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[OBF-410620-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 20. Juni 1941.

Mein liebes, teures Herz! Du mein allerliebstes, gutes Mannerli!

Du!! Schnell habe ich mich noch einmal in die kühle Stube geflüchtet, um ein Stündchen ganz lieb allein mir Dir zu sein! Mein [Roland]! Es drängt zwar viel, vielerlei Arbeit und so Kleinkram, der zum Vorbereitungsdrasch einer Reise gehört – und vor allem, wenn zwei Weibel fort wollen, da will viel mehr sein, als bei einem Manne; aber ich muß heute noch einmal ganz lieb Dein denken, Du!! Du hast mich ja soo sehr erfreut und beglückt heute, Du!!! Daß ich Dir unbedingt ganz, ganz lieb danken muß! Mein Herzlieb!! Dein Sonnabendbrief und vorhin, nachmittags auch noch dein Donnerstagsbrief sind angekommen – beide von der Sorte, die noch zwischendrin fehlten! Und von Deinem schönen, freien Donnerstag der Film kam auch mit an! Fein!! Ach Du! Wie ich mich doch gefreut habe über diese lieben, lieben Zeichen deines treuen DMeingedenkens! Gerade, wenn ich bis über beide Ohren in Arbeit und Drasch stecke, da ist’s eine ganz besondere Freude, wenn mein Hubo mich besuchen kommt! Ja, dann geht alles nochmal so schön und schnell! Denn dann ist Dein Weibel in Hochstimmung! Und es ist so gut, daß Du gerade heute kamst, mich aufzumuntern! Denke nur, die Mutsch mußte ich zum Arzt schicken. Sie hat es seit dem vorigen Freitag wieder im Genick sitzen und es zieht sich wie eine Lähmung bis zum rechten Arm herunter. Ich habe sie schon immer gut eingerieben – hilft alles nichts. Früh war es letzthin so schlimm, daß sie sich gar nicht allein aus dem Bett erheben konnte, hatte absolut keine Kraft im Kreuz. Heute früh hab ich sie einfach nicht gehen lassen, bin selbst ins Geschäft und ließ mir eine Bescheinigung geben für die Krankenkasse, dann bin ich los, einen Behandlungsschein zu holen und nun kam Mutsch vom Arzt wieder. Er meint, es seien nicht die Nerven, sondern Rheumatismus, er hat sie eingehend untersucht (H.) [sic] Sie soll sich nur tüchtig bewegen und Sonnenbäder machen. Gerade daß sie in die Sommerfrische wolle, sei ideal für sie. Und nun bin ich erst wieder froh – glaubst?

Ich wäre nicht mit ihr losgefahren, ohne den Grund ihrer Beschwerde zu kennen. Man weiß doch garnicht, was [sic]h noch herausstellen kann. Nun sind wir beide beruhigt. Da kannst Dir vorstellen, wie mir zumute war jetzt in diesen Tagen.

Mit dem Vater bin ich böse, weil er so ein Dickschädel ist. Er fährt eben nicht mit. Die Mutter hätte die Erholung nötiger als er, meint er. Meinetwegen mag er nun zusehen, wie er sich die 14 Tage alleine die Zeit vertreibt.

Wenn du auch mal so dickköpfig bist, dann gehe ich Dir einfach durch – das steht schon heute fest! Du!!! Wenn einer keinen stichhaltigen Grund hat, dann darf er sich auch nicht so sperren.  Das ist niederträchtig. Aber Du kannst ja garnicht so unvernünftig sein. Und du wärest eher froh, mein ich, wenn ich Dich so bitten würde, mit mir zu verreisen! Stimmts'?

Und nun erst zum Sonnabendbrief, er war eher da! Du!! Des Sonntags in der Morgenfrühe hast Du Nickel Dich aus dem Bett geschlichen und mein gedacht? Du!!! Soll ich nun böse werden – oder soll ich mich freuen? Nun wundere ich mich nicht, weshalb ich soo zeitig schon wach war vorigen Sonntag! Das war ja der verdrehte Tag, wo die Kantorei wandern wollte.

Fein ist, daß die Post nun auch bis zu Dir hin schneller geht! Ist wenigstens nicht mehr alles gar so altbacken! Aber – Du!! Ich finde, die Küssel bleiben lange frisch!!! Mußt mir mal Obacht geben!!!

Soso, da waren die 3 Schwerenöter zum Tanz im Freien! Na, so wie Ihr 3 Euch da amüsiert habt, das braucht keine von uns Frauen krumm zu nehmen, ja?

