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[OBF-410808-001-01]
Briefkorpus

Freitag, den 8. Aug. 1941

Herzallerliebste! Meine liebe, liebe [Hilde] Du!!!

Zählt mein Herzlieb denn auch fleißig die Tage mit? Sie rücken ganz schön schnell, aber bei unsrer großen Sehnsucht möchten sie ja Flügel haben! Heute brachte mir Dein lieber Bote soviel Glückstrahlen und Freude – mein Herzlieb freut sich sooo sehr, daß ich nun kommen will! Ach – und nun ist doch ein bitterer Tropfen in alle Freude gefallen – Geliebte! Liebes Weib!! Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Bald, bald komme ich! Ach, Du glaubst ja nicht, wieviel Groll in mir war, als diese Verschiebung nun dazwischen kam. Ich habe doch ebensoviel Sehnsucht nach Dir, Geliebte! Oh, sie ist sooo groß! Und immer nur steht mir das Bild unsres Wiedersehens vor Augen. Nun müssen wir uns fein lieb miteinander trösten! Dreimal wird noch Sonntag, zweimal noch Donnerstag, am dritten will ich doch losrutschen. Und einmal?

Einmal muß noch das Röslein welken im Gärtlein! Und wenn dieser Bote bei Dir ist – da knospet schon ein neues – das will ich doch pflücken, Du!!! Du!!!!! – Sag`s ihm, Herzlieb, daß es nicht einsam welken muß, daß es zweien erblüht zu aller Glückseligkeit – Geliebte!!! Geliebte!!!!! Und wenn das nächste Röslein knospet, da will ich doch immer bei Dir sein!!! Du!!!!! Bei Dir mit aller Zärtlichkeit!!! Oh Geliebte!!! Wieviel Sehnsucht, wieviel Hunger und Durst wird dann gestillt sein. Gebe Gott, daß wir recht gesund sind dann!

Da fällt mir doch ein, mein Herzlieb hat doch auch schon gezählt, ganz etwas anderes, was ich doch ganz vergessen hätte (!!!), es zählt am Bademeister, Du!!!!! 3 Wochen – da darf Dein Dickerle dreimal Bademeister sein? Und wenn es ganz warm ist[,] noch öfter, Ja?? Du!!! ob es sich da traut? I [sic] bewahre – diese Arbeit, dieser Plack, soviel Unebenheiten am Weibel! Da hat man schon seinen Ärger!! Aber mein Weibel muß auch bei mir Bademeister sein – ich bin dann Dein Nacktfröschel!

Geliebte!!! In Deinen Briefen habe ich heute an meinem Freinachmittag gelesen. Und da ist mir große, tiefe Dankbarkeit ganz warm zum Herzen geströmt – meinen ganzen tiefen Dank will ich Dir bringen! Mein liebes, treues Weib!!! Du bist sooo lieb zu mir! Du stehst so treu zu mir! Du hilfst mir so lieb aushalten und bist mir so nah in der Fremde. Du mußt auf so vieles verzichten – und denkst doch nur daran, daß ich Dir wiederkehre!

Du, mein liebstes, einziges Weib! Keines finde ich wieder so in der ganzen Welt – Herzlieb! Ich will Dir nicht nachstehen in Liebe und Treue und Du weißt es, wie ich so wie Du lieben muß, so ganz und tief und eigensinnig, so ausschließlich! Geliebte! Wir haben einander doch so lieb!

Ach Herzlieb! Und vorhin, als ich hinaussann in den hereinbrechenden Abend, da wollte doch Traurigkeit mein Herz umdüstern: Die besten Jahre meines Lebens muß ich nun so versitzen! 34 werde ich nun schon. Und in 16 Jahren bin ich schon 50 Jahr alt. Du bist dann 38 Jahr. Du, sag, werd ich dann denn noch Deinen Hunger all stillen können?

Geliebte! Es ist nicht recht, daß ich so denke. Wieviele Menschen, die so nun [in] die besten Jahre kommen! Und das andere? Ich bin ja auch nicht bange darum. Ich glaube, daß wir uns sooo gut zusammenleben werden in jeder Weise – und wenn ich nur gesund bleibe, dann werde ich auch lange stark bleiben! Und wenn unsre Liebe nur bleibt, dann kann auch das Brünnlein so leicht nicht versiegen – Du mußt mich schon einmal lieb trösten darüber! Du!!!!!

