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[OBF-410615-001-01]
Briefkorpus

Sonntag, den 15. Juni 1941

Meine [Hilde]! Du!! Mein liebes teures Weib! Mein Herzlieb!

Mittagstunde ist eigentlich jetzt. Heiß ist es draußen. Aber ich bin doch gar nicht müde – will lieber mit Dir plaudern – ja, Du Liebes! Willst denn auch zuhören – oder bist so müde? Ich weiß schon, wenn der Hubo da ist, da ist mein Herzlieb so munter – und hungrig – satt und müde war es immer erst, wenn er fort fuhr – hab doch mein Weiberl noch gar nicht so gesehen – oder doch, einmal! Du!!!!! Aber wenn ich nun gar nimmer fort gehe – nun werd' ich's ja auch mal so sehen – und wenn das Mannerli wird gar nimmer mehr so draschen müssen, um sein Herzlieb zu suchen und zu finden, wird es wohl auch stärker sein, Du!!! Wie es dem Mannerli zukommt! Ach Geliebte! Hast kein kühles Mannerli – Du!!!!! Wie möcht denn eins auch sich verkühlen bei einem solchen Prachtweiberl? Du!!! Ach Herzlieb! Hättest doch vieltausend andre Männer entzücken können – ja, Du!!! Damit möchte ich Dir liebsein – aber nicht Dich beleidigen! Du!!!!! [B]ist doch kein Vielliebchen – bist doch mein Weib, das so reich und beschenken kann, aber doch auch beschenkt sein möchte – das so tief und heiß lieben kann, und doch so auch wieder geliebt werden möchte – das sooo sooooo lieb eine Heimat bereiten kann, und doch eine ebensolche Heimat und Geborgenheit ersehnt – das so tief vom Glück erster großer Liebe beseelt ist, von dem Glück, das dort auf zwei Herzen ruht, vom Herzschlag zweier Liebenden lebt. Und vor dieser Seite ersten Liebesglückes ist doch alle Süße und Schönheit und Sinnenfreude nur ein Teil nur (Pfänder) ein Pfand, einer der vielen Geschenke. Vor der Glut erster Liebe ist doch alle Sinnen Glut nur ein Strohfeuer.

Du!! Herzlieb! Entzücken ist ja gar keine Liebe – ist ja nur ein ganz einseitiges Halbes! Lieben, lieben kann man nur einen Menschen – und wer den einen fand, an den er sich ganz verschwenden kann, ihn fand in der großen weiten Welt, der nur kann recht lieben, der ist glücklich. Denn Liebe ist ein Ganzes. Herzlieb! Du!!! Ich habe das Menschenkind gefunden! Ich bin ganz glücklich! Weißt, wer es ist?– Und Du bist auch glücklich, Du sagst es, hast auch diesen einen Menschen gefunden? Kenne ich ihn? Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Herzlieb! Nicht 1000 andere könntest Du entzücken – Du mußt mich lieben – und ich muß Dich lieben – wir beide sind füreinander bestimmt – wir dürfen lieben, lieben – Du!!! Du!!!!! Das ist ein so großes Glück – eine so große Gnade! Und dieses Glück verbreitet so viel Sonne und Wärme und Jubel im Herzen – und Kraft zum Durchhalten und Leben! Und es ist doch nichts Lieberes, als den anderen [sic] glücklich zu wissen, glücklich zu sehen. Du! Eigenliebe und Gegenliebe sind in der Liebe – Lieben und Geliebtwerden innig gemischt – ach, das lässt sich gar nicht sagen und erklären. In der großen tiefen Liebe ist so viel Eigensinn, Unerklärliches, Unvernünftiges möchte man sagen, so viel Wundersames!

Wenn Du mir sagst, daß ich Dir wert bin, und daß Du glücklich bist in meiner Liebe – das ist doch mein größtes Glück,– doch nicht allein, weil es mir schmeichelt, nein, auch, weil doch damit mein größter Wunsch erfüllt ist, Dich ganz glücklich zu machen.

