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[OBF-410725-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 25. Juli 1941.

Mein geliebtes, teures Herz! Du mein lieber, liebster [Roland]!

Du!!! Heute bist Du zusammen mit Deinem Brüderlein zu mir gekommen. Der liebe Siegfried hat geschrieben, aus Rußland. Er fragt nach Dir! Er will von mir mehr hören. Scheinbar hat ihn all mein Abgeschicktes noch garnicht erreicht. Auch der Kuchen nicht. Na – ich will ihm bald einmal wieder schreiben. Ich bin recht froh, daß es ihm soweit gut geht. Wenn auch manchesmal die Hölle losgelassen scheint, so schreibt er. Immer vorwärts bei Sonnenglut und meterdickem Staub. Wann wird dieser Weg ein Ende haben? Weiter schreibt er: Rußland, daßs sehr reiche Land, mit den unglaublichsten Zuständen bei der Bevölkerung verdient wirklich zum Teil einmal wachgerüttelt zu werden; damit sie ihr Terror-Regime abschütteln. So ist all die Propaganda der Presse doch Wahrheit! Ich kann es manchmal kaum fassen. Zu fürchterlich, was im Osten geschieht.

Kann es denn möglich sein, das [sic] Gott soviel Grausamkeit ungestraft geschehen läßt? Es ist gerade so, als sei unser Führer dazu ausersehen, dieses Untermenschentum da zur Besinnung zu rufen, durch diesen unseligen Krieg, den wir Deutsche mit solchem Gesindel führen müssen.

Ach – gebe Gott, das [sic] es bald zu Ende gehe! Soviel unnützes Blutvergießen! Soviel unnützes Morden! Wir müssen zutiefst dankbar sein, daß unsere Soldaten diese gräßliche Gefahr aufhielten! Daß sie sich diesen viehischen Menschen opfern! Nicht auszudenken, wären die Russen hier in Deutschland eingefallen!

Ach, wenn nur die beiden lieben Jungen wiederkommen! – Mein Herzlieb, Du!!! Dein lieber Brief ist vom Montag, den 21. Juli. Du!!! Sei herzinnig bedankt dafür! Du!!! Kommst ja wieder mit soooviel Herzensliebe zu mir, Geliebter! Daß mir ganz warm und wundersam zumute wird. Du!!! Gleich zum frühen Morgen kommst Du schon sooo lieb zu mir! Ach Du!!! Ja! Ich war schon wach! Und an wen weiter, als an Dich sollte ich denken?, frühmorgens schon! Du!!! Du!!! Ich muß Dich ja so ganz sehr liebhaben, mein Herzelein!!! Bist so glücklich, Du!! in meinem [sic] Träumen zu sein – in meinem [sic] Glückträumen – ich empfinde Deine innige Freude Dir nach darüber, daß Du in meinem Herzen wohnen darfst! O Du! Du!!! Mir ergeht es doch ebenso! Du!!!!! Und in unser beider Herzen hat niemand Raum als das Allerallerliebste! Du!! Und was das ist? Oh, das wissen wir doch zu genau! Geliebter mein!

„Ganz lieb und leis und zart nur darf ich Dich heute umfangen und küssen – Du!! Du!!! Alle Zärtlichkeit aber wacht doppelt auf und die Kostbarkeit Deines Besitzes wird doppelt deutlich in den Tagen Deines ‚Ferneseins'."  Oh Herzensschatz! Kannst Du wohl ahnen, wie mich dieses, Dein Bekenntnis mit Glück und heißer Freude erfüllt? Geliebtester!!! Daß Du auch so mich nicht mehr missen magst! Daß ich auch so Dir Erfüllung bin! O höchstes Glück, Dein Weib zu sein!!! Herzallerliebster Du!!!

Ach Geliebter! Wir haben beide einen starken Willen, uns[e]re mächtige Liebe geduldig zu ertragen, ohne mit Schmerzen nach Erlösung zu rufen. Aber die große Sehnsucht und alle Liebe – ach, die ist doch stärker als wir und unser Wille. Du!!! Du!!!!! Und darüber sind wir doch auch sooooo froh!

