Freitag, am 13. Juni 1941.
Mein [Roland]!!! Mein Herzlieb!!! Du!!! Du!!!!!
Sag? hörst Du mich jubeln? Siehst Du, wie ich strahle vor Freude? Und vor Stolz? Du!!! Du!!! Ach – wenn Du jetzt bei mir sein könntest!!! Herzlieb! Mir ist ja heute soooooviel Freude und Glück zuteil geworden!!! Ach Herzlieb! Mein Herzlieb! Ich möchte Dir vor lauter Jubel und Freude am liebsten um den Hals fallen!!! Möchte Dich küssen, ganz lieb und ganz fest und ganz tüchtig – ich möchte Dir sooooo dankbar [s]ein! Du!!! Ach so sehr dankbar, Herzlieb!!
Weißt! Es ist vielleicht gut so, daß Du nicht da bist jetzt! Du kämest nicht heil davon, von meiner stürmischen Dankesbezeugung!! Du!!! Herzlieb! Mein [Roland]!! Ach, eigentlich hätte ich's doch wissen müssen, daß mir heute eine ganz große Freude widerfährt! Du!!!
Denn heute ist ja der 13.!!! Unser Tag! Unsrer!!! Du!! Du!! Ach – weißt denn nun eigentlich, warum [i]ch mich so riesig und so närrisch freue? Nein!! Hab ich ja vor lauter Freude vergessen voranzumelden!! Dickerle!! Du!! Dein liebes, liebes Päckel ist angekommen! Kannst Du Dir wohl vorstellen, daß ich ganz aus dem Häusel war vor Freude, als der Postbote unten stand damit? Du!!! Du mußt doch zwischen 10 + ¼ nach 10 [Uhr] vormittags ganz toll den Schlucken gehabt haben? Ja? Ich bin wie eine Wilde die Treppen hinaufgefegt, hab mich erst auf den Stuhl gesetzt und einmal scheu und liebevoll über Deine Anschrift gestrichen, Du!! So verliebt und närrisch stelle ich mich an! Lachst mich aus? Du!! Dann habe ich angefangen aufzuknoten – die äußere Hülle habe ich bezwungen, aber – Du kennst mich ja, das zweite Verschnürchen dauerte mir viel zu lange, es kribbelte mir sooo in den Fingern – ich hab's ritsch, ratsch – zerschnitten!
Haust' mir paar auf die Hände? Du!!!
Auf meine großen, die eigentlich garnicht so groß sind, wie ich sie Dir in der Handschuhnummer angab!! Nun schnell den Deckel hoch! „Psst!! psst!!“ Auch das noch! Sollte das eine Warnung für das Geburtstagskind sein? Nein! Nie!! Ihr habt es an seinem 21. Geburtstag lange genug schon auf die Folter gespannt! Nun ist's genug damit!!! Und was kam weiter? Du!! Du!!! Etwas helles, feines, weiches – wie Schnäuzchen bei einem Rehböcklein! Du!! Geliebter! Also – ich war sprachlos!! Das gehört richtig alles mir? Und ich darf's behalten und immer tragen? Du Du!! Es steht doch im lieben, lieben Begleitschreiben! Ja!! Alles ist mein! Mein Herzlieb schenkt es mir! Du!!! Du!!!
