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[OBF-410713-001-02]
Briefkorpus

Am Hochzeitstag 1941

Herzallerliebste mein! Meine [Hilde]! Mein liebes, teures Weib!

So eigen ist mir heut! Und gar nicht zum Schreiben, weil das Herz so übervoll ist! Ach, könntest Du es sehen heute, froh und beglückt, wie Du es bewegst, wie Du es erbeben machst, wie es zittert vor Dir, vor Dir allein, geliebtes Wesen! Oh Geliebte! Wie schaust Du mich an!!! Wie beglückst Du mich!!! Wie sooo lieb bist Du zu mir gekommen!!!!!

„Nimm mich hin.“ Wie kann ich Dir antworten auf dieses höchste Bekenntnis der Weibesliebe, Deiner großen unendlichen Liebe? Geliebtes, liebstes Weib?!!!!! Ich weiß nur eine Antwort: Ich liebe Dich. Ach, Herzlieb, sie dünkt mir zu wenig heute, zu klein vor Deiner Hingabe. Nimm sie an, bitte ich Dich! Nimm sie an als mein feierliches Gelöbnis, als mein Herzensbekenntnis, als mein bestes Geschenk: Ich liebe Dich! So wie ich Dein Geschenk hinnehme als etwas ganz ganz Großes, Wundersames, Köstliches!!! Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!!

„Nimm mich hin“, Herzlieb, so kündet Dein Bote, so sagt mir Dein Bildnis!!! Ich kann Dir mit Worten nicht danken. In Deinem Geschenk liegt all unser Glück beschlossen! Du bist so gut und edel – Du könntest Dich nicht schenken, wenn Du mich dieses Geschenkes nicht für würdig hieltest! „Nimm mich hin!“ Nie sollst Du es sagen müssen, nie Dich mir schenken müssen, mit einer Spur von Leere, von Schmerz, von Verzicht, von Reue – Geliebte!!! Geliebte!!!!! Meine Liebe soll Dich erfüllen bis in den letzten Winkel Deines Herzens, soll Dich ganz erfüllen – ganz glücklich will ich Dich wissen. Und das ist ja unser Liebesglück, daß wir es fühlen und wissen, daß wir einander ganz erfüllen können!!!!! Oh Geliebte! Auch meine Liebe strömt Dir zu – ich könnte sie nicht aufhalten, es ist eine Urgewalt, ich muß Dich lieben, muß Dich lieben!!!

Herzlieb! Ich habe es gefühlt über alle Ferne: Du hast mü[sse]n weinen heute, der Schmerz hat Dich überwältigt – wie mich, Geliebte – als ich heute in der Nacht Dein Bild schaute – als ich Deine lieben Zeilen las – und noch, als ich Dein dachte in der Kirche heute – Schmerz, aus Liebe und Sehnsucht, Schmerz, der rütteln möchte an dem Unabänderlichen, der fragen und zweifeln möchte — Oh Geliebte!!! Leg Deine Hand in die meine! Birg Dein liebes Antlitz an meiner Brust! Lehn Dich an mich! Dann werden wir stille werden! „Gott im Himmel! Wir lassen Dich nicht, Du segnest uns denn!“ Mein teures Herz ! Laß uns dankbar der großen Güte Gottes gedenken und dann aufs neue Geduld und Vertrauen fassen zu Gott, unserem Vater im Himmel! Wir wollen im Aufblick zu ihm einander ganz festhalten – Du! Mein liebes Weib!!!

Herzlieb! Ich köonnte ja gar keinen Schlaf finden in der vergangenen Nacht. Es war so warm – auch unruhig im Hause – und mein Herz war so bewegt und unruhig. Ich bin aber dann doch eingeschlafen – bis dann einer auf dem Korridor Licht machte, in unsre Stube trat und nach einem Kameraden fragte. Ich war wieder munter – das Licht blieb brennen – es scheint durch Mattscheiben halbdämmerig in unser Zimmer. Da habe ich nach dem lieben Boten geschaut – es war ja nun der 13. Juli – und habe ihn erbrochen – und habe zuerst nach den Bildern geschaut – Geliebte! Geliebte!!!!! Wie soll ich es Dir sagen, welch übergroße, unendliche Freude Du mir damit bereitest! Ich habe die Tränen nicht aufhalten können und den Schmerz nicht dämmen! Oh Geliebte! Wie schaust Du mich an!!! Wohin mit all dem Glück?!!!!! Und Dein lieber Bote? Du!!! Mein Herzblatt! Herzlieb!!!!! !!!!! !!! Wie nahst Du Dich mir, Geliebte?!!! Mein Weib!!!!! Mein liebes, liebes Weib!!!!!

Ich drücke Dich ganz fest und lieb an mich! Ich schließe Dich innig in meine Arme! Ich halte Dich ganz, ganz fest – daß Du es fühlst, wie lieb ich Dich habe; wie Du mich ganz erfüllst, mein einziges, herrliches Weib; daß Du es fühlst, wie reich [u]nd glücklich Du mich machst; wie groß und wert und kostbar mir das Geschenk Deiner Liebe ist — Du! Meines Herzens Königin!!!!! !!!!! !!!