Durch Dich ist all meine Liebe befreit, entbunden – sie ist nun selig-frei und will verströmen – zu Dir! Ganz allein zu Dir, Herzlieb! Und so jubelt es mir zurück! Mein Herzlieb empfindet unser Glück ebenso wie ich! Ach – wieviel schönes, tiefes, echtes Liebesglück! Und wie schreibt mir heute mein Herzensschatz?

Und wenn ich werde bei Dir sein, dann wird doch das Brünnlein gar nimmer überlaufen – Du!!! Du!!!!! Oh – und wenn es dann doch einmal langsamer fließen muß – dann wird Deine holde Nähe ihm [ge]bieten – dann wird es seinen Ausweg nehmen in lieber, lieber Zärtlichkeit, Du!  Oh Du mein geliebtes Mannerli! Ich bin sooooo froh und glücklich, daß ich Dich habe!!! Wie soooooooo lieb müssen wir uns haben! Niemals könnten wie einander betrüben! Niemals das Vertrauen zueinander brechen! Du!!! Du!!! Du!!! Schau mich an! Oh Du!!!!! Mein geliebtes Herz! Nie und nimmermehr kannst Du von mir gehen! Wie ich nicht von Dir gehen kann! Wir haben einander soooooooooo unendlich lieb! Und diese Liebe kann kein Mensch uns aus dem Herzen reißen! Wie nun unser Leben wollen wir um uns[e]re Liebe kämpfen, wenn sie jemals in Gefahr gerät.

Und weil ich einmal, wohl mehr im Scherz, doch mit einem bangen Unterton Dir schrieb, daß ich eifersüchtig bin auf meine Geschlechtsgenossinnen, die dort in der Ferne um Dich sein dürfen – da zerstreust Du mir nun heute sooo lieb meine Bedenken! Daß ich überhaupt Bedenken hegen konnte um Dich! Um Dich!!!

Weil Du eben gar zu lieb bist! Du!!! Auf Deinen neuen Bildern sehe ich es wieder einmal mehr denn je! Ist's denn ein Wunder, wenn ich da eifersüchtig werde? Und – Du!!! Daß Dich gerade so ein schwarzes Weibel auch so ganz sehr liebgewinnen könnte wie ich – wär's ein Wunder? Ich liebe Dich doch gerade um Deiner Eigenart willen! Um deiner ,Härte' - ,Kälte' - ,Eigensinnigkeit' willen!! Und weil Du eben in meinen Augen ein richtiges, wahrhaftiges Mannerli bist! Ja! Du allein bist ein ganzer Mann! So gerade, so wahr, so treu, so lieb, sooo gut – Du bist das vollkommene Wunschbild, das ich mir unter einem Manne vorstellte! O, ich will garnicht schmeicheln. Aber – ich muß es Dir sagen. Ich fühle mich bei keinem Manne geborgener als bei Dir – das ist [je]tzt dem Sinne nach komisch aufzufassen! Ich habe ja noch garnicht den Unterschied  kennen gelernt!! Ich meine es so: als Frau spürt man sofort, wenn man einem Manne begegnet: dem kannst du vertrauen, dem kannst du gehören. Diesem allein magst du alles schenken – sieh, so erging es mir ja, als Hubo meinen Weg kreuzte. Und hätte mich denn jemals eine Macht der Erde mit meinem Herzen von Dir reißen können? Ach – Du weißt es ja, wie alles kam! Ich war dDir verhaftet – Dich mußte ich lieben – lieben! Und alles um [m]ich her war nichts. Und so muß ich Dich heute noch lieben – lieben! Nur mit einem Unterschiede, Du!!! Es ist aus der einseitigen Liebe eine kostbare, herrliche, erfüllte – ja, zum Wunder erblühte Liebe geworden! Ach Geliebter! Geliebter!! Geliebtester!!!!! Du!!!!!!!!!!!!! Wir können einander nicht mehr verlieren!

