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[OBF-410423-001-01]
Briefkorpus

Mittwoch, den 223. April 1941

Mein liebes, teures Herz! Herzlieb, Du!! Mein [Hilde]lieb!!!

Eben komme ich von den Nachrichten, die Du gewiß auch angehört hast. Wir sind eben von Land zurück. Dein Hubo hat viele Schreibschulden und hatte eigentlich den heutigen Tag dazu auserkoren, diese Schulden zu tilgen. Mit den abreisenden Kameraden mußten wir heute schon um 5 Uhr aufstehen – dafür hatten wir heute Nachmittag frei. Und weil die Sonne so lockte, und die Luft so frisch ging – konnten wir nicht widerstehen, und so machten wir uns fertig zum Ausgehen trotz eines leichten Muskelkaters. Sehr unternehmungslustig waren wir nicht – es langte nicht einmal zu einem der Stadtberge, nur zu einem Bummel durch Stadt und Park und zu einem Niedersitzen im Freien und dann im Café. Die Bulgaren trennen sich auch schwer von den Feiertagen. Gestern hielten sie richtig 3. Feiertag, heute sah man noch viele in festtäglichem Gewande. Nun sitzen wir wieder in der finsteren Stube. Dein Hubo behauptet unbestritten den Lichtmond unter der verdunkelten Lampe. Draußen ist wieder ein schöner Abend, windstill, mit Sternengefunkel, so friedlich, an den Frieden gemahnend mit allem Kostbaren, daß wir von ihm erhoffen. Und Vertrauen weckend lauten auch wieder die Nachrichten. Wir dürfen hoffen, Geliebte!! Nun haben wir heut abend wieder ein bisserl mehr Platz zum Schlafen.

Ach weißt, lange möchte ich nun auch nicht mehr hier bleiben, damit Deine lieben Boten mich wiederfinden. Vielleicht sind nun schon ein paar Photografien dabei, auf die wir doch auch neugierig sind.

Wird denn der Frühling nun auch bei Euch endlich Einzug halten? Er läßt doch zu lang auf sich warten! Ach, nun wüßte ich doch auch gerne, ob meine Geburtstagswünsche rechtzeitig kamen. Geliebte!! Ich möchte so gern wieder einmal bei Dir sein!!! Du!!!!! Mein Liebstes bei mir fühlen und lieb es umfangen, Du!!!!! Du!!!!! Herzlieb, Du!!!!! Dir ganz nahe sein!!! Oh Du!!!!! Eins sein mit Dir, Geliebte!!! Dein Herzblut fühlen, des lieben, lieben Herzleins Schlag, Du!!!!! Herzlieb!!! Herzlieb!!!!! Und Frag und Antwort zwischen Aug und Aug, Mund und Mund, Du!!! Du!!!!!! Geliebte!!!!! Frag und Antwort – – – Du!! Weißt Du es noch?!!!!!! Alle Seligkeit in Deinen Augen schauen, Geliebte! Aller Welten Seligkeit!!! Ach, alle Liebe tauschen, die gestaute, oh Herzlieb!!!!! Mußt warten, mußt Dich sehnen wie Dein [Roland] – Du! Herzlieb!! Wir halten getreulich aus – wir harren geduldig und stark der Stunde des Wiedersehens. Was täten wir nicht um unsre Liebe? Geliebte!! Desto strahlender und kostbarer wird unsre Liebe sein alsdann!!! Im Lärm und Unbestand unsrer Tage steht sie fest und unerschütterlich, gehegt und geborgen in unseren Herzen, wie eine Sonne erhellt sie uns – und dann, dann wird sie leuchten aus unseren Augen, daß auch die anderen ihren Glanz sehen.

Herzallerliebste!! Dein [Roland] ist immer bei Dir mit seinen Gedanken. Und wenn er sich jetzt auf sein Lager streckt, dann eilen sie – ledig aller Pflicht – gleich wieder zu Dir!! Und des Morgens, vorm Wecken, da sind sie schon wieder da und wollen sich gar nicht trennen von meinem Herzlieb!! Und sind viel viel liebe und auch süße, heimliche Gedanken, Du!!! Du!!!!! Oh Herzlieb!! Ganz fest hältst Du Deinen [Roland] mit Deiner Liebe, mit Deinem Wesen, mit Deiner Schönheit, mit Deinem Willen, mit mir dieses Lebens Straße zu ziehen! Du! Mein liebes, liebes Weib!!! Ich bleibe Dein allzeit mit aller Liebe und Treue und Kraft meines Herzens!! Du!! Du!!! Ich halte Dich ganz fest, Herzlieb!! Ich gebe Dich nie mehr frei!!! Du, ich halte Dich gefangen!!! Magst gern sein in meinem Gefängnis? Herzlieb!!!!! Du!!! Du!!!!! Mein!!! Meine [Hilde]!!!!!

Dein [Roland]!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946