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[OBF-410807-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 7. August 1941.

Mein geliebtes, teures Herz! Du!!! Geliebter!! Herzensschatz!

Mein [Roland] Du!!! 2 liebe, ganz liebe Boten sind heute früh zu mir gekommen. Du!! Laß Dir von Herzen danken, Geliebter mein! Ganz lieb laß' Dich küssen dafür, Du! Du!!! Du!! Heute könnte ich Dich ja so notwendig brauchen! Zum Anwärmen!! Das kannst Du nun am Ende nicht fassen! Es ist aber so! Einen tüchtigen Regenguß hat's gegeben – vielleicht in der Ferne auch ein Gewitter. Kurz: nachdem sich der tolle Westwind gelegt hat, ist es ganz empfindlich kalt geworden. Und ich bange schon um schöne Tage, wenn Du bei mir sein wirst.

Wenn's möglich ist, Du!, dann bringe nur paar recht schöne, heiße Tage mit aus Griechenland! Ich will mich doch noch sommerlich anziehen, wenn Du bei mir bist. Heute könnte man direkt ein wenig feuern im Ofen. Aber so schnell lasse ich mich nun auch nicht in's Boxhorn jagen. Ist ja erst Anfang August!

Du! Dein lieber Freitagsbote ist heute mit dabei. Und Du kommst gleich am frühen Morgen zu mir mit soviel Liebe und Zärtlichkeit. Bist ebenso froh wie ich! Du!!! Daß nun der erste Tag angebrochen ist im August! Geliebter Du!!!!!

Der Kalender hilft uns zählen, ja! Und nur bis 31! Ach – ist das lang! Und dem Hubo bis 28! Ich soll Dir helfen? Du!!! Wie nur? Ich nähm' Dich am liebsten gleich bei der Hand und zöge Dich heim, heim zu mir! Doch sooo weit kann ich trotz meiner langen Arme nicht langen! Ich muß Dich erst noch ein Stück heranrücken lassen! Du!! Dann ziehe ich Dich aber ganz schnell heran zu mir! Ob Du ein Empfangskussel kriegst??? Du! Ich muß erst mal sehen, wieviele Leute umher stehen werden, wenn Du ankommst! Wenn's recht viele sind, dann kriegst es zu Hause, ja?

Ach – ich kann Dir ja im Moment überhaupt noch nichts darüber sagen! Wenn dann der Augenblick da sein wird, der langersehnte; dann denke ich nicht mehr an Vors[ä]tze! Wenn ich Dich dann sehe! Du!!! Da komme ich Dir wohl gleich um den Hals geflogen! Ach – wie mir jetzt zumute ist, wenn ich mir unser Wiedersehen ausmale, da mache ich mir 'nen Pfifferling aus den Leuten, da schäme ich mich garnicht! Du!! Das eigentliche Wiedersehen, das rechte Wiedersehn, das kann ich doch erst viel, viel später mit Dir begehen! Nacht muß es sein, stille, dunkle Nacht – nur der Mond darf scheinen – für uns – Du!!! Und Du und ich allein – allein mit unser[e]m großen Glück! Mit unseren überfvollen Herzen! Ach – Geliebter! Geliebter! Dann soll es sich erfüllen, was wir in Sehnsucht uns sooo heiß erwünschten!!!

Dann will ich ganz Dein sein – Du sollst ganz mein sein! Geliebter!!! Geliebter!!! Oh – Du!!! Wie ich sie liebe, diese stille Stunde in der Nacht, da nur unsre Herzen sprechen! Du!! Ahnst Du, wie sehr ich darauf warte? Wie ich mich freue? Du!!! Du!!! Auch Du hast es mir gestanden, wie sooo lieb Dir diese Stunde ist! Tief beglückt erkannte ich das, Geliebter! Ach Du!! Möge der Herrgott uns beistehen, daß unsere Sehnsucht endlich Erfüllung findet!

