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[OBF-410419-001-01]
Briefkorpus

Sonnabend, den 19. April 1941.

Herzlieb! Meine liebe, liebste [Hilde]!! Mein liebes Geburtstagskind!!!

Mit allen lieben Gedanken und Wünschen bin ich bei Dir heute! Du! Mein liebes, treues Weib! Meine liebe, liebe [Hilde]! Du bist mein – ich bin Dein! An Deiner Seite stehe ich, Dir am nächsten – Dir ganz nahe gehöre ich heute zumal. Herzlieb! Gott sei mit Dir im kommenden Jahre! Er sei mit uns und segne unseren Bund. Er schenke uns bald einen guten Frieden und füge es, daß wir recht bald Seit an Seite die Fahrt durch dieses Leben antreten können. Wills Gott, darf ich in einem Jahre mit Dir feiern – Du!!! – Vielleicht gar im eigenen Heim – Du und ich ganz für uns, ganz auf uns gestellt! – spürt dann der Hubo erst recht, daß Du ganz mein bist – darf er sein Herzlieb erst recht umhegen und beschützen – Du!!! Das will er doch so gern!!

Geliebte!! Ganz froh und glücklich möchte ich Dich wissen heute – so wie ich es bin! Du!!! Ach, wie soll ich nur es sagen, daß ich Dich so sehr, so unendlich liebhabe!!!!! Geliebte!!!!!!!!!!!!!

Hast Dich mir heute schon wieder so viellieb in Erinnerung gebracht, Du!! Als Osterhäslein!!! Mein Osterhäslein!!! Oh, so wild und stürmisch springt es den Hubo an – aber er ist nicht ausgewichen, ist nicht ausgerissen; er fängt es auf, das Häslein; er hält es fest – Du!! Er drückt es! Ich glaub, er wird mit ihm fertig!!! Vielleicht schreit es schon, das Häslein!! Na, wenn es wird müde sein, werden wir es erst mal ein wenig verschönern: Den Schnurrbart verschneiden. Schwänzlein und die langen Ohren und das Fell sind doch wohl nur Maskerade – mal sehen, was drunter steckt? Ach, Dein Hubo ist gar neugierig! Er hat erst alles einmal betrachtet. Mit aller Liebe hast ihm den Osterhasen bereitet – ganz unversehrt ist er in meine Hände gelangt. Dann aber hat Dein Hubo das Gras beiseitegeschoben, weil er wusste, daß etwas Süßes darunter verborgen lag. Siehst, so ist Dein Mannerli – und mein Weiberl ist gradso, ja, ja!!! – und der Osterhase hatte es ja auch so gemeint.

Herzlieb! Nun muß ich wieder mit Bleistift schreiben, weil es so finster wurde. Jetzt aber ist wieder liebe sonnenhelle Morgenfrühe. Viel Liebes möchte ich noch zu Dir sagen, so wie ich es für Dich empfinde! Du!!! Es ist noch früh. Lässt mich am Ende gar noch ein bissel mit in Dein Bettlein – Du?!! Ganz brav sein will der Hubo – es geht doch dem hellen Tag entgegen, der uns mit blanken hellen Gucken sehen möchte! Nein, bloß meinem Herzlieb ganz nahe sein – wie im Herzen – mich ganz dicht an es schmiegen – wie in meiner Liebe – und es ganz lieb umschließen, und einschließen – wie in meinem Sein – das liebe, liebe Osterhäslein!! Das alte lange Schlüsslein – der Störenfried – weiß nicht, was wir mit dem derweil machen – das mag nur noch schlafen, aber eben ist es schon wieder mu[nt]er!! Herzlieb!! Deine liebe Osterkarte liegt neben mir. Das Verschen will ich mir eben noch einmal begucken – und dann den Sinn des Ganzen.

Bist du nicht mein Osterglück? Du?!! Und der Glückshans, der Verdutzte, Überrumpelte ist es nicht der Hubo?!! Vor einem Häslein ist wohl schon ein manches erschreckt worden; aber daß es einem gleich in die Arme fliegt – das ist wohl ein ganz seltener Glücksumstand.

Und die Glückshänse – sind meist ein wenig einfältige, sonderliche und verträumte Burschen, die oft zu spät kommen, weil andere rascher die Gelegenheit beim Schopfe packen; aber dem Glück, das über die Welt geht, sind es gerade die rechten.

