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[OBF-410415-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 15. April 1941.

Mein liebes, teures Herz! Herzlieb! Geliebte mein!!

„Immer, wenn ich etwas Großes und Schönes erlebe, dann bist Du nahe bei mir.“ Und wo es seinen Platz hat in meinem Herzen, da ist auch der Deine, Geliebte! Ganz in der Mitte, da thront mein Herzlieb! Lange stand er leer, dieser Thron. Aber er war schon aufgerichtet in meinem Herzen, tief verborgen und heimlich bewahrt, viel hohe Wünsche und Erwartungen und Sehnsüchte sind die Stufen dieses Thrones. Ich konnte von der Liebe nur als von etwas Großem und Schönem denken und träumen. Und sie soll diesen hohen Platz niemals verlieren in unseren Herzen. Und ich sehe und erlebe sie nirgends beglückender als in der Nachbarschaft hoher Gedanken. Wenn ich mit Dir, Herzlieb, Gottes schöne Welt bewundern darf, mit Dir bewundernd stehen darf vor den Werken der Kunst jeglicher Art – dann bin ich so glücklich, meine Freude, das Erhobensein mit Dir teilen zu dürfen.

Und Du läßt Dich gern dahin führen, hast ein offenes Herz für all diese Reichtümer, thronst würdig in meinem Herzen, Du! Meines Herzens Königin!

Nur so mag ich die Liebe! Nur so groß und bedeutsam konnte sie mich so bewegen – konnte sie mein Herz so froh und glücklich schlagen machen.

Ich weiß es: Auch Dir war das Bild der Liebe und des Lebensbundes so bedeutsam und heilig, erfüllt von allem [sic] geheimsten und innigsten Wünschen, noch ehe es Wirklichkeit wurde. Etwas anders natürlich als bei Deinem Mannerli. Sind doch immer 2 verschiedene Welten. Und Du trugst dieses Bild nicht nur in Dir, sondern es verkörpert sich in Dir, Herzlieb!!! Du! Diese Gedanken kamen mir noch gestern, als ich den Boten schon abgeschlossen hatte.

Alltag ist nun wieder. Der Himmel aber hat sein schönstes Festtagsgesicht aufgesetzt. Und zu Mittag war es wieder richtig warm. Hat Dein Hubo der lieben Sonne den Rücken hingehalten. Er ist fast wieder ganz heil. Vor mir aber hatte ich eine Wascharbeit: Strümpfe habe ich heute gewaschen, wohl zum ersten Male im Leben. Das Waschwasser war schön schmutzig und die Seife ist kleiner geworden dabei: das sind wohl Anzeichen eines Erfolges.

Über der Arbeit in der Schreibstube sind die Stunden schnell vergangen. Von unsrer Abreise ist noch nicht die Rede. Es fehlt an Transportmitteln. So kann es leicht kommen, daß wir das Osterfest der Bulgaren noch mitfeiern nächsten Sonntag. Wie ich höre, feiern sie 3 Tage.

Zum ersten Male, daß der Postbüttel mir heute nichts brachte. Ich bin sonst immer unter den Glücklichen, auch wenn nur wenig gekommen ist. Bald werde ich wieder dra[n] sein. Mein Herzlieb denkt meiner immer – und wenn es nur kann, schreibt es mir auch! Was könnte uns auch mehr bewegen als unsre gemeinsame Zukunft? Herzlieb! Da wir zum ersten Male in diesem Leben antreten sollen, miteinander zu schaffen, Du und ich? Es ist alles bereit. Und auch unsre Herzen. Ach Herzlieb! In aller Fremde bewegt es doch auch mich am meisten, erfüllt es all mein Sinnen. Eine Unterbrechung ist unsre Trennung. Nichts vermöchte uns abzuziehen von dem Wunsche, das Begonnene fortzusetzen. Nichts kann uns verführen, daß diese Fortsetzung unmöglich würde. Heilig und teuer ist uns unser Glück; mächtig der Wille in un[s], an ihm zu schmieden; gläubig wollen wir und fest vertrauen darin, daß Gott mit uns ist und unseren Bund segnen wird! Er behüte Dich auf allen Wegen!

Meine liebe, liebste [Hilde]!! Bleibe mit mir froh und gesund. Dein [Roland] wartet mit Dir treu und fest – wartet auf den Tag des Wiedersehens für immer – wartet auf den Tag, da er Dich, Geliebte, so fest und lieb ins Auge fassen darf und Dich in seine Arme schließen: Dich! Mein liebes treues Weib! Mein Wandergeselle und Weggefährte! Mein Herzlieb! Meines Herzens Königin! Du, meine liebe [Hilde]! Holde mein!!

Ich bleibe in großer Liebe und ewiger Treue

Dein [Roland]!

Du, Du! Herzlieb!!!!!!!!!!!!!

Viele liebe Grüße an die Eltern.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946