Herzlieb! Mittagsstunde ist, da ich Dir schreibe. Ich kann heute nicht ruhen! Ich muß Dir auch sagen, wie mir ums Herz ist. Kamerad K. hat Sonntagsdienst – Kamerad H. schläft. Ich sitze am Tische in unserem Zimmer. Und an einen Topf mit Blumen gelehnt stehen Deine Bildnisse. Herzlieb, ja! Blumen, denk nur. Dahlien! Schauen so farbenprächtig und groß mich mich [sic] an wie mein Herzensschatz – oh Geliebte!!! Die Kameraden haben mich überrascht damit – und ich habe mich herzlich gefreut darüber auch um Deinetwillen. Ach, es kann ihnen ja gar nicht verborgen bleiben auf die Dauer, daß wir uns sehr lieb haben – weil wir einander so festhalten mit unseren lieben Boten. Wie sooo innig wir uns lieben – das weiß ja kein Mensch - das sieht nur Gott allein.

Und nun erfüllt mich nur noch ein Gedanke: daß ich Dir heute auch Glück und Freude bringen durfte – daß Du, mein liebes Weib, möchtest still geworden sein über allem Schmerz wie ich. Geliebte! Der Herrgott, der dieses Tages Sommer- und Sonnenpracht gebietet – er hat gewiß auch einen Weg für uns! Ja, für uns! Denn Dein Weg ist nun auch mein Weg. Unzertrennlich gehören wir zusammen für dieses Erdenleben! Gott walte gnädig über unsrer Menschenliebe!

Zum Gottesdienst war ich heute. Ich hätte gar nicht gewußt sonst, wohin mit meines Herzens Drange. Herzlieb! Mit welcher Gewalt und Tiefe packt uns hier in der Ferne Gottes Wort, auch wenn [es] wie heute aus weniger beredtem Munde fließt und wenn es zunächst ohne engere Beziehung zu unserem eigenen Anliegen zu sein scheint. Ach, mein Herz wäre heute nur ganz frei geworden, wenn ich hätte singen oder spielen dürfen zu Gottes Ehre.

Aber nun bin ich doch still geworden. Und nun soll der Tag in dankbarer Freude beschlossen werden – mit meinen Kameraden. Herzlieb! Daß ich sie fand, ist eine große Gnade auch! Du, Geliebte stehst im Mittelpunkt dieses Tages – keine Minute kann ich heute Dich loslassen – und in meinem Herzen bist Du ja immer, immer!!! Und Deine lieben Bildnisse – Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Sie würden mit einem Blicke alles wachrufen, was Du mir bist, und was ich für Dich empfinde!!!

Herzlieb – ein festlicher Tag ist nun heute trotz aller Ferne – und im Herzen könntest Du mir daheim nicht näher sein.

Soll ich Dir es sagen? Wenn Du ganz lieb still und getrost es mit mir vernehmen willst: Seit einigen Wochen schon wird am Urlaubstor gerüttelt. Und heute kommt die Kunde, daß es nun auch für uns es sich auftun soll – ich kann es kaum glauben – aber ich mag sie heute auch nicht für mich behalten – und sie soll mich heute – der Tag ist ja schon gefüllt mit Freude bis zum Rande – mit Dir nur getrost und zuversichtlich machen: „Gott wird auch Wege finden, da Dein Fuß gehen kann.“ Du, mein liebes Weib!!!

Mein Sonnabendbote geht heute mit. Er ist nicht fertig [g]eworden. Heute kommt zu mir schon wieder Dein lieber Bote vom Sonntag. Hab recht vielen Dank.

Herzlieb! Ganz eigen ist mir zumute heute! So begann ich – und so will ich schließen. Ganz eigen – als müßte ich heute ganz lieb und leise nur reden und auftreten – als müßte ich immerzu einer Stimme lauschen und mein Herz offenhalten, weil jemand Einlaß begehren und zu mir kommen will – ein lieber Gast, der allerliebste auf dieser Erde, dem dieses Herz gehört – eine Frau ist es, eine hohe, edle Frau, ein solches, himmlisches Wesen, meines Herzens Königin, Du!!! Holde, Geliebte mein!!! Ich liebe, liebe Dich!!!

Nimm Wohnung in meinem Herzen! Nimm meine Liebe! Laß mich an Deiner Seite gehen! Laß mich mit Dir leben!!!

Ich bin Dein! Ich kehre Dir wieder! Dir gehört mein Leben! Dir schlägt mein Herz in unwandelbarer Liebe und Treue! Du! Mein Ein und Alles! Mein Herzblatt! Mein bester Teil! Geliebte, Holde mein! Gott behüte Dich mir!

Ich liebe Dich mit aller Herzenskraft, aus tiefstem Herzensgrunde!

Ich bin in Ewigkeit

Dein [Roland].

 

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Hilde Nordhoff sitzt mit Hochzeitsgästen vor einem Gartenzaun.

Ba-OBF K01.Ff3_.A6, Hilde Nordhoff (links) am Tag ihrer Hochzeit, 13. Juli 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Büttenrand weggeschnitten.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946