Eines ist mir auch sooo deutlich geworden, als ich in Deinen Briefen las; wie reich Dein Tag ausgefüllt ist – wie Du Dich oft müde geschrieben hast ans Mannerli! Auch heute erfahre ich, wie bewegt doch Dein Alltag dahin geht. Seid Ihr nun wieder in Glauchau gewesen? Und gestern hast Frau G. abgeholt. (Sag, hast sie wohl auf Deinen Schoß nehmen müssen? Du, Herzlieb! Ich vertrage das lange Bahnfahren nicht gut, willst Du nicht Dein Mannerli abholen? Nein! Du! So weit ließe ich Dich nicht allein reisen – ich kaufte mir dann lieber eine Fahrkarte 2. Klasse!). Herzlieb! Laß nur die irrige Meinung nicht um sich greifen, daß Du jederzeit für jedermann Zeit hast. Ich sehe doch von hier, wie Du bis an die Grenzen Deiner Kräfte gehst – und ich, Dein Mannerli, erfahre es doch am deutlichsten, wieviel Kraft Du allein mir schenkst. Herzlieb! Laß Dich ganz lieb ermahnen, hauszuhalten mit Deinen Kräften – und ich will der erste sein, der Rücksicht nimmt auf das Vermögen Deiner Kräfte – und ich werde einmal ganz energisch werden müssen, wenn Du all Deine Muße und Deine Schlafenszeit mir opferst. Die Deinen Alltag nicht kennen, können das ja gar nicht verstehen – und, Herzlieb!, daß ein gut Teil [sic] Kraft täglich von Dir zu mir und von mir zu Dir geht, das können die andern schon gar nicht verstehen.

Ich bin ja heute gar nicht hinausgekommen an meinem freien Nachmittag. Ein wenig habe ich mich erkältet und davon ein wenig Schädelbrummen. Da habe ich es vorgezogen, mich ein wenig lang zu strecken und häuslich zu bleiben. Das Baden habe ich deshalb auch verschoben, vielleicht auf morgen. Nach dem Mittagessen habe ich ein wenig eingekauft. Herzlieb, es macht wenig Freude. Teuer ist alles und die Auswahl ist gering. Weißt, ich freue mich ganz sehr darauf, mit Dir später einmal einzukaufen. Wir lassen ein paar Wünsche zusammenkommen – und dann rutschen wir zusammen in die nächste Großstadt, und kaufen vom Besten das Beste – nimmst denn Dein Mannerli Du auch gern mit? Vor dem Laden mit den intimen Dinge bleib ich doch sowieso draußen! Was ich gekauft habe? Eine blaue Kappe, wie mein Herzlieb sie sich gewünscht hat und noch ein Paar Sommerhandschuhe, die mir gut gefielen. Ein Paar Schuhe habe ich auch gekauft – Deine Wünsche kamen ja gerade zur rechten Zeit – aber erfüllen konnte ich sie nicht. Ich werde mich noch nach ein Paar anderen Schüheln umsehen, wenn der Geldbeutel es erlaubt. Die ich kaufte, sind ein Paar schwarze, so im Ganzen, wie ich es gern habe – ich hatte in Deiner Größe nur die Wahl unter 4 Paaren. Ein Paar entzückende Modelle standen im Fenster, Nummer 33, die Griechinnen leben auf kleinerem Fuße als mein [Hilde]lieb in Deutschland. Na, ich denke, Du wirst sie schon mit vertun! In den nächsten Tagen steht nun das schwierigste bevor, der Stoffhandel. Na, ich will schon gut aufpassen. Mein Herzlieb hat sich wieder als Bankier betätigt – hoffentlich kann ich Euch recht viel Wünsche erfüllen[,] vor allem aber will ich doch meinem Herzlieb eine Freude machen. Eine? Viele Freuden – ach, ganz glücklich will ich es machen!

Was Du mir vom Hochzeitskleid sagst, kann ich doch noch gar nicht ganz ernst nehmen. Ich meine, daß sich das Kleid doch auf jeden Fall ohne Schaden muß etwas kürzen lassen. Wir werden sehen!

Herzlieb! Nun ist Dein Hubo müde heute.

Er will in sein Bettlein steigen mit dem Mückenschleier drüber. Ehe wir da hineinkriechen, müssen wir erst nachsehen, ob nicht schon welche drin sind. Eine Mücke ist doch ein übler Plagegeist!

Nun leb wohl für heute. Gott behüte Dich mir, mein liebes, liebes Weib! Mein letzter Gedanke – und mein erster bist Du, Du!!! Und daß Du mein bist, ist die Sonne und das Glück all['] meiner Tage! Ich habe Dich ganz, ganz sehr lieb!!! Bald will ich zu Dir kommen und Dein sein! Ganz Dir gehören! Und Du wirst mein sein! Ganz mein! Oh Du!!! Du!!!!! Geliebte! Holde mein!!! Ich bin Dein [Roland]!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946