Finde eigentlich richtig, daß dem Militär das Tanzen verboten [is]t – es verleitet zu allerlei Dummheiten, die vielleicht nicht immer harmlos bleiben. Ach – wenn schon! Ich hätte keine Angst um Dich, Herzlieb! Du bist ja ganz mein! Und Mißtrauen zwischen mir und Dir? kenne ich nicht. Ich kann sooo ruhig Dein denken und wenn ich Dich sonstwo wüßte auf Erden – in dieser Hinsicht bin ich ganz erhaben über jede kleinliche oder häßliche Anspielung, die auch hier unter Bekannten oftmals fällt.

Wir wissen so gewiß, so klar, wie wir zueinander stehn. Und können Menschen nie und nimmermehr auseinandereißen. Herzlieb? Ist es nicht etwas ganz Kostbares, dieses große, innige Vertrauen und Verstehen, das wir zueinander haben? Nichts anderes auf Erden kann uns dieses Gut aufwiegen! Und ich wollte nicht mehr leben, wenn ich jemals dieses Vertrauen verriete! Ach Du!! Du!!!!! Unmöglich ist das! Ich liebe Dich! Du liebst mich! Soviel Glück!!! Mein [Roland]! Unser strahlendes Glück, es steht uns ja über allem, über allem in dieser Welt! Du!!! Ach, wir brauchten eigentlich über das Thema Treue – Untreue kein Wort zu verlieren. In uns ist ja Klarheit! Helle und Klarheit bis ins Letzte. Für uns gibt es nur noch ein Ziel auf Erden, ein hohes, leuchtendes! Du!!

Unsere Liebe, sie zu halten, sie zu nähren, sie zu krönen, Geliebter[.] O Herzlieb! Mein Herzlieb! Heute schreibst Du mir in Deinem Donnerstagsbrief soviel Heimliches und Süßes von unserm Glück, das wir erst noch erträumen! Du! Du!!! Von unserm Kindlein sagst mir! Und wie Du Dich so innig freuen kannst! O Du!! Wie beglückt spüre ich aus Deinen Zeilen, daß auch Du Dich von Herzen freuen könntest, wenn Gott uns ein Kindlein schenkte! Ich bin ja so glücklich darum, mein Lieb! Ach Du!! So ganz eigen durchrieselte es mich, als ich all Deine Worte in mich aufnahm vorhin, die Du mir hierzu sagst, mein [Roland], mein lieber, guter [Roland]! Du!!! In Gottes Hände legen wir vertrauend auch weiterhin unser Geschick! Gläubig, demütig und auch mutig nehmen wir alles aus seinen Händen. Er wird es wohl machen.

Ob wir wohl bereitet sind für die Stunde der Krönung? Für die Geburtsstunde unsres Kindleins? Du! Du!! Du schreibst mir: Bald ist es ein Jahr, daß wir uns die Hände reichten für dieses Erdenleben. Und wenn wir nun hätten zusammenleben können, - da hätte diese Stunde wohl schon geschlagen! Durch die Ferne sind wir uns doch nahe – haben uns desto lieber – innerlich recht bereitet sind wir wohl! Ach Geliebter!!!!! Ist das wohl nicht die Hauptsache? Und den leichten Schatten,  den der Trennung, den zu verwinden hülfe unser Herrgott ganz gewiß! Geliebter! Etwas ganz Großes und Herrliches und Wunderbares muß dann sein, wenn wir uns wiedersehen……… Geliebter! - oh Geliebte[r]! Ich will Dich ganz fest halten! Und uns[e]re Augen werden bis auf des Herzens Grund leuchten zu uns[e]res Glückes Krönung, Du!!!!!!!!!!!!!

Ach ich weiß es, Du!!! Wie eigen wird mir, wenn ich an diese Stunde denke! Du!! Es wird ein Meeer der Liebe sein – meine Liebe und Deine Liebe! Geliebter!!!!! - Und Gott wird es fügen – er kann auch den kleinen Schatten wegnehmen – oder ihn zunichte machen – er wird es fügen! Du!!! Ich weiß, daß Du mich sooooo reich beschenken möchtest! Du!!! Ach Herzlieb! Ich bin sooo froh und glücklich! Sei du es auch! Ich liebe Dich! Oh Herzlieb! Ich liebe Dich!

Der Herrgott behüte Dich mir! Er segne unsern Bund! Ich küsse Dich! Du!!! Ganz lieb!!! Du!! Ich bin in Ewigkeit Dein.

Deine [Hilde]. Du! Mein Sonnenschein!!! Mein Glück!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946