Wir sind einander verhaftet mit allen Fasern und Wurzeln unsres Wesens – am allerfestesten aber durch die Herz- und Lebensfäserchen uns[e]rer Liebe! Unsrer Liebe!!! Du!! Du!!! Und wenn wir umeinander sind, Geliebter!, dann wollen wir das einander garnicht mehr sagen! Dann wollen wir uns nur liebhaben – liebhaben!!! Du!!! Gott walte es gnädig: dann soll sie ganz sichtbar werden in unseren Kindlein! Du!!! Ach Geliebter – Geliebter, unser beider Gedanken kreisen noch immer darum! Um unsre Kindlein – und Gott soll es fügen – sein Spruch ist uns heiligster Befehl, den zu erfüllen wir immer und mit frohem Herzen bereit sind. Seine Liebe und Gnade soll auf unsrer Liebe Erfüllung ruhen, dann dürfen wir uns frohen und freien Herzens des Segens freuen – Muttersegen, Herzallerliebster! Ein köstliches Wunder birgt dies Wort! Wann es mir zuteil wird? – ich will keine Zeit bestimmen, ich will nur allezeit bereit sein – aber das [sic] es mir im Leben überhaupt zuteil wird, das ersehne ich herzinnig. Geliebter!! Wenn wir werden beieinander sein – wir wollen nicht leichtsinnig sein – Du!!! Wollen unsre ganze Willens- und Sinnenkraft zusammennehmen – ich kann und kann mir nicht denken, Geliebtester, daß Du nicht um mich sein sollst in dem schönsten und größten Erleben, wenn ich Mutter werde zum ersten Male! Ach Du!!! Du!!! Es ist eine richtige Herzensnot darum! Mein [Roland]!! Mein [Roland]!!! O mein – Du bist nicht eigennützig wenn Du auch so empfindest und denkst! Ach Du!!! Du!!!!! Ich stellte es mir ja nur in Gemeinschaft, in allerinnigster und nahester Gemeinschaft mit Dir vor, das echte Mutterglück! Die ganze, lange Zeit, das größte Erleben eines Weibes, daß es Mutter wird, dieses Erleben, das mit seinem Hoffen, und Sorgen, mit seiner Freude und Heimlichkeit doch Mann und Weib ganz erfüllen und verbinden muß – und beide zumal, die wir einander sooo liebhaben!!!  Du sollst um mich sein! Ach Geliebter! Nur nicht schwach werden!

Gott weiß was uns frommt – sein Wille geschehe allezeit! Und wenn es uns beschieden ist, daß ich Dir ein Kindlein schenke während Deiner Abwesenheit – Du bist mir stets gegenwärtig – ganz, ganz nahe – so wie auch jetzt! Geliebtester!!!!! Dein Bild steht unverrückbar in meinem Herzen. Das sollst Du froh und zuversichtlich wissen! Mein [Roland]! Und mit dem Werden unter meinem Herzen, schenkt mir auch Gott Kraft dieses ‚Alleinsein' zu ertragen. Das weiß ich ganz gewiß! Sorgen wollen wir uns darum nicht! Ich weiß ja, wie sehr Du mich liebst! Wie gerne Du m[it] mir leibhaftig dieses Mutterglück teilen möchtest! O ja!!! Ich weiß, wie innig Du mich liebst! Ich spüre es zitternd vor Glück und Herzensfreude aus Deinen lieben, lieben Worten, die Du in Deinem Sonntagbrief dazu hast! Mein Herzlieb! Mein [Roland]! Unser Wollen muß freudig und stark und ganz ungebrochen sein zum Kindlein – so erkennen wir. An Gottes Segen ist alles gelegen – das wissen wir auch.

Und ich will nicht nur das Kindlein – auch Dich, Geliebter!! Mit Dir zusammen gibt es nur ein vollkommenes Glück! Ich liebe Dich sooo sehr!

Und wenn ich so allein bin jetzt, da sehne ich doch soo sehr ein Menschlein herbei, das von Dir ist, von Deiner lieben[,] guten Art mir kündet – der Geliebte selbst muß sich doch darinnen verkörpern! Du !!!!!!!!!!!!! Und alle Ferne ist zu überwinden bei dem frohen Gedanken: er bleibt dir ja – er kehrt dir ja wieder!!!

Geliebter! Ich will Deinen Glauben freudig mit Dir teilen! „Daß wir einander bleiben, darauf steht unser Vertrauen demütig und fest!" Geliebter! Wir wollen allezeit von ihm beseelt sein!

Der Herrgott behüte Dich mir allezeit – er lasse Dich bald, bald für immer heimkehren! Heimkehren!! Oh, wie ich mich freue! Komm zu mir! Ich liebe Dich! Ganz Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946