Geliebter! Nun kann ich Dir nur noch 15 Boten schicken! Die anderen kämen sonst nicht mehr an. Und Du? Ach! Du!!! Ich freue mich doch schon heute ganz sehr auf den Boten von Dir, wo Du mir schreiben wirst: Ich komme!! Ich komme!! Ach Geliebter! In wessen Herz ist noch sooooviel Jubel, soooooviel Freude, soviel Glück, bei dem Gedanken an ein Wiedersehen? Und wie gerne Du kommen willst! Wie sooo gerne! Geliebter!!! !!! !!! !!!! Das zu wissen, das macht doch mein ganzes, großes, reiches Glücksgefühl aus, mit dem ich Dich erwarte! Und am Sonntag, da Du und deine Kameraden so sehr enttäuscht wurden weil keine Post kam, da habt Ihr beiden nun den Fahrplan studiert! Wie ich atemlos lese, was Du darüber schreibst!!! Du!!! Ich kann mir denken, daß Du, wenn der Zug einmal in Wien ist, so rasch wie nur möglich heim willst! Sag? Fahren denn auf all den genannten Linien Urlauberzüge? Oder dürft ihr auch andre Züge benutzen? Du!! Du!!

Passau – Regensburg – Hof! Das ist die bewußte! Oh Du!!! Wenn's gut geht bist Du schon um 8 [Uhr] früh in Chemnitz! Ist ja herrlich!

Und dann hast Du ja erstens alle Stunden gute Gelegenheit, mit dem Bus rauszufahren – wenn der Anschluß gut ist, auch mit dem Zug. Du!! Ich sehe vollkommen ein, daß das mit dem Entgegenfahren nichts Genaues wird! Und ich will Dich dann lieber in Oberfrohna erwarten! Aber daß Du mir von Wien aus telegraphieren willst, das finde ich furchtbar lieb von Dir!

Weiß ich doch wenigstens, wenn Du in Deutschland angekommen bist!! Und in Chemnitz angekommen ist Dein erster Gang: Telephon!! Du bist sooo lieb! Da kriegst Du 30 Kussel extra!!!

Richtig! Schätzel! Sonntags bei T. anrufen! Klingle nur tüchtig laut! Die schlafen lange! Aber das Dienstmädchen ist schon auf! Die Nummer: Baumeister T., 3188! Sobald ich Dein Telegramm habe, will ich sie verstä[nd]igen damit sie mich nur zu rufen brauchen am Sonntagmorgen! Du! Du!! Herzallerliebster! Du!!! Nun sagst Du mir schon alle Einzelheiten. Du!!! Ich werde ja noch vor der Zeit närrisch!

Ach – wenn ich nur mehr Geduld hätte!!! Geliebter! Ach, Dir ergeht's doch ebenso! Ich weiß!!! Wir wollen uns nur ganz fein gedulden! Du!!! Geliebtes Herz! Du!! Du steckst mich ja so sehr an mit Deiner Freude auf unser Wiedersehn! Ich kann und kann mich ihr nicht verschließen! Ich will ja auch nicht! Du!!!!!

Aber dämpfen müßte ich meine Freude, Du!! Sie ruft ja alle Sehnsucht nach Dir doppelt stark hervor! Ach – ich liebe Dich! Du!!! Ach Herzlieb! Nur nach mir, nach mir drängt es Dich! Wie mich das beglückt! Oh Du!! Nur zu mir willst Du kommen – heim! Wie ich mich freue! Freue!!! Und ich habe für niemand Herz und Ohr als für Dich! Du!! Nur für Dich allein!

Oh Du!!! So eigennützig ist unsre tiefe, heiße Liebe doch! Daß wir doch nur aneinander denken mögen – daß wir nur umeinander sein möchten! Daß alle andern Menschen als Störenfriede erscheinen unsres Glückes!