Ach Herzlieb! Alle Gleichnisse hinken ein wenig, alle decken ein bisschen Wahrheit auf. Wir brauchen keines zu unserer Liebe!! Ihr Geheimnis ist so zart wie das Wunder des Frühlings. Sie ist uns kostbar wie nur Menschen das höchste Glück es sein kann. Wir nehmen sie als ein Geschenk Gottes; denn nur dann hat sie Bestand, dann nur behält sie ihren Glanz und kann sich erfüllen. Herzlieb!! Du!!!

So wundersam ist mir, daß jemand in dieser Welt mich liebgewinnen konnte. Dein [Roland] hat gesucht – angestrengt – mit 1000 Wünschen im Herzen – ob er je das rechte gefunden hätte? Oh nein, nein – ich glaube nimmermehr. Zu seinem vollen Glücke konnte ihm nur gereichen, daß einen Menschenkind nicht seinen vielen Wünschen entsprach, sondern daß es ihn in seinem Wesen erkannte und liebte. Viel Liebe brauchte er zuallermeist.

Herzlieb! Nun ist es zu mir gekommen, dieses große Glück, diese große Liebe ist über mich gekommen wie eine große linde Hand!!! Du!!!!!!!!! Sagst es selbst, daß es Dir wundersam scheint, das große mächtige Feuer der Liebe in Dir – zu mir!! Oh Du!! Du!!!!!

Sollen wir eifersüchtig aufeinander sein? Sollen wir messen, wessen Liebe mehr gilt und größer ist? Geliebte??? Wollen wir fragen, wer dieses Glück fester hält und kostbarer achtet? Du!!!

Glück, Erfüllung, Einssein!!! Sie stehen über diesem kleinen, müßigen Streit. Brauchte mein Herzlieb zu seinem vollen Glücke nicht einen Hubo, dessen Panzer es mit seiner Liebessonne schmelzen mußte, der diese warme, große Liebe tief in sich aufnimmt – in dessen Herz soviel Platz ist für alle diese Liebe, und der sich ihrer so dankbar freut – der sie empfängt als ein liebes, großes Wunder? Du!!! Du!!!!! Geliebte!!!!!

Du!! Du!!! Sag, ob ich Dich liebe!!! Mein Herzlieb! Da steht sie wieder auf, die kleine Eifersucht.

Du! So groß und stark und übermenschlich ist das Band unsrer Liebe wie dieses Wunder selbst. Ganz ganz fest und innig sind wir miteinander verbunden, ganz dicht und heiß ineinander verschlungen! Ich lasse Dich nie mehr los! Ich gebe Dich niemals frei!! Ich halte Dich fest wie mein Leben selbst!! Ich bin Dir ganz nahe, ich will Dir ganz, ganz nahe bleiben, daß niemand zwischen uns treten kann!

Geliebte!! Ich glaube, der Hubo hat Dich sehr lieb, er kann so eifersüchtig werden. Nein, Herzlieb!! Wir sollen uns tief und dankbar freuen uns[e]res Glückes, wir sollen es hegen und halten als unser Liebstes, als ein Geschenk Gottes. Ach Du!! Wir müssen es uns noch immer sagen mit Worten – und würden doch soo gern es betätigen, möchten doch soo gern es einander erzeigen. Gott gebe, daß es recht bald sein kann!!!!! Herzlieb! Sei froh und glücklich mit mir!!!

Sonntag ist! Wir dürfen Gottes Sonne schauen. Dürfen uns geborgen wissen in seiner Gnade und dürfen hoffen, daß unser Glück sich erfülle. Herzlieb! Es wird lebendig ringsum. Die Sonne scheint immer neugieriger herein. Heraus aus den Betten! Gleich wird die liebe Mutsch uns holen, die beiden Glückskinder, und Vater klimpert schon ungeduldig mit der Tasse. Hinaus! Hinaus!!

Erst noch einmal ganz lieb umfassen, meinen Bub, mein Osterhäslein!! Und ganz lieb küssen. Du!!! Du!!!!! Behüt Dich Gott! Herzlieb!! Ich bin Dein – ganz Dein – und du bist mein – ganz mein!!! Ich liebe Dich!! Ich stehe zu Dir allezeit in Liebe und Treue!!

Dein [Roland] – meine [Hilde]!!![!!!]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946