Und nun kam das Reizendste, das Süßeste! Also Du! Jetzt muß ich etwas sagen – bist [mi]r böse? Du!!! Die Bluse gefällt mir besser als Du!! Darfst es nicht wörtlich nehmen!! Du!! Mußt mich verstehen! Herzlieb!! Das soll keine Beleidigung sein!!! Ich kann Dir bloß schriftlich keinen besseren Beweis bringen als den! Wenn ich sage: die Bluse ist schön, reizend – süß, einzig …. ach quatsch – das ist dummes Gerede. Du sollst wissen, daß sie mir so ganz sehr gefällt – so wie Du mir gefällst! Ja Du! Gefällst, das ist auch dumm gesagt. Na, wie nur soll ich sagen? So hilf mir doch Hubo!!! Weißt, als ich sie sah, da hatte ich sie gleich zum Fressen lieb – sie hatte gleich im Nu mein Herz erobert! Genau wie mirs mit dem Schenkenden erging! Ja – ja – genau so!!! Und nun darf sich der Ärmste auch noch anhören, daß diesem „dreisten Ding“ in der Heimat die Bluse besser gefällt, als der Schenkende! Na – das ist ziemlich stark! Was? Ach Herzlieb! Ich bin begeistert! Ich fühle mich wie im siebenten Himmel! Du ahnst es nicht! Denn Du bist ein Mann – den können keine Kleider derart in Entzücken bringen – hm?!!
Du!! Es ist gerade so schön und so lieb, als wenn Du mich umarmst! Du!! Wenn ich die Bluse trage – sie kommt ja auch von Dir – und Dein Herzel hat auch schon mal drunter gesteckt!!!!! Du!! Ich habe sie nämlich jetzt an, wo ich Dir schreibe! Du!! Sie gefällt mir so sehr, daß ich sie heute nicht mehr ausziehe – nein!!!
Ach Herzlieb! Wie zart sie aussieht wie schön!! Ich bin so erfreut!!! Und wie fein sie mir paßt!! Ach – sooo schön ist sie – mir gefällt sie ausgezeichnet! Ein halbes Dutzend von dieser Sorte – und ich ziehe kein andres Kleid mehr an!
Ich würde Dich vor Freude totdrücken, wenn Du mir noch eine besorgen könntest! Es ist schön, wenn man das Wechsel [sic] hat, die eine leidet nicht so im Tragen.
Die Mutsch war ganz platt, Du!!! Und der Vater weiß es noch garnicht! Wie wird er gucken!! Du!!! Und wenn erst Deine Mutter die schönen, schönen Dinge sieht!!! Sie interessieren doch Handarbeiten auch so sehr! Und die Elfriede! Und die Lotti! Ach, wie werden die meine schöne Bluse bewundern! Du!! Mein Lieb! Ich bin ganz, ganz sehr stolz auf Dich!
Du bist ein ganzer Mann – der auf seine Mutti hält! Und Dein Geschmack ist —……… psst!! Er könnte eingebildet werden!! Meinst' ??? Du!! Ich habe einen blauen Rock zur Bluse, der paßt in der Farbe genau an das Blau der Stickerei! Heute mittag habe ich alles fein geplättet und angezogen – bin dann voll Besitzerstolz mit Frau G. zur Kinderschar. Sie war auch ganz entzückt von Deinem …. nein!! Ich will Dich nicht eingebildet machen!! Du!!! Von der schönen Bluse, war sie entzückt! Ja!! Sie trägt auch mit Vorliebe gestickte Sachen. Und die fesche Kappe hatte ich auf's Haar gedrückt, mit dem kessen Schleifc[he]n vorn! Du!! Die ist goldig! Aus Wildleder!! Du!!! Im Kreis Chemnitz nur 1 mal vertreten! Und so turbanartig gearbeitet, gefällt mir großartig! Das gibt's bei uns auch zum Teil schon! Aus Seide zwar. Du! So eine erlesene Kappe wie ich hat niemand! Ich muß mir aber nun eine moderne Frisur machen – das Haar lose am Hinterkopf lang fallen lassen, dann sieht das ganze erst schick aus – Jawoll! Und die schönen Handschuhe!! Gefallen mir sehr!!! Ich habe Dir nur meine Nummer zu groß angegeben. 6½ genügte auch. Sie werfen auf dem Handrücken Falten, wenn ich sie anziehe und meine Hand strecke – das darf nicht sein. Es kommt vor, daß eine Firma die verschiedenen Größen anders herstellt, als die andre Firma. Hier bei uns habe ich auch schon Handschuhe getragen, die 1½ Nr. niedriger sind als meine übliche Größe. Sie fallen halt in der Verarbeitung ganz verschieden aus. Das ist nicht so schlimm, weißt meine Finder sind bloß so lang, da brauchte ich die Größe 7½ in der Handbreite genügt mir die 6, meine Hand ist mehr lang als breit. Eben wie der ganze Kerl jetzt!! Und feine Seife hat mein Hubo geschickt! Mutsch und ich haben nun schon so geschnuppert daran, wie gut sie riecht! Herzlieb! Nachher will ich mich doch gleich fein abseifen, beim Baden – wird das eine Wonne! Wie will ich an Dich denken dabei! Du!!!