Du! Ich möchte doch Dein liebstes, bestes Mannerli sein – möchte Dich sooo reich beschenken, nicht mit Plunder und Blendwerk, mit Echtem, Gutem – ach Du, in diesem Wunsch und Willen gipfelt doch alle Liebe, dieser Wunsch kann bis an die Sterne reichen – und dieser Wunsch wird uns erfüllen, ganz erfüllen in der Stunde, da wir uns ein Kindlein wünschen!!! Du!!!!! !!!!! !!! Und in diesem Wunsch begegnen wir uns beide, da kommen wir uns ganz nahe.

Du! Geliebte!! Ob ich es spüre, daß Du mich liebst – daß Du Dich ganz mir verschrieben hast – daß Du ganz mir gehörst mit allem was du hast und bist?– Geliebte! Ich müßte meinem Vorsatz untreu werden – wenn ich es recht Dir sagen wollte – und Dir es zeigen, das kann ich doch erst wenn ich wieder bei Dir bin, Du!!!!!

Ach Du! Wir haben einander doch so sehr lieb – so närrisch lieb – sooo lieb haben einander doch gar nicht gleich zwei wieder – ich merk es doch auch, wenn ich um mich schaue – und müssen es einander doch immer wieder überglücklich gestehen und versichern – müssen einander immer wieder bedrängen, weil sie so brennt, die Liebe und nach Befreiung dürstet – Du! Wir müssen uns wieder einmal ganz satt trinken – dann! Aber jetzt einander nicht versuchen! Ja? Liebes, Du!! Mein liebes, junges Weib!!!!!!

Schreibst mir von Eurer Einquartierung. Muss mir das Quartier nur gleich mal mit vormerken! Du! Geliebte!! Dein Stübchen – [u]nser Dornröschenschloß – sie sehen wohl nur die 4 Wände, eine davon ist auch noch schief! Eng ist es, gar nicht ganz hell – fein sauber freilich. Aber sonst ein ganz gewöhnliches Stübchen! – Du!!! Du!!!!!! Sie ahnen das Glück nicht, das es bergen kann – sie können die Seele nicht schauen – ach, das Glück braucht doch so wenig Raum! Zwei Menschenherzen fassen es – aber eben zwei glückliche! zwei, die ihm offenstehen, die bereitet [sic] sind, es einzulassen.

Du! Herzlieb! Schließt doch die Schränke ganz zu?! Möcht doch mal sonst einer sein, der über unsre Boten gerät, über die Geschichte unsrer Liebe – möcht davon gepackt werden, ich würd es vielleicht auch, und nimmer davon loskommen und lesen die ganze Nacht – er würde wohl nicht fertig – das möchten wir doch nicht! Also schließ fein zu! Hast es gewiß getan, Du!!!

Zuletzt also ein paar Schwaben. Du sprichst gut von ihnen. Und ich fand unter den Schwaben bisher ebenfalls viel Tüchtiges und Gemütvolles. Das strömt schon von ihrer Muttersprache aus. Es ist ein Völkchen, das meist bäuerlich mit Glauben und Heimat noch eng verwurzelt lebt.

„Und noch spürt man, wie eine Frau bestimmend in das Leben eines Mannes eintritt.“ Damit meinst Du eine gute Frau. Herzlieb! Wer hätte das tiefer erfahren als ich selbst? Zucht und Klarheit und Streben gehören zu einer Persönlichkeit. Mit einem geliebten Menschen treten sie mächtig hervor – die Geliebte, das ist im Leben des Mannes ein Kristallisationspunkt, der alle Verschwommenheit klärt – ist ein Magnet, der ordnend in alle Begriffe und Möglichkeiten eingreift. Und in keinem anderen Schritt findet die Persönlichkeit bestimmteren Ausdruck als in der Wahl der Lebensgefährtin – wohlgemerkt, in der Wahl. Ja, Herzlieb! Eine solche Wahl ist ein großes Bekenntnis vor aller Welt – und wenn es gut und stark sein soll, muß ihm Erkenntnis des eigenen Wesens und Bekenntnis zum geliebten Wesen vorhergehen.