Ach Herzlieb! Das wird sich geben, wenn wir dann immer umeinander sein dürfen. Nicht, daß dann der Wille und die Liebe zueinander kleiner würden, wie auch Du ganz wie ich empfindest, aber weil wir dann nicht mehr so aufeinander warten müssen und die Stunden zählen unsres Beisammenseins. Ach, ein Platz wird in unserm Herzen bleiben, da darf doch niemand wohnen als Du und ich – und der steht immer bereitet, daß wir ihn auftun können und darinnen ruhen; das ist ganz tief drinnen im Herzen, wo es am heißesten schlägt! Du!!!

Herzlieb! Am Sonntag hast Du gemeint, ich sei in Sorgen, oder irgend etwas betrübe mich. Du hast es so empfunden bei Dir. Und Du hast so rührend lieb mich bei der Hand genommen, so lieb und so fest und sicher! Mir wird ganz eigen zumute, wenn ich Deine Worte lese, Geliebter! Ach, ich danke Dir von Herzen! Du!! Ich weiß! Du bist bei mir in Freud und Leid! Und das ist eine große, tiefe Freude, dieses Wissen um das Zusammengehörigkeitsgefühl. Ich weiß, wie das Leben in bunter Folge an uns vorüberzieht – und noch bunt vorbeiziehen wird. Und es ist ein Glück, wenn ein Mensch gesund und wirklichkeitsnahe empfinden kann, wenn er sich nicht in Illusionen versteigt.

Man muß das Leben nehmen wie es ist. Tapfer, mutig, herzhaft anfassen! Du!!

Mit Dir habe ich keine Angst vor dem Leben! Und daß wir unser Leben mit Gottes Hilfe meistern werden, das glaube ich ganz gewiß! Du!!!

All Deine lieben Gedanken, die Du mir hierzu aufschriebst, sie stehen im Einklang zu meinem Innern – ich bin mit Dir einig im Empfinden. Gott schickt Liebes und Leides, so glauben wir, und dieses Leben ist nicht bereitet zu ungemischter Freude – Du sagst es: es ist ein Schaffen in Gottes Weinberg, wie Jesus selbst es sagt im Gleichnis. Und wir wollen gern und froh schaffen, nicht uns Gottes Willen widersetzen. Und das Ruhen nach vollbrachtem Schaffen, das soll uns die Stunde größter Freude sein! Du!!! –

Nun schreibst mir in Deinem Freitagbrief wieder eine Überraschung mit! Herzlieb! Herzlieb! Du verwöhnst mich doch zu sehr!!! Schon wieder ein Kleiderstoff? Und noch dazu solch feiner?!! Du!!! Machst mich ja ganz neugierig, Du!!! Aber freuen tu ich mich fürchterlich sehr! Du! Ich glaube, ich drücke Dich tot vor Freude! Du!!! Ach Du!! Du!! Wenn Du mir erst da wärest!!! In 24 Tagen, so Gott will! Oh – ganz, ganz leise freuen – leise!!!!!! Du!! Ich habe gestern Glück gehabt beim Kaufen – in der Stadt! Ich bin sehr zufrieden!!! Und es hat alles fein geklappt!! Und nun habe ich noch Arbeit! Oh ganz feine, zarte Arbeit!! Gleich soll's losgehen! Du!! Dabei muß ich immer, immer Dein denken! Es ist ja für Dich ebenso wie für mich! Ich freue mich! Du!!! Du!! Heute schreibe ich Dir den 300. Brief! Seit Du beim Militär bist? Nein! Seit ich Dich in Barkelsby besuchte! Das müssen wir feiern! Und du bringst die „Flasche“ dazu mit – ja? Freu' ich mich doch sehr! Nun einen lieben lieben Kuß! Und einen lieben, herzlieben Gruß von Deiner treuen [Hilde].

Mein geliebtes Herz! Du mein allerliebster [Roland]! Der Herrgott behüte Dich mir auf allen Wegen!

Ich liebe Dich! Du!!! Über alles in der Welt!

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Autor Hilde Nordhoff
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946