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[OBF-410731-001-02]
Briefkorpus

Donnerstag, den 31. Juli 41

Meine liebe, liebste [Hilde]! Herzlieb! Geliebte!!!

Dein lieber Bote vom Freitag ist eingekehrt – und mit ihm die Heimat, die Heimat!! Oh! So lieb und warm und traut umfängt sie mich!!! Oh Geliebte! Daß ich alles um mich her vergesse – daß ich ganz gebannt und gefangen bin – daß ich sie wieder und wieder lese, die lieben Zeichen, die mir sooo viel bedeuten. (Der Bote vom Mittwoch, d. 23. 7. fehlt noch.) Daß Du mein liebes Weib bist, daß Du an mich Dich hältst, daß ich Dein Mannerli sein soll, das macht mich ja so überaus glücklich – Du!! Du!!! Ach weißt, ich bin mir meiner Mannestugenden gar nicht recht bewußt – aber Dein Mannerli möcht[e] ich sein, Du!!! Mit Dir möchte ich durch dieses Leben gehen. Und Du sollst mein liebes Weib sein! Mannerli sein? Ja, Deins! Nur Deins! Du!!!!! !!!!! !!! Du – und ich! Weiberl – und  Mannerli! Ach Du! Ich bin doch ganz närrisch vor Freude, weil Du mich b liebhast!!!!! !!!!! !!! „Und ich will nicht nur das Kindlein – auch Dich, Geliebter!“ Ach Herzlieb! Nach allem, was zwischen uns ist, bedarf das ja kaum der Erwähnung. Du wirst mich so liebhaben und liebbehalten wie bisher. Und was an uns[e]rer Liebe überfließen will, das schenken wir dem Kindlein. Ach Du! Wenn es anders wäre, müßte ich traurig sein – denn dann hättest Du mich nicht recht lieb. Und ich denke daran, was ich vor ein paar Tagen schrieb: Daß mein Wesen so sehr verlangt nach der Ergänzung durch das Deine! Ich brauche Dich, Du! Du!! Ich brauche Dich!!! Mein liebes Weib! Ach Du! Nichts Lieberes können wir ja einander versichern!!! Und ich weiß es ja: sooo weit ist Dein Herz und so liebereich – übergenug für Mannerli und Kindlein! Nein, ich möchte ja auch nicht ein[e] krankhafte Liebe, die nur den Mann vergöttert – ach, gesunde, große, tiefe Liebe will das Kindlein, ganz gewiß.

Herzlieb! Unsre Gedanken kreisen darum – sie werden es nun immer bis zur Stunde der Erfüllung. Es ist eine rechte Herzensnot darum. Herzlieb! Ganz lieb und leis und heimlich wollen wir offenen Herzens einmal darüber sprechen – und wollen einander ins Auge schauen und unseren Herzen lauschen – wenn ich bei Dir bin! Geliebte! Wenn ich bei Dir bin! Heute hat es noch einmal geknistert im Urlaubsgebälk – ich kann Dir die ganze Geschichte hier nicht hererzählen. Es handelte sich um meine Vertretung. Damit die gesichert ist und man mich gar nicht verschieben kann, habe ich mich weise beschränkt und meinen Urlaub nun vom 29. August bis 24. September eingereicht. Am 28. August will ich abfahren, am 31. August darf ich hoffen[,] bei Dir zu sein! Herzlieb! Von diesem Tage lasse ich mich nun nicht mehr abbringen[,] weder im Guten noch im Bösen. Ach! Gott im Himmel helfe uns gnädig zu unserem Wiedersehen!