Ach Geliebte! Zucht und Ringen um Klarheit und Streben waren schon vorher in meinem Leben – ich war doch manchmal hart zu mir. Aber es war keine Freude in diesem Leben – es war ein entsagungsvolles, asketisches Leben. Ach Du! Ich war doch zum Alleingehen nicht geschaffen – und das Zuchthalten war doch manchmal so schwer – es gab Rückschläge. Geliebte!!! Seit Du mein bist, ist Freude in meinem Leben – freudiges Klären, freudiges Streben, und bessere Zucht! Siehst Du, Herzlieb, so stark bist Du!! Bist mein Weib! Mittelpunkt und Sonne meines Lebenshafen [sic] und Heimat allens Sehnens und aller Regungen des Herzens. Bist alles in sooo reichem Maße, was ein Weib dem Manne nur sein kann! Herzlieb! Bist mir jetzt in der bösen Zeit mein bester Kamerad – mein Halt – Mitte zum Leben und Heimkehren – Du!!!!!!

Geliebte! Hier habe ich erst einmal aufhören müssen. Ja, müssen! Am Liebsten wäre ich doch allein geblieben mit Dir! Aber die Kameraden würden mich nicht verstehen, würden mich für närrisch halten – und ich bin es doch auch, wir müssen uns doch sooo lieb sein – aber das mag ich ihnen nicht zeigen. Herzlieb! Vom Sonntagsspaziergang erzähle ich Dir morgen. Wieder ist eine neue Woche begonnen. Die Zeit rinnt. Ach, so nach ihr hingeschaut hat Dein Mannerli noch nicht in seinem Leben wie in den letzten Jahren. Und wenn Du wirst bei mir sein – dann wird es eine zeitlos glückliche Zeit schone sein. Du, Herzlieb! Vor einem Jahre begann für dein Mannerli auch eine Wartezeit – Du! Sie war gar hart! Wie die Kinder vor der Weihnachtstür, so ungeduldig und mehr war ich damals. Und ich war deswegen auch in Sorge um Dich. Herzlieb! Sie ist vergangen – und dann durften wir einander haben und liebhaben – ach Du!! Du!!!!!! Wie will ich eilen dann – wie wird mein Herze springen dann – wie wird dann alles in mir erbeben in letzter Ungeduld – vor der Seligkeit, vor der Erfüllung, vor der Ruhe bei Dir! In Deinen Armen!! An Deinem Herzen!!!

Geliebte! Bei Dir erst kann ich Ruhe finden, bei Dir ist die große Sonne des Glücks, der wir dann stillhalten wollen. Herzlieb! Ich bin immer bei Dir! Und die besten und heimlichsten Gedanken gehören Dir! Und ich bin doch so froh, daß es so ist. Ich habe Dich sehr lieb!! Du!!

Nun behüte Dich Gott! Er sei mit Dir auf allen Wegen! Er führe uns recht bald zusammen. Herzlieb! Sei froh und glücklich mit mir! Du bist es schon! Du!!!!! !!!!! !!!

In Deinem Herzen darf ich wohnen! Darf ich ganz nahe sein! Darf zu Dir kommen mit aller Freude, allem Kummer! Darf mit mit [sic] Dir gehen und bleiben! Darf lieben, darf Dich lieben! Du mein Liebstes, Bestes, Köstlichstes auf dieser Welt! Ich halte es fest wie mein eigenes Leben – und mehr! Geliebte! Du bist mein!!! Du liebst mich!!!

Ich lasse Dich nie und nimmer! Ich liebe Dich, so wie Du mich liebst! Ein Ganzes muß diese Liebe sein! Sie ist es, Herzlieb!! Unsre Liebe ist ein Ganzes!! Und wir sind so glücklich darum! Du!! Ich habe Dich sooooo lieb!!!!! !!!!! !!!

Dein [Roland]! Dein!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946