Luft. Dieser Wind, der hier weht, der bläst alle dummen Gedanken fort. Bloß die vernünftigen läßt er gelten. Du!!

Dem Siegfried habe ich ein Geburtstagsbriefchen geschrieben. Heute ist nun Vater in Döbeln angetreten, ich muß oft mal an ihn denken. Wie wird sich Peter R. in sein Schicksal finden? Und die Mutter ist im Moment ganz allein, genau wie ich – aber ich habe wenigstens abends jemanden um mich. Ach, Herzlieb! Ich bin ja so zufrieden und dankbar, Du! Ich will ganz getreulich und tapfer aushalten! Ich hab's ja so gut! Und Deine Liebe ist täglich, stündlich mit mir! Du mein Glück! Mein Sonnenstrahl! Du!!! Mögest Du Kraft gewinnen, die letzte Zeit vor dem ersehnten Frieden zu überwinden, frohen Herzens und Mutes, mein Lieb! Der Herrgott sei mit Dir, auf allen Deinen Wegen! Er behüte Dich mir! Du!! Ich liebe Dich! So ganz von Herzen liebe ich Dich! Mein [Roland]! Mein geliebtes, teures Herz! Ich will unser Glück hüten! Für Dich! Für Dich! Den ich liebe, mit der ganzen Kraft meines Herzen. Du!! Du!!

Ich bin in Treue Dein! Ganz Deine [Hilde]. Und Du bist mein!!!!!!!!!!!!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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