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[OBF-410710-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 10. Juli 1941

Mein lieber Herzensschatz! Herzlieb! [Hilde]lieb! Geliebte!!

„Schatz! Komm mir nach! folge mir nach! Herrin!! Herrin!!“ Herzlieb, so rufst Du mir! Du!!! Du!!!!! Mir! Mir!! Oh – Geliebte! Ich komme, Du! Ich komme zu Dir! Oh Du! Sooo sooooo gerne!!!!! Kein Ruf so lieb und süß und heimlich und verheißend noch einmal in dieser Welt als der Deine! Geliebte!! Oh Du! Mein Herz will mit dem Deinen jubeln und danken. Mit Dir will ich fliehen und ins Kämmerlein – Dir ganz gehören – eins sein mit Dir! Geliebte!! Ich liebe Dich, Du!!!! Du!!!!! Du sollst nicht eifersüchtig sein aufs Mannerli – Du! Weibel, Liebes! Wenn Du weniger mich liebhaben würdest als ich Dich – dann wäre ich vielleicht traurig. Wenn Du mehr mich liebhast [sic], dann müßtest Du vielleicht traurig sein, weil ich weniger Dich liebte. Wenn Du es aber gerne willst – und in mich hineinkriechen – und mich auffressen, Du, mein liebes, närrisches, wildes Weibel! – der Hubo wird nicht stillhalten dazu, daß kann er nicht, soviel Du ihn liebst, muß ich Dich wiederlieben!

Herzlieb! Wer die schöneren Briefe schreibt  –  –  – 13 Kussel hat der Hubo gut als Strafe dafür, daß Du den Streit wieder anrührst – ätsch! Und wenn Du die Strafe nicht annimmst – 3 laute Klatsche-Klitsche [sic ]auf dem Teil, den werten, Du!!!

Herzlieb! Unser Schreiben, es ist doch nur ein Behelf vor all unsrer Liebe, die sich bewähren will. Aber wir sind ja so froh, daß wir ihn haben – unsere lieben Boten haben schon sooo viel Glück und Freude getragen von einem zum andern – und weil wir uns so ganz verstehen, da können doch auch die lieben Zeichen viel Glück und Liebe bedeuten. Oh Herzlieb, sie künden von der Sehnsucht und dem Glücksempfinden in der Stunde des Gedenkens. Das ist das liebste, was unsre Boten dem geliebten Wesen bringen können. Und dieses Liebgedenken ist nicht immer nur freudvoll, sondern manchmal auch erfüllt vom Schmerz des Sehnens. Und dieses Liebgedenken ist doch nur recht möglich, wenn wir ganz für uns sind, still und ungestört, wenn niemand uns beobachtet, Du!!!

Wenn man reist, ist man unruhig, zumal, wenn man, wie Du diesmal, die Reisepläne und Reisesorgen im Kopfe haben mußt. Und wenn immer Menschen um uns sind, dann gelingt es auch nicht recht. Das weiß ich doch so gut.

Herzlieb! Aufrichtig leid tut es mir, daß Euch die Ferien nun nicht hielten, was sie versprachen. Daran ist die Scheibentante nicht unschuldig. In Sch. ist es zwar auch recht trübsinnig, wenn es regnet, aber Du wärest doch an einem Ort gewesen, den Du liebhast [sic]. Nun mußt Du auf die nächsten Ferien warten. Vielleicht ist dann das Mannerli bei Dir! Das böse Kriegsgewitter im Osten hat doch alle Urlaubshoffnungen erst einmal verhagelt. Aber diese Hoffnungen leben trotzdem, Herzlieb! Und einmal müssen sie uns Soldaten diese Freude wiederbringen, sonst würden wir mißmutig und unwillig!

Etliche von den Vorgesetzten haben es natürlich fertiggebracht, die strenge Sperre zu durchbrechen. Sie geben damit der Mannschaft das rechte Leitziel der Kameradschaft und des tapferen Durchhaltens! Oh, Herzlieb! Bei den Soldaten gibt es gar verschiedene Sorten von Menschen! Aber darüber mag ich mich hier nicht auslassen! Ich kann ihnen die erlisteten Vorteile auch nicht neiden, niemals! Ich mag nur messen und selber gemessen werden mit den Maßen Recht und Pflicht.