Ach Herzlieb, Du!!! Ich bin Dir so sehr dankbar für Deine lieben Gaben! Hast alles mit soooviel Liebe und feinen [sic] Verstehen ausgesucht für mich! Es ist so schön, wenn Du mich beschenkst, Geliebter! Es ist ganz etwas Besonderes, wenn Du mich beschenkst, weil ich weiß und weil ich es fühle, mit wieviel Liebe und Sorgfalt Du wählst für mich. Du!! Du!!! Herzlieb! Du hast soviel Freude angezündet mit Deinen lieben Geschenken, mein [Roland]! Kannst Du es aus meinen Zeilen ermessen, wie sehr Du mich erfreut hast? Du!!! Ich bin Dir sooo gut und ich möchte Dir so herzlich für Deine Liebe danken! Herzlieb mein!
Es ist so schön, wenn man aus der weiten Ferne ein so herzliches Zeichen des treuen, liebenden Gedenkens erfährt, so wie ich es heute von Dir erfuhr, mein Lieb!
Und ich bin nun so neugierig geworden Herzlieb, auf die Herrlichkeiten, die Du mir schon angedeutet hast in Deinen Boten! Du!! Ich weiß, was Du auch wählen wirst für mich – es ist stets das Rechte und es gefällt mir bestimmt ganz sehr – es war ja nun schon immer so, seit wir uns kennen und beschenken! Du!!! Ich bitte Dich aber, Herzlieb! Schicke mir nichts heim mit der Post. Du ahnst nicht, wie unheimlich viel wegkommt! Es würde mir sooo bitter leid tun, wenn das, was Du Dir absparst, verloren ginge! Bringe nur erst alles mit, was Du bei Dir hast, wenn Du auf Urlaub kommst! Dann kommt es bestimmt sicher an. Außer dem [sic], es klappt wieder mal so wie jetzt, daß das Paket bis in die Heimat mit einer Person reist – nicht per Feldpost. Das Päckchen ist am 10.6.41 in Dresden abgestempelt – also ganz pünktlich gegangen.
Du, Liebster! Laß' Dir noch einmal sagen, wie sehr Du mich erfreut hast und beglückt! Ich will Dir für heute Deine lieben Hände drücken! Morgen will ich sie wieder fassen, lieb und fest, mein [Roland]! Die Mutsch geht einholen, es ist kurz vor 1900 [Uhr], und sie nimmt den Brief gleich noch mit.
Du!! Du!! Mein Herzensschatz! Fühlst Du, wie glücklich Du Deine [Hilde] gemacht hast, wie sehr glücklich? Du!!! Ich küsse Dich mein Lieb!! So innig! Du!! Ich bin Dir so gut, Herzlieb! Du hast mir mit Deinen sinnigen Gaben Deine große Liebe auf's Neue bewiesen. Ich will Dein sein Herzlieb! Ganz Dein! Immerdar!
Will Dir Deine Liebe vergelten, sooo gerne! Du!! Der Herrgott behüte Dich mir! Mein Sonnenschein! Ich küsse Dich! Ich liebe Dich!
Ich bleibe [unleserliches Zeichen] in Liebe und Dankbarkeit
ganz Deine [Hilde], Dein!!!
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Hilde Nordhoff
Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.
Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946