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[OBF-410421-002-01]
Briefkorpus

Montag, am 21. April 1941.

Mein geliebtes, teures Herz! Du mein lieber, lieber [Roland]!

Herzlieb! Der erste Tag meines gemeinsamen Haushaltens mit der l. [sic] Mutter ist herum. Und ich kann nur sagen, daß es recht nett ist so zu Zweien, und ich fühle mich sehr wohl dabei. Will Dir erzählen wie unser Tag verlief: Früh bis ½ 8 Uhr wird geschlafen, [Hilde] (ohne) steht zuerst auf und lüftet, macht Feuer, kocht Kaffee (natürlich, ohne zu vergessen, vorher fein Toilette zu machen!) wenn ich den Kaffeetisch gedeckt habe, wecke ich Mutter – d. h. sie kommt von selbst, wenn sie mich hantieren hört! Dann geht's gemeinsam ans Mittagessen bereiten. ½ 12 [Uhr] erscheint Mutsch und freut sich, daß wir uns so gut vertragen miteinander. Nach dem Aufwaschen wird ein bissel [sic: bisschen] geruht, dabei hören wir Nachrichten. Dann: Start der Federhalter! Von ½ 3 – 5 Uhr!

Und das ist der beiden '[Hilden]' schönstes Geschäft am Tage. Es ist nur gut, daß ich nur allein das Tintenfaß benutze, sonst gäbe es am Ende aufgespießte Hände, so emsig bin ich beim Eintunken! Vater [Nordhoff] hat nämlich für Mutter einen feinen Füller gefunden! Den benutzt sie fleißig.

Um 5 Uhr, wenn Mutsch heimkommt, trinken wir Kaffee, machen unsern lieben Papa fertig für den Nachtdienst und dann gehen wir 3 Frauen ein wenig spazieren – wenn es das Wetter erlaubt. Schön ist es nicht gerade draußen, ab und zu regnet es, aber die Luft ist gut. Vorhin besahen wir uns gleich mal die Moden, Mutter will sich allerhand Neues zurechtmachen u. Mutsch und ich wollen ihr helfend und ratend beistehen. Siegfrieds schöne Stoffe werden verarbeitet. Da denke ich eben daran, Mutter versorgte mir 1 ½ m Voile damit ich ein altes Voilekleid mir umändern kann – hoffentlich gefällt's Dir auch! Am Ende kannst Du mich einmal im Bilde sehen, wenn es fertig geschneidert ist.

Ach, habe ich Dir denn schon erzählt, was ich für schöne Geschenke bekommen hab, am Geburtstag?

Vom Vater schöne Blumen! Von Mutter einen selbstgefertigten Bot Brotbeutel und Semmelbeutel dazu! 1 große Bonbonniere! Davon sollst Du bald kosten. Und den 1 ½ m Stoff. Und 1 Dutzend unzerbrechliche Eierlöffel, ein kleines Salatbesteck.

Von Mutsch einen großen Blumenstrauß, 50 M! Und ein großes Salatbesteck und einen selbstgenähten Topflappen. Von Papa eine reizende Garnitur! Hemdchen und Höschen! Das ziehe ich das erste Mal an, wenn Du bei mir bist!! Ich habe mich recht se[h]r über alles gefreut. Aber, Du! Deinen Geburtstagsbrief haben sie mir immer noch nicht gegeben! Ich kriege aber nun bald Wut! Soo lange mich auf die Folter zu spannen!! Das ist aber garnicht schön Du!! Wenn ich auch bettele, sie sollen mir doch den Brief geben! – „Nein! Erst muß das da sein, was zum Brief dazugehört – dann bekommst Du ihn“. Was soll ich machen, als geduldig warten? Ich hatte bestimmt gedacht, daß ich ihn heute mittag bekäme, nischt zu wollen! Na, vielleicht nun heute abend! Herzlieb! Heute kam wieder kein Brief von Dir, Du wirst wohl auf Reisen sein, nach Deinem n[eu]en Bestimmungsort. Von Deinen Brüdern und von Elfriede gingen herzliche, liebe Geburtstagsbriefe ein. Mutter schreibt an ihre Buben und ich will mich gleich noch anschließen mit meinem Dank. Gestern waren wir im Stadtpark spazieren, es war schön und müde auf die Beine kamen wir heim. Dann haben wir die beiden Fritzen fortgeschafft, einen in den Dienst, einen zur Bahn. Viele, viele, herzliche Grüße von beiden! Dir, meinem [Roland]!

Auch von Frl. Sch. viele Grüße und von Ilse W., D., die hat mich am Freitagabend besucht, sie verleben ihre Osterferien zu Hause, bei den Eltern. Ihr Mann hatte schon 3 mal Order und immer wieder nehmen sie ihn nicht dazu. Reklamiert. (Weißt, der ist doch nebenbei noch Parteiredner!) Nun hat er wieder für Mai Order. Sonst geht es ihnen noch gut. In Hohenbocka sind noch 2 Lehrkräfte, außer dem Schulleiter.

Mit Frl. W. sprach ich vergangen [sic] auch mal eine Weile, sie ist wieder hier in O. [sic], war ja auch abkommandiert nach Chemnitz. Herr G. kommt ja in Kürze weg von Freiberg, auch in's Feld.

Herzlieb! Deine schönen Aufnahmen von Bulgarien finden immer mehr Liebhaber. Mutter möchte gerne Bilder haben, wo Du mit drauf bist. Für Siegfried und Elfriede und Hellmuth. Gerne, ich habe ja die Negative bei mir. Ich sende Dir Deine Ration bald ab Dickerle! Und die Frauen müssen warten, bis ich wieder Abzüge nachgemacht bekomme. Auch will ich Dir morgen Deine frischen Taschentücher abschicken und — 7 neue Filme! Du!! Freust Dich da? Denke mir, sogar Onkel Karl aus Halle hat Dir welche geschickt, Agfa-Isopan, den hatte ich am Palmsonntag den Auftrag gegeben! Am kommenden Mittwoch fahren wir mal nach Breitenborn, ich habe uns gestern angemeldet, brieflich! Ach ja, die Woche wird um sein ehe wir uns versehen. Wenn nur auch der Frieden so rasch herankäme! Mein lieber [Roland]! Hoffentlich bist auch Du noch gesund und wohlauf! Ich wünsche alles, alles Gute für Dich! Ich will Dir für heute auf Wiedersehen sagen, die liebe Mutter möchte sich gleich noch an meinen Brief anschließen. Ob ich wohl heute noch Deinen Geburtstagsbrief bekomme? Du?!

Ach, da schreibt ja die Mutter schon an Dich auf anderem Papier! Mein Herzlieb! Mein Sonnenschein! Ich bin bei Dir mit all meiner Liebe und Sehnsucht! Du!! Ich liebe Dich so von ganzem Herzen! Möge Dich immer unser Herrgott behüten! Möge er Dich bald für immer zurück zu mir führen! Es ist mein größter und heißester Wunsch! Du!! Du!!! Du bist mein, ganz mein!

Und ich bin Dein, Du!! So ganz Deine [Hilde]! Deine Holde.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946