Werden wir denn nun beide noch sooo lange Geduld haben? Nicht ungebärdig strampeln! Ich halt mein Weibel doch gleich ganz fest an den Beinerln, an den dicken!!! Wie wirst denn den Hubo festhalten? Das Öhrlein führt man an der Nase, da ist es ganz folgsam! Aber erst muß auch ein Ring drin sein. Du, da haben wir dann viel Zeit! Und die Tage sind noch ganz schön läang – auch noch warm dazwischen und auch schon ein paar kühle. Und der Abend, der heimliche ist schon länger – Du! Freust Dich aufs Dämmerstündchen? Und die Nacht – die ist schon lang – aber die schlafen wir doch! Ach weißt – es könnte ja auch Winter sein – und unsre Liebe würde blühen – blühen, Geliebte!!! Und was sagt denn das Kalendermannerli? Ach, mein Weiberl hat's doch schon gefragt – hat nur noch nicht die rechte Zeit gewußt. Und nun gibt es doch sooo sooooo liebe Auskunft!!!: ein Röslein wird welken – und eines wird erblühen. Ach Geliebte!! Wie habe ich es mir doch schon gewünscht, daß ich einmal um Dich sein kann auch in bösen Tagen, in den Tagen des Ferneseins, Geliebte!!! Nun soll ich Dich begleiten dürfen bis an das Tor – und dann wieder empfangen, Geliebte! Geliebte! Soll um Dich sein dürfen in den Tagen heißesten Sehnens! Oh Herzlieb! Herzlieb!!! Ich muß Dich sooo liebhaben! Und Du läßt Dich so liebhaben von mir allein!

Ach weißt – wenn ich daran denke, daß ich nun als Matrosenhubo heimkomme – so ein Theater! Hier in der Fremde gehört das nun dazu – aber zuhause! Bändermütze, angezogen wie ein Schulbub mit Klappdeckelhosen – so ein Theater! Ach Du! Wenn wir grad mal ein bissel ins Freie wollen an einem schönen Nachmittag – da zieh ich den Matrosenmatz gar nicht an – und der Brettschneider kann dann meinetwegen dann ein Gesicht ziehen – das rührt uns in Saloniki nicht! Ich darf nur das blaue Zeug anziehen, aber die weise [sic] Bluse bringe ich auch mit!

Herzlieb! Du sprachst davon, daß ihr Weibel daheim die Ziviluniform führt – weißt, wer nun auch den Soldatenrock hat anziehen müssen: Herr F. v. T. Oh Herzlieb! Du weißt es: Du wartest nicht allein – es warten sooo viele!!! Ach, drinnen und draußen – warten – warten!!! Und einmal muß doch Frieden werden! Und so hoffen wir und bitten Gott darum: daß wir auch dabei sind – Du und ich! Ach, möchte der Tag nicht mehr ferne sein!

Die heißesten Tage sind jetzt hier. Ewig blauer Himmel – Wärme und Sonnenschein – oh um mittag mordsheiß. Und abends will es gar nimmer kühl werden. Ich schlafe jetzt nur noch unter dem Überzug. Am Abend kannst Du uns jetzt manchmal mit langen Schnitten sehen: Melonenschnitte von der Zuckermelone, schmecken fein wie saftig, weiche Birne. Und nun gibt es doch auch schon Weintrauben in Menge angeboten – Du! Ach könnte ich Dir doch welche schicken oder mitbringen! Nun wird das Mannerli langsam ans Einkaufen denken müssen: Nr. 1 Plisseerock, Nr. 2 ein Paar Schuhe, Nr. 3 Mandeln u. Rosinen[,] Nr. 4 ein Fläschchen Wein[,] Nr. 5 – Halt! Halt! Ich verrate doch alles! Nr. 5 sage ich nicht! Ach Du! Der Hubo muß doch wieder mal eine Dummheit machen, eine liebe – das ist doch seine ganze Freude! Ach, ich denke doch immer nur daran, wie ich Dich beschenk[en] kann! Aber mit einer Kleinigkeit muß ich die andern auch bedenken!

Nun leb wohl für heute! Mein liebes, treues Weib! Laß Dir danken für alle Liebe und Sonnenschein, die Du mir heute brachtest. Kein and[e]res Menschenkind kann ihn so mir bringen! Oh Du! Mein liebes Weib! Wie sooo froh und glücklich bin ich mit Dir! Und nun soll ich bald Dich wiedersehen – und Dich küssen und herzen – und liebhaben? Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Gott behüte Dich mir!

Ich liebe Dich sooo, sooooo sehr! Ich sehne mich auch nach Dir und bin in Ewigkeit

Dein [Roland].

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946