Herzlieb! Und unser Herrgott wird mit uns sein und unsrer sich erbarmen zur rechten Zeit! Du!! Du!!! Daran will ich mit Dir ganz froh und fest glauben!!!

Was soll ich Dir von uns erzählen? Es ist nichts Neues, Wichtiges vorgefallen. Das Wetter ist jetzt wechselhaft, gar nicht ganz so heiß, recht nach unserem Geschmack. Und ein Regentag war dabei, grau vom frühen Morgen an. War das schön! Wie zu Hause einmal! Oh, so frisch und ohne Staub und Sonnenblenden. Nur die Straßen fast unpassierbar, soviel Schlamm und Lehm kommt von dern Höhen herein, die das Wasser nicht halten können, weil der Wald fehlt, der es wie in einem Schwamm festhält. Man merkt, auf Regen ist die ganze Gegend nicht eingestellt. Die Griechen sagen selbst, daß dieses Jahr kühl ist. Unsre Mark ist jetzt; den dauernd steigenden Kosten angepaßt, 60 Drachmen wert. Gegen Preistreiberei und Wucher soll scharf vorgegangen werden. Wer genug Geld hat, fände wohl noch manches Kaufenswerte. Aber es hängt kein so großes Glück daran, es ist nur der Gedanke, ein bißchen vorzusorgen, der einen bestimmen kann.

Auf dem Gemüsemarkte erscheinen jetzt Melonen (nichts für mich), Pfirsiche, eine längliche gelbe Pflaume, Tomaten in Menge. Kirschen und Aprikosen sind fast verschwunden. In den Spalieren an den Häusern und Lauben aber reiht die Traube – mh, mh! Vielleicht kann ich welche mitbringen. Aber vorsichtig sein heißt es! Zu Hause konnte ich das Obst fressen – hier nimmt der Magen leicht alles krumm und quer. Wenn mein Herzlieb wieder mal Not hat, –  schicken wir es nach Griechenland – aber allein darf es nicht so weit – darf es nicht – Hubo will mit – Du, die lange Bahnfahrt – da kann ich mein Lieb aber herzen und drücken, wird’s schon unterwegs besser, ja? Du! Du!! Morgen, Freitag, nehm ich meinen freien Nachmittag. Eher bin ich nicht dazu gekommen, alle wichtigeren Arbeiten warten jetzt auf mich. Morgen ist Badetag nach alter Gewohnheit. Dann will ich mir das Kopfhaar ein wenig kürzen lassen – muß [mich] doch fein machen zum Hochzeitstag – auch wenn mein Herzlieb fern ist. Ein kleines Mittagsstünchen – ein Spaziergang, Kamerad K. H. hat wahrscheinlich auch frei – und nun spekuliert der Hubo schon, wann er sich ganz freimachen kann für sein Herzlieb – wegstehlen, Du! Du!! Die andern verstehen das nicht.

Herzlieb! Nachher, eh ich ins Bettel geh, seh ich noch mal nach meinem Geburtstagsgeschenk, dem rot versiegelten! Du erzählst mir von Deinem Geschenk, das Du mir noch zugedacht hast in Liebe. Ach, wenn nur auch meines zur rechten Zeit ankommt. Du! Daß wir uns zusammen freuen können! Und Du, mein liebes Weib, sollst Dich ganz lieb und froh daran freuen! Ich mag Dich doch sooo gern beschenken! Das Mannerli will seine Liebe schmücken – will ihm alle Verehru[ng] bringen – will Dir über alle Ferne recht nahe sein an unserem Geburtstage! Ich habe Dich doch sooo lieb!!! Ich will dich ganz festhalten und einhüllen in meine Liebe – so wie Du mir tust! Oh Herzlieb! Sooo lieb, wie Du mit mir es meinst – sooo lieb mein ich es mit Dir!!! Ich bin mit Dir sooo froh und glücklich Geliebte! Behüte Dich Gott! Er segne unsren Bund führe uns recht bald zusammen!

Gute Nacht! Herzlieb! Ich küsse Dich ganz lieb! Du!! Ich denke Dein ganz lieb und süß! Ich liebe, liebe Dich!!!

Und bleibe in Ewigkeit Dein! Dein